Irgendwo dazwischen (komplett)
Blicke auf meinen Konturen,
seine Erregung, seinen Körper. Ich höre, wie er seinen Gürtel öffnet und seine
Hose zu Boden fällt. Und auch, wenn ich ihn nicht sehen kann, so weiß ich, dass
er nackt ist. Die Matratze biegt sich, als er sich ans Bettende setzt. Mit den
Fingerspitzen tastet er sich von meinen Fußgelenken langsam nach oben. Ein
eisiger Schauer läuft über meinen Rücken. Als er an meinen Knien ankommt, atme
ich tiefer. Er malt kleine Muster auf meine Haut. Dann verschwindet sein Kopf
zwischen meinen Beinen. Die winzig kleinen Bewegungen seiner Zunge werden
fester und mein Atem schneller. Mit seinen Händen umfasst er meine Hüfte. Ich
bäume mich auf unter der Lust, vergesse all meine Hemmungen. Seine rechte Hand
wandert von meiner Hüfte zwischen meine Beine, und langsam, betont langsam
dringt er mit seinen Fingern in mich ein. Noch nie habe ich so empfunden. Noch
nie habe ich meinen Körper so deutlich wahrgenommen. Lust durchströmt mich. Ich
spüre, dass ich jeden Moment kommen werde, und ich versuche es hinaus zu
zögern, den Augenblick festzuhalten.
Ich kann
nicht sagen, ob ich stöhne, ich weiß nicht einmal, ob ich noch atme. Vielleicht
schreie ich, vielleicht gebe ich keinen Laut von mir. Doch jede Zelle meines
Köpers genießt den Moment. Die Triebe haben übernommen. Ich bewege mein Becken,
fast schon gegen meinen Willen. Sich in Beherrschung zu versuchen, ist
zwecklos. Und im Bruchteil einer Sekunde löst sich die Spannung. Ich höre mich
aufstöhnen, höre mich kommen. Spüre wie niemals vorher das Pulsieren zwischen
meinen Beinen. Bin erlöst worden, von Schmerzen, die ich am liebsten für immer
ertragen hätte. Dieser klitzekleine Moment. Schrecklich schönes Verlangen nach
Erlösung, und gleichzeitig der Wunsch, dass es niemals endet... Dann hält er
inne. Langsam gleitet er zu mir hoch. Seine Haut streift über meine. Er küsst
mich, und er schmeckt ungewohnt, aber nicht abstoßend. Seine Fingerkuppen
fühlen sich an wie warme, kleine Regentropfen, die auf meine Haut trommeln.
Meine Muskeln ziehen sich wieder zusammen. Das Verlangen nach ihm erwacht, wie
ein kleines, unersättliches Monster, das mehr will. Und dann der erlösende
Moment, als er in mich eindringt. Die Intensität ist unbeschreiblich. Ganz
langsam bewegt er sich in mir. Ich spüre, dass es ihn Kraft kostet, sich so
langsam zu bewegen. Ganz tief dringt er in mich ein. Und zum ersten Mal
verstehe ich, warum man es Verschmelzung nennt. Mein Körper nimmt einen Teil
seines Körpers in sich auf. In Gedanken sehe seinen Rücken und seinen Hintern,
seine sehnigen Arme, die sich neben meinem Kopf abstützen. Mein Atem wird
schneller, und mit meinem Atem seine Bewegung. Ich bebe, zittere überall. Ich
höre nur unser Stöhnen und unsere Körper. Bestehe nur noch aus Zellen;
abertausend kleiner Zellen, die wie wild durch meine Adern strömen. Elias
Körper zuckt. Gleich wird er kommen. Und bei dem Gedanken, wie er in mir kommt,
verschwindet alles um mich herum.
Emma
Das Telefon
klingelt. Und weil ich gehört habe, wie meine Mutter theatralisch die Türe
hinter sich zugeworfen hat, stehe ich auf und gehe dran.
„Altmann...“
„Emma?“ Das
kann nicht sein. Unmöglich. „Hallo? Emma? Bist du das?“
„Stefan?“
„Ja... wie
geht es dir?“
„Ähm, gut.
Und ... und dir?“ Ich stottere. Na toll.
„Auch
gut... Ich hatte doch gesagt, ich melde mich, wenn ich wieder in München
bin...“
„Du, du
bist wieder hier? Hier in München?“
Er lacht.
„Ja, ich bin bei einem Freund.“
„Ah...
schön...“
„Hast du
heute noch was vor?“
„Ich?“ Ja,
wer denn sonst...?!
„Ja, du...“
„Also,
nein, ich also, ich habe Zeit...“
„Was hältst
du davon, wenn wir uns in eineinhalb Stunden auf nen Cocktail im Corretto
treffen? Das gibt’s doch noch, oder?“
„Ja, das
gibt es noch.“
„Und, was
meinst du? In eineinhalb Stunden dort?“
„Das hört
sich doch klasse an...“ Was rede ich denn da bloß für einen Mist zusammen. Das
hört sich klasse an??
„Schön,
dann treffen wir uns dort. Der, der zuerst da ist, sucht einen schönen Tisch
aus, okay?“
Kurz und
bündig, Emma. Antworte einfach kurz und bündig. „Perfekt...“
„Freut
mich. Also dann, bis später!“
„Ja, bis
dann...“
Fassungslos
halte ich den Hörer noch immer an mein Ohr gepresst. Es ertönt schon das
Besetztzeichen. Ich schaue auf die weiße Wand. Na ja, eigentlich schaue ich
durch sie hindurch. Er hat angerufen.
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