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Irgendwas geht immer (German Edition)

Irgendwas geht immer (German Edition)

Titel: Irgendwas geht immer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn French
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den Ansatz sehen kann. Total hässlich. Habe Extensions zum Anklippen, aber die Farbe ist nicht dieselbe, so dass jeder auf den ersten Blick sieht, dass sie nicht echt sind. Durch das Blondieren sind die Haare trocken geworden und lassen sich weder mit Glätteisen noch mit großen Wicklern in Form bringen. Sie sind einfach nur auf meinem Kopf und sehen wie eine lange, ausgetrocknete, potthässliche Haarmatte aus. Ich kann sie noch nicht mal hochstecken, weil man dann den dunklen Ansatz sieht. Sie sehen so hässlich aus, dass ich sie unter einer Strickmütze verstecken muss. Ergebnis: Ich bin ein potthässlicher, widerlicher Gollum. Kein Wunder, dass ich keinen Freund habe. Nicht mal ich würde mit mir ausgehen wollen.
    Ich bin verabscheuungswürdig.
    Potthässlich.
    Eine Schande für die Menschheit.

ZWEIUNDZWANZIG
    OSCAR
    Obwohl Mutter ein recht zufriedenstellendes Exemplar von Frau ist, wurde mir kürzlich bewusst, dass sie möglicherweise etwas auf dem Kriegsfuß mit dem steht, was landläufig als »guter Geschmack« bezeichnet wird. So ist ihr schändlicherweise völlig entgangen, dass in ihrer Praxis der hellste Stern am Firmament arbeitet, gewissermaßen Seite an Seite mit ihr. Damit kann meine Mutter nun endgültig als offiziell blind und taub und frei von jeglichem guten Geschmack bezeichnet werden.
    Das arme alte Mädchen. Was ihr dadurch entgeht! Ich fürchte, sie blickt schlicht und ergreifend in die andere Richtung, während sich der bunte Teppich des Lebens in all seiner glorreichen Pracht vor ihr ausbreitet, und wird nach einem unfasslich tristen Leben einen jämmerlichen Tod sterben. Es ist ein Gräuel, doch eine unabänderliche Tatsache, noch dazu vor dem Hintergrund ihrer fortgeschrittenen Jahre, die ahnen lassen, dass ihr nicht mehr allzu viel Zeit bleibt, dieser schrecklichen Spirale zu entgehen. Ihr Leben wird nichts als eine Aneinanderreihung trister, farbloser Ereignisse sein, wie das Läuten der Glocke, die vom nahenden Untergang kündet. Ding Dong Ding Dong.
    Aber wie auch immer. Ich habe einen höchst scharfsinnigen Plan ersonnen, und meine arme, arme Mama ahnt nichts von meinen finsteren Machenschaften. Ich habe ihrem Kompagnon George meine Dienste angeboten und ihm vorgeschlagen, mich für ein paar Stunden der praxisinternen »Ablage« anzunehmen. Zwar bin ich mir nicht sicher, was diese gewichtige Aufgabe mit sich bringen wird, doch habe ich dieses Wort schon häufiger aus Mamas Mund gehört. Soweit ich mich entsinne, erwähnte sie es im Zusammenhang mit irgendwelchen Schülern in der Phase zwischen Schulabschluss und Universität, die eigens für diese Aufgabe eingestellt worden waren. George schlug in gewohnt liebenswürdiger Manier vor, ich möge mich doch am nächsten Dienstag nach der Schule in ihren Räumlichkeiten einfinden. Dienstag! Oh, Dienstag. Möge er doch mein Glückstag werden. Möge er mich in den Orbit meines Geliebten katapultieren, damit wir einander im selben Sonnensystem umkreisen können. Lass Mutters Praxis die Galaxie sein, in der ich die Erde und er die Sonne sein kann.
    Aber was soll ich nur anziehen? Ich muss salopp und doch elegant aussehen, ohne dabei allzu bemüht zu wirken. Ich kann nicht glauben, dass ich bei unserer ersten Begegnung in dieser albernen Schuluniform vor ihm stand, in diesem himmelschreiend hässlichen und unvorteilhaften Ensemble. Die Schulvorschriften verbieten mir, allzu viel von meinem persönlichen Stil einfließen zu lassen, doch gelegentlich stecke ich ein kesses Tüchlein in die Brusttasche meines Blazers, und wenn mein Blick auf dem Schulweg auf ein farblich passendes Blümchen am Wegesrand fällt (ich trage zu diesem Zwecke sogar eigens eine Schere bei mir), nun, umso besser. Bislang wurden meine Versuche, ein wenig Schwung in meine Garderobe zu bringen, noch nicht mit einem richtigen Tadel geahndet, nur einmal zwang man mich zum »Nachsitzen wegen Verstoßes gegen die Uniformbestimmungen« wegen des abscheulichen Verbrechens, bei der Schulfeier ein mauvefarbenes Hemd und eine biesenbesetzte Weste getragen zu haben. Ich hatte einfach nicht widerstehen können. Allein die Vorstellung, in nichts als der obligatorischen, unerträglich einfallslosen Uniform aus grauer Hose, weißem Hemd und grünem Blazer die Bühne betreten und meine Auszeichnung des Vorlesewettbewerbs und den Büchergutschein entgegennehmen zu müssen, erfüllte mich mit nacktem Grauen. Was würden die Leute von mir denken? Dass ich eine Art Automat bin, eine Drohne,

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