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Irgendwo dazwischen (komplett)

Irgendwo dazwischen (komplett)

Titel: Irgendwo dazwischen (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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sich für mich hat schlagen lassen. Warum sollte er
sich schuldig fühlen?“, fahre ich Marie an.
    „Schon gut... nicht ich habe gesagt, er habe Mist gebaut. Ich habe
es nur weitergegeben. Dein Kiefer hält wieder mehr aus, wie ich sehe...“ Ach,
Marie, ich will, dass er kommt. Das sage ich nicht. Das denke ich nur.
     
    Marie
    Und ich hatte recht. Lili wird niemals von Elias loskommen. Er ist
für sie, was sie für mich ist. Ich sollte nicht so sein. Ich kann von Glück
reden, dass sich unsere Freundschaft nicht geändert hat. Es hätte auch ganz
anders kommen können. Sie hätte am kommenden Morgen aufwachen und erkennen
können, dass sie einen Fehler gemacht hat. Sie hätte sich in meiner Gegenwart
unwohl fühlen und letzten Endes den Kontakt abbrechen können. Doch sie hat es
nicht getan. Ich glaube auch nicht, dass sie es bereut. Ich denke, dass sie es
genossen hat und dass es eine Erfahrung für sie war. Für mich war es, na ja,
der perfekte Moment. Lili ist für mich der wichtigste Mensch, abgesehen von
meinen Eltern. Doch ich habe sie immer mit anderen Augen gesehen als sie mich.
Jedes Mal, wenn wir uns umziehen, bevor wir weggehen, wandern meine Augen über
ihren Körper und lassen mich in den bittersüßen Gedanken schwelgen, dass ich
diesen Körper berühren durfte. Und jedes Mal, wenn ich daran denke, dass ein
Mann in den Genuss kommt, mit den Fingerkuppen über ihre samtige Haut zu
streifen, erfüllt mich Trauer und auch Wut. Aber was soll man machen? Man kann
nicht einfach stehen bleiben, nur weil einem die Richtung nicht gefällt. Man
muss weitergehen, auch wenn der Weg, der vor einem liegt, scheiße ist.
    Ich fürchte mich einfach vor dem Tag, an dem ein Kerl kommen wird,
der nicht zu blind und zu bescheuert ist, um zu sehen, was ich sehe. Und dann
wird ein Teil in mir zerbrechen. Nämlich der Teil, der noch immer hofft, aller
Vernunft zum Trotz. Der kleine Teil, der sich wünscht, dass auch sie mich
liebt. Denn sie wird ihn so sehen, wie ich sie sehe, und das tut weh. Und
vielleicht wird dieser Jemand Elias sein. Und dann stirbt die Hoffnung, wenn
auch zuletzt.
     
    Emma
    Ich weiß, dass er mich nicht liebt. Ich spüre es. Alles in mir
sagt mir, dass er mich nur begehrt, mehr nicht. Er verwechselt Liebe mit Lust.
Und obwohl ich das weiß, tue ich nichts dagegen. Ich ignoriere meine Vorahnung,
weil ich es nicht sehen will.
    Wenn er mit mir schläft, dann spüre ich seine Gefühle für mich,
aber leider nur dann. Und das Schlimmste ist, dass ich mit niemandem darüber reden
kann. Denn es würde kein Mensch verstehen, warum ich das mit mir machen lasse.
Elias meint, dass Männer häufig schlecht darin sind, ihre Gefühle anders zu
zeigen. Ich habe ihm nicht erzählt, was ich denke, ich habe nur gesagt, dass es
mir so vorkommt, als würde ich mehr empfinden als Clemens. Und das ist stark
untertrieben.
    Es ist genauso, wie ich wusste, dass es sein würde. Und zwar vom
ersten Moment an. Das war dieses Blitzen in seinen Augen. Dieser Ausdruck, den
ich nicht mochte. Ich bin eine Trophäe. Ich bin die Beute. Und wenn er neues
Freiwild ortet, wird er mich sitzen lassen. Ella, meine angebliche Freundin,
ist ein gutes Beispiel. Kaum verlasse ich für nur eine Sekunde den Raum, klebt
sie an ihm, wie die Fliegen an der Scheiße. Sie will ihn. Und sie will ihn vor
allem deswegen, weil ich ihn habe. Ella denkt, ich führe das perfekte Leben.
Sie denkt, dass ich alles habe, und deswegen will sie sein wie ich.
    Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er es tun wird. Ich habe
früher immer getönt, dass ich mich nie so von einem Kerl behandeln lassen
würde. Und jetzt? Ich hatte keine Ahnung. Gut, Clemens ist nicht Stefan, aber
er ist mir wichtig. Wo ist bitte meine Würde geblieben? Ich meine, einen Kerl,
der mich vögeln will, finde ich wieder. Das dürfte nicht allzu lange dauern. Es
ist schwer, sich einzugestehen, dass man sich selbst belügt. Seit ich mit
Clemens zusammen bin, denke ich ständig an Stefan. Immerzu frage ich mich, wie
es ihm wohl geht und was wohl gewesen wäre, wenn wir es trotz der Distanz versucht
hätten. Was soll ich sagen? Ich weiß, dass Clemens und ich nicht lange zusammen
bleiben werden. Ich weiß auch, dass Ella mit im Spiel sein wird. Vielleicht ist
mir das insgeheim ganz recht. Vielleicht komme ich so am einfachsten aus der
ganzen Geschichte wieder raus. Ich bin doch komplett gestört…
     
    Marie
    Sie hat etwas an sich, das mich unheimlich anmacht. Und ich bin es
offengestanden nicht

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