Irgendwo dazwischen (komplett)
Schattenseiten. Vielleicht
sollte ich es gar nicht erst versuchen. Dann weiß ich zwar nie, ob ich genommen
worden wäre, muss mich aber auch nicht damit auseinandersetzen, dass ich
vielleicht abgelehnt werde.
Emma
Wir liegen
auf dem Bett. Umgeben von Kisten und Chaos. „Ich will dich.“
„Joakim
kann uns hören...“, flüstere ich.
„Ja und?
Soll er uns doch hören.“ Er zieht mich aus.
„Ich weiß
nicht. Das ist mir unangenehm...“
„Soll ich
aufhören?“ Ich spüre seine Zunge zwischen meinen Beinen. Ich seufze auf. Einen
kurzen Moment hält er inne. „Soll ich aufhören?“ Ich kann nicht antworten. Ich
bin völlig erstarrt. Ich drücke seinen Kopf wieder nach unten, dann macht er
weiter. Joakim ist vergessen. Alles ist vergessen. Ich atme laut. Meine Hände
vergraben in Stefans Haaren, bewege ich langsam mein Becken auf und ab. Wieder
hält er inne. „Soll ich aufhören?“ Seine Finger bewegt er weiter. „Soll ich?“
„Nein...“,
stöhne ich.
„Ich soll
weitermachen?“
„Ja.“ Meine
Augen sind geschlossen. Mit weit gespreizten Beinen liege ich auf dem Bett.
„Dann sag
es... Was soll ich tun?“
„Mach
weiter...“, seufze ich.
„Ist das alles?“
Ich bewege mein Becken, Stefan seine Finger.
„Mach’s
mir... bitte mach’s mir...“ Und dann macht er es mir. Und es ist gigantisch.
Am späteren
Abend gehe ich aus Stefans Zimmer und schleiche aufs Klo. Im Flur treffe ich
auf Joakim. Und sein Blick verrät, dass wahrscheinlich nicht nur er, sondern
das ganze Haus mich gehört hat. Verlegen schaue ich zu Boden. Bevor ich im Bad
verschwinde, drehe ich mich noch einmal nach ihm um. Noch immer steht er im
Flur und schaut mich an.
„Gute
Nacht, Emma...“
Ich lächle.
„Schlaf schön, Joakim.“
Dann gehe
ich ins Bad und schließe die Tür hinter mir.
Lili
Mein Blick
fällt auf die Uhr. Ich zucke zusammen und renne ins Bad. Immer, wenn ich
schreibe, verliere ich mein Zeitgefühl. So als wäre da eine unsichtbare Person,
die sich dann immer zur Uhr schleicht und unerkannt die Zeit vordreht. Und wenn
ich dann wieder hochschaue, sind wieder fast eineinhalb Stunden vorbei, obwohl
es mir so vorkommt, als wären es vielleicht zwanzig Minuten gewesen.
Ich werfe
einen letzten Blick in den Spiegel, dann mache ich mich auf den Weg ins Kino.
Während ich die Stufen hinuntersteige, frage ich mich, wann Emma und ich das
letzte Mal im Kino waren und was wir uns angesehen haben, aber ich komme nicht
darauf.
Wir
schlendern wortlos nebeneinander her. Der Film scheint ihr ebenso im Magen zu
liegen wie mir. Neben einer kleinen Bar bleibt sie plötzlich stehen und schaut
mich fragend an.
„Wollen wir
vielleicht noch was trinken?“
„Klar...“
Schweigsam
setzen wir uns hin, schweigend warten wir auf die Kellnerin. Wir bestellen
beide einen Cocktail, dann schweigen wir weiter. Kurz frage ich mich, ob Emma
wirklich wegen des Films so nachdenklich ist, oder ob sie vielleicht etwas
anderes beschäftigt, und entscheide mich dann dafür, sie einfach eine Weile in
Ruhe zu lassen. Emma trägt ihre Probleme nicht auf der Zunge. Wenn sie reden
will, wird sie es tun. Und wenn nicht, dann werden wir eben gemeinsam
schweigen.
Wir sitzen
einander gegenüber und beobachten die Menschen an den Nachbartischen.
Genuschelte Gesprächsfetzen dringen zu uns an den Tisch, und ich frage mich,
was diese Menschen wohl für ein Leben führen.
„Du Lili?“
Ich schaue
sie an. „Hm?“
„Ich
glaube, ich habe einen Fehler gemacht.“
In ihrem
Blick merke ich, dass es sie Überwindung kostet, das zuzugeben. „Was für einen
Fehler?“
„Das mit
Stefan.“
„Du liebst
ihn nicht...“ Sie schüttelt den Kopf. „Aber da kannst du doch nichts dafür.“
„Nein,
dafür kann ich nichts, aber ich kann etwas dafür, dass ich mit ihm schlafe.“
Einen
kurzen Augenblick sage ich nichts, dann frage ich, „Und warum tust du es dann?“
„Das weiß
ich nicht.“
Im
Hintergrund läuft Dream a Little Dream of Me von The Mamas and the
Papas . Vor ein paar Jahren haben Emma und ich dieses Lied andauernd gehört.
Damals hat sie Stefan noch geliebt. Und damals habe ich Elias schon geliebt.
Ich lächle, und auch Emma lächelt. Sie denkt dasselbe wie ich. Und während die
Melodie verträumt vor sich hin plätschert, überlege ich, was ich Hilfreiches
sagen könnte, aber mir fällt nichts ein.
„Vielleicht
ist es für ihn ja auch nur Sex?“, frage ich vorsichtig.
Sie
schüttelt den Kopf. „Für ihn ist
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