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Irgendwo ganz anders

Irgendwo ganz anders

Titel: Irgendwo ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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werden dann auch nicht glücklich sein, denn dann tun wir Dinge, die andere Leute sehr ... unglücklich machen ... können.«
    »Wie bitte?«, sagte der Wachmann, der einen großen weißen Schnauzbart hatte und offenbar etwas schwerhörig war.
    »Ich sagte: Wie geht’s Ihnen?«
    »Oh, danke gut, Missy«, sagte der Pförtner. Thursdays drehte sich zu mir um und gab mir das Daumen-hoch-Zeichen. Ich lächelte. Es würde noch eine Menge geschehen müssen, ehe sie für den Jurisfiktion-Dienst tauglich war, aber eigentlich mochte ich sie. Ich hatte die Absicht, sie mit der Bewertung »noch nicht genügend ausgebildet« zurück in die Kadettenschule zu schicken.
    Während der Wachmann unsere Ausweise prüfte, sah ich mich um. Über den Hallen ragten noch höhere Schornsteine auf, die große Rauchwolken ausstießen. Man hörte das Klingen von Hämmern und das Rumpeln von großen Maschinen.
    »Welche von Ihnen ist Thursday Next?«, fragte der Wachmann und hielt sich die beiden fast identischen Ausweise dicht vor die Nase.
    »Thursday Next sind wir beide«, sagte Thursday5. «Ich bin Thursday5, und die Außenländerin ist sie.«
    »Eine Außenländerin?«, sagte der Wachmann mit großem Interesse. Ich warf Thursdays einen wütenden Blick zu. Über meinen Status als Außenländerin diskutierte ich nicht so gern.
    »Hey, Bert!«, rief der Wachmann und wandte sich an seinen Kollegen, der offenbar eine permanente Teepause eingelegt hatte. »Wir haben hier eine Außenländerin!«
    »Nein!«, sagte der andere und stand von seinem Stuhl auf, dessen Sitzfläche glänzend poliert war. »Mach keinen Quatsch!«
    »Welche Ehre«, sagte der erste Wachmann. »Jemand aus der wirklichen Welt!« Er dachte einen Augenblick nach. »Sagen Sie, wenn es regnet an einem heißen Tag, laufen die Schafe dann ein?«
    »Ist das eine Sicherheitsfrage?«
    »Nein, nein«, sagte der Mann. »Ich habe nur mit Bert neulich darüber gesprochen.«
    Das war nicht ungewöhnlich. Romanfiguren haben sehr merkwürdige Ansichten über die wirkliche Welt. Große Gefühle, Wahnsinn und extreme Verhaltensweisen waren nichts Besonderes für sie, denn die kamen in Büchern häufiger vor. Aber viele banale Einzelheiten des wirklichen Lebens blieben ewige Rätsel für sie. Wenn man Bewohner der BuchWelt nach tödlichen Krankheiten, schweren Verlusten, Schusswaffen, romantischer Ironie oder schwierigen Verwandten fragte, wussten sie besser Bescheid als Sie oder ich. Aber wenn man mit ihnen über Malerpinsel sprach, fragten sie sich wahrscheinlich den Rest der Woche, wie es kommt, dass die Farbe in den Borsten bleibt, bevor man sie auf die Leinwand aufträgt.
    »Einlaufen tun nur Wollsachen«, erklärte ich. »Und auch das nur in heißem Wasser.«
    »Siehst du!«, triumphierte Bert. »Ich hab es dir doch gesagt.«
    »Vielen Dank«, sagte ich, als ich unsere Ausweise wieder an mich nahm und in der Besucherliste meine Unterschrift leistete. Wir betraten das Werksgelände, und wie aus dem Nichts erschien ein gelber Jeep. Am Steuer saß ein junger Mann im blauen Overall, an dessen Mütze das Werkstatt-Logo prangte.
    »Können Sie uns zu Isambard Kingdom Bunuel bringen?«, fragte ich, während ich auf den Rücksitz kletterte.
    »Ja«, sagte der Fahrer, rührte sich aber nicht.
    »Würden Sie das dann bitte auch tun?«
    »Warum nicht?«
    Er legte den Gang ein und der Jeep setzte sich in Bewegung. Die Fabrikhallen waren wie gesagt von gigantischer Größe. Im Gegensatz zur wirklichen Welt, wo der Ingenieurskunst viele praktische Grenzen gesetzt waren, bildeten gewaltige Größen in der Fiktion nicht das geringste Problem. Die Größe eines Bauwerks konnte auch wechseln und sich je nach den Bedürfnissen der Erzählung verändern. Auch die Werkstätten hier konnten schrumpfen oder sich ausdehnen, ein bisschen wie der Koffer von Mary Poppins. Was insofern nicht erstaunlich war, als sie von derselben Person konzipiert worden waren. Wir fuhren eine Weile schweigend über den Werkshof.
    »Was ist zur Zeit in Halle eins?«, fragte ich.
    »Der Magus.«
    »Immernoch?«
    Selbst der größte Umbau dauerte selten länger als eine Woche, aber John Fowles labyrinthisches Meisterwerk war jetzt schon fast fünf Wochen da.
    »Es dauert länger als gedacht. Sie haben alle Handlungselemente ausgebaut, um sie zu putzen, und jetzt weiß niemand mehr, wie sie zusammenpassen.«
    »Ist das wirklich so wichtig?«, fragte ich, als wir die Halle 8 erreichten. Der Fahrer sagte nichts, er wartete, bis wir

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