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Irgendwo dazwischen (komplett)

Irgendwo dazwischen (komplett)

Titel: Irgendwo dazwischen (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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Recht...“
    „Ja schon,
aber besonders aufbauend ist es nicht...“
     
    Emma
    „Emma?“ Die
Stimme meiner Mutter hallt durch den Flur. Ich habe keine Lust, mit ihr zu
reden. Und dann nochmal „Emma? Bist du da?“ Ich stehe auf und öffne die Tür.
    „Was ist?“
    „Du hast Besuch...“
    „Und wen?“
Ich erwarte niemanden. Und ich will auch keinen sehen.
    „Es ist
Stefan... komm doch runter.“ Oh, nein. Nicht Stefan. Und dann auch noch mit
meiner Mutter. In ihren Augen ist Stefan, glaube ich, das Einzige, was ich in
meinem Leben bisher hinbekommen habe. Er ist der Musterschwiegersohn. Kai
Pflaume in jung. „Emma? Kommst du?“
    „Ja, ist
gut... ich komme gleich...“ Was für ein Albtraum.
    „Ein Stück
Kuchen, Stefan?“
    „Nein,
danke, das ist sehr lieb, aber ich habe keinen Hunger.“
    „Aber man
isst doch Kuchen nicht, weil man Hunger hat...“ Sie lächelt. Es ist dieses
perfekte Mutter-Lächeln. Bei diesem Lächeln knickt Stefan ein.
    „Ein
kleines Stück würde ich schon probieren...“
    „Na, siehst
du...“ Noch immer lächelt sie. Ihre schneeweißen Zähne funkeln. Sie sieht aus
wie Frau Perlweiß. Meine Mutter die Zahnarztfrau. „Emma, du auch ein Stück?“
    „Nein
danke.“
    „Aber er
ist wirklich lecker...“
    „War es
eine Frage, ob ich ein Stück möchte, oder gilt ein nein als Antwort
nicht, Mutter?“
    „Ach
Emma... ich dachte, du würdest dich freuen, wenn wir gemeinsam ein Stückchen
Kuchen essen.“
    „Seit wann
isst du gerne mit mir Kuchen?“ Sie schaut zu Boden. Und ich erkenne Wut in
ihrem Gesicht.
    „Oh,
entschuldige, wir spielen heile Welt... das hatte ich für einen kleinen Moment
vergessen.“ Ich räuspere mich, dann säusle ich, „Selbstverständlich möchte ich
ein Stück Kuchen. Wie lieb von dir, dass du fragst... ich liebe unsere
täglichen Pläuschchen bei einer frischen Tasse Kaffee...“ Ich klatsche in die
Hände. „Nein, ist das etwa Erdbeer-Sahne? Wie lieb von dir... mein
Lieblingskuchen!“ Es wundert mich nicht, dass sie nicht darauf eingeht.
Stattdessen legt sie behutsam ein Stück Kuchen auf Stefans Teller, dann auf
meinen.
    „Du
möchtest Kaffee, Schatz?“
    „Häh?“
    „Du sagtest
doch, du liebst unsere täglichen Pläuschchen bei einer frischen Tasse Kaffee...
Möchtest du einen Kaffee?“
    „Sicher.
Was wäre auch ein Kuchen ohne einen frischen Kaffee?“, frage ich sarkastisch.
    „Du auch
Stefan?“
    „Ich? Ähm,
ja sehr gerne...“ Sie strahlt. Wie macht sie das nur? Wie schafft sie es,
andauernd so zu lächeln? Sie nickt, dann steht sie auf und verschwindet in der
Küche.
    „Was war
das denn?“, flüstert Stefan verstört.
    „Lange
Geschichte...“, antworte ich.
    „Was hat
sie denn gemacht, dass du so unfreundlich zu ihr bist?“ Wieder nur ein
Flüstern.
    „Sie hat
mich mein Leben lang ignoriert. Reicht das als Grund?“ Ich flüstere nicht. Soll
sie es doch hören. Ist mir egal. Ich hatte ja auch nicht die Idee mit diesem
schaurigen Kaffeekränzchen. Ich bin unfreiwillig hier. Die Einzige, die voll in
ihrem Element zu sein scheint, ist meine Mutter, die in diesem Augenblick mit
einem großen Tablett auf uns zukommt.
    „Ein
Tässchen für dich, Stefan...“ Sie hält ihm eine Tasse dampfenden Kaffees
entgegen. „Und eines für dich, Liebes...“
    „Liebes?“
Ein böser Blick funkelt in meine Richtung, dann strahlt sie wieder.
    Eine halbe
Stunde und drei Stück Kuchen später, sitzen wir noch immer da, und meine Mutter
löchert Stefan mit Fragen über Kanada, seine Zukunftspläne und seine Familie.
Er spielt mit. Oder vielleicht spielt er gar nicht. Vielleicht genießt er diese
schreckliche Unterhaltung tatsächlich. Dann höre ich, wie jemand einen
Schlüssel ins Schloss steckt und die Haustüre geöffnet wird. Meine Mutter hebt
einen Zeigefinger und lächelt. „Einen Moment bitte, Stefan... ich will auf
keinen Fall etwas verpassen, ich sehe nur eben, wer da gekommen ist...“
    „Lia? Das
ist aber eine schöne Überraschung.“ Sie schreit diesen Satz durch den ganzen
Flur. Stefan soll schließlich hören, wie schön diese Überraschung ist.
In Wirklichkeit verstehen sich Lia und meine Mutter zur Zeit nicht besonders
gut, weswegen sie fast nie zu Hause ist. Lias Freund Simon ist kein Stefan. Und
damit ist Simon nicht der perfekte Schwiegersohn. Kein Kai Pflaume. Die
Tatsache, dass Lia ihn liebt, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle, denn
meine Mutter sähe Lia lieber bei einem Rechtsanwalt oder

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