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Irgendwo dazwischen (komplett)

Irgendwo dazwischen (komplett)

Titel: Irgendwo dazwischen (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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Anspannung in
seinem Gesicht spiegelt wider, wie sich alles in mir anfühlt. Er dringt tief in
mich ein. Ich spüre ihn überall. Und dann kommt der Augenblick, in dem es mir
völlig egal ist, ob ich ihn liebe oder nicht. In diesem Moment ist es mir sogar
egal, wer da auf mir liegt. Wer es auch ist, er weiß, was er tut.
    Und dann
komme ich. Und es ist überwältigend. Ich lebe. Jede Zelle in mir lebt. Und es
ist, als würde ich gerade jeden Millimeter meines Körpers spüren. Und als ich
das letzte Mal schwer und laut atme, spüre ich, dass auch Stefan kommt. Und
auch das fühlt sich gut an. Ich mochte dieses Gefühl schon immer. Diese
gigantische Entladung im Bruchteil einer Sekunde... Komplett ermattet liegt er
auf mir, und ich genieße die Schwere seines Körpers.
    „Emma...“
Er öffnet die Augen und schaut mich an.
    „Ja?“ Er
lächelt, und ich erwidere sein Lächeln.
    „Ich liebe
dich...“
    „Was?“ Ich
versuche, nicht zu geschockt zu klingen. Und dann wiederholt er es auch noch.
„Ich liebe dich... ich habe nie damit aufgehört...“
    Er küsst
mich auf die Stirn und legt seinen Kopf auf meine Schulter.
    All die
guten Gefühle von eben sind Geschichte. Er liebt mich. Auch das noch. Warum
denn? Wir hätten einfach eine schöne und unverbindliche Zeit haben können, wenn
er nicht mit diesem Satz aller Sätze gekommen wäre. Wir hätten es genießen
können. Wir hätten wochenlang nichts tun können, außer miteinander zu schlafen.
Und dann sagt er das. Früher hätte ich ihn geküsst und ihm gesagt, dass ich ihn
auch liebe. Aber damals hat es ja auch gestimmt.
    Und was
soll ich ihm jetzt sagen? Ich kann ihm doch nicht vorlügen, dass auch ich ihn
noch liebe. Denn, das tue ich nicht. Ich wünschte, es wäre anders. Aber es ist,
wie es ist. Ich liebe ihn nicht. Ich begehre ihn. Und das sehr. Aber lieben?
Nein. Lieben tue ich ihn nicht.
     
    Lili
    Ein paar
Tage nach dem unliebsamen Zwischenfall mit der Pille danach, robbe ich über den
Wohnzimmerboden und hebe Glasscherben auf. Eine kleine Unachtsamkeit, und schon
ist eine Lampe hin. Es ist doch immer wieder erstaunlich, dass Glas so hart und
doch so zerbrechlich ist. Genauso wie manche Menschen. Ich frage mich, was
gewesen wäre, wenn ich mich dafür entschieden hätte, einfach abzuwarten. Aber
das werde ich nie erfahren. Der Arzt in der Klinik jedenfalls hat mir dringend zur Einnahme der Pille danach geraten. Ich habe richtig gehandelt. Und ich bin
erleichtert. Das glaube ich zumindest...
    Elias ist
nicht zu Hause. Er hat eine Vorlesung, die er nicht versäumen darf. Inmitten
dieser unzähligen Kartons komme ich mir fast ein wenig hilflos vor. Absolutes
Chaos verscheucht jegliche Kontrolle. Der sonst so scharfe Überblick weicht der
ständigen Frage, ob der eine oder der andere das eine oder das andere gesehen
oder inzwischen gefunden hat. Ein schlichter Akt wie Zähneputzen erhält eine
völlig neue Bedeutung, wenn man die blöden Bürsten und die Tube Zahnpasta ohne
System gepackt hat. Dem ganzen Stress zum Trotz sieht es langsam richtig schön
aus in Elias neuer Wohnung.
    Der
Installateur der Telekom ist gerade gegangen. Elias hat eine neue
Telefonnummer. Das ist schon seltsam. Jahrelang hat man bei den Eltern gelebt,
und dann packt man alles ein, was man besitzt. Ich glaube, Elias war auch ein
bisschen traurig. Er zeigt das nicht, aber es war sein ganzes Leben lang
normal, dass seine drei Schwestern nur ein paar Meter weit entfernt sind.
Sicher freut er sich auch, aber ein wenig Wehmut war ihm anzusehen, als er den
letzten Karton zum Umzugswagen geschleppt hat.
    Ich öffne
einen Umschlag und ziehe einen Brief heraus. Sehr geehrter Herr Altmann ,
blablabla, Ihr M-Net Anschluss , blablabla, Ihre neue Telefonnummer
lautet: 089-5121253 . Ich rufe Marie an. Ich habe schon zu lange nicht mehr
mit ihr telefoniert. Seit die Ferien begonnen haben und ich sie im Glockenspiel
getroffen habe, habe ich nichts mehr von ihr gehört. Ich wähle ihre Nummer. Es
klingelt. Der Anschluss ist freigeschaltet. Juhu!
    „Hallo?“
    „Hey
Marie...“
    „Lili?“
    „Ja, ich
bin’s...“
    „Was ist
das für eine Nummer? Von wo aus rufst du an?“
    „Das ist
Elias neue Nummer… du bist die erste Person, die ich anrufe!“ Und auch wenn sie
sagt, dass sie das freut, sie klingt nicht so. „Was ist los?“
    „Ach,
nichts...“
    „Paul?“ Ich
frage das vorsichtig, weil ich nicht das Gefühl vermitteln will, dass ich davon
ausgehe, dass sie und Paul Probleme haben. Denn

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