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Irgendwo ganz anders

Irgendwo ganz anders

Titel: Irgendwo ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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ausgestiegen waren und fuhr dann grußlos davon.
    Darauf hinzuweisen, dass auch das Innere der Halle riesig war, wäre sinnlos, denn auch die Große Bibliothek, die TextZentrale und der Sitzungssaal des GattungsRats waren riesig, und fortgesetzte Übertreibungen wären ja unerträglich. Es mag daher genügen, wenn ich Ihnen mitteile, dass auf dem Boden der Halle nicht nur für Darcys Landsitz Pemberley, sondern auch für Rosings, Netherfield und Longbourn genügend Platz war. Ein großer Deckenkran hatte sie aus dem Buch herausgehoben, damit die leere Hülle auf Materialermüdung und Haarrisse abgesucht werden konnte. Anschließend kamen die Schädlingsbekämpfer, um etwaige Grammasitennester auszuräuchern, und dann wurde das Innere frisch gestrichen. Gleichzeitig machte sich eine ganze Armee von Gärtnern, Klempnern, Stuckateuren, Malern, Schneiderinnen und so weiter über die Parks und Häuser, die Möbel, Kostüme und Vorhänge her, die alle ausgeräumt worden waren und zur Inspektion und Wartung bereitstanden.
    »Wenn das hier Stolz und Vorurteil ist«, sagte Thursday5, als wir auf Longbourn, das Anwesen der Bennets, zugingen, »was lesen dann die Leute im Außenland gerade?«
    Das Haus stand irgendwie ungeschickt auf ein paar Holzklötzen. Das dazugehörige Grundstück war nicht da, es wurde an einer anderen Stelle von einem Rudel vergnügter Gärtner bearbeitet.
    »Die Lesungen werden derzeit auf eine andere Ausgabe umgeleitet«, sagte ich. »Das merken aber nur Spezialisten. Eine gewisse Abschwächung der Wirkung, ein Mangel an Lebendigkeit sind nicht zu vermeiden. Aber wenn diese Leute das Buch dann das nächste Mal lesen, werden sie umso begeisterter sein und ihr Vertrauen in das Werk wird voll wiederhergestellt.«
    Wir betraten die Eingangshalle von Longbourn, wo Dutzende von Handwerkern das Innere überarbeiteten. Sie hatten gerade erst angefangen, und so war es leichter, das Ausmaß der Korrosion zu erkennen. Die Farbanstriche waren stumpf geworden, die Tapeten hingen herunter und der Marmorkamin war verrußt. Alles, was wir sahen, erschien abgenutzt und zerlesen.
    »Habt doch Erbarmen!«, schrie eine Stimme hinter uns, und als wir uns umdrehten, sahen wir Mrs Bennet in einer verschlissenen Haube und einem zerknitterten Umhang. Hinter ihr kam ein Bauleiter und dahinter kam Mr Bennet.
    »Die werden doch niemals rechtzeitig fertig«, lamentierte die Hausfrau und sah sich unglücklich in ihrem Salon um. »Und jede Sekunde, in der man nicht nach einem Ehemann suchen kann, ist verschwendet.«
    »Komm jetzt, meine Liebe«, bat Mr Bennet, »wir müssen deine Garderobe ersetzen. Du läufst ja in Fetzen herum! So kannst du dich nicht lesen lassen, geschweige denn Herrenbesuch empfangen – ob es sich nun um Heiratskandidaten handelt oder nicht.«
    »Er hat vollkommen recht«, erklärte der Bauleiter. »Es ist doch nur eine Generalüberholung; in ein paar Tagen haben wir Sie wieder im Regal.«
    »Im Regal?«, klagte sie. »Als Ladenhüter wie meine Töchter?«
    Sie wollte gerade in Tränen ausbrechen, als sie mich entdeckte.
    »Hallo, Sie da!«, rief sie. »Haben Sie einen alleinstehenden Bruder, der ein Vermögen hat und eine Frau sucht?«
    »Ich fürchte, nein«, erwiderte ich und dachte an Joffy, der in allen drei Punkten enttäuschte.
    »Sind Sie sicher? Ich habe fünf Töchter zur Auswahl. Eine von ihnen muss doch die richtige sein – obwohl, bei Mary habe ich Zweifel, ob sie zu irgendwem passt. Ahhh!« Sie fing abrupt an zu kreischen.
    »Liebe Frau, beruhige dich!«, rief Mr Bennet. »Was ist denn los?«
    »Meine Nerven sind ruiniert! Ich sehe schon doppelt!«
    »Aber nein, Ma’am«, sagte ich hastig. »Das hier ist ... meine Zwillingsschwester.«
    In diesem Augenblick kam eine kleine Phalanx von Schneiderinnen herein, die ein Ersatzkostüm in den Händen hielten. Mrs Bennet stieß einen weiteren schrillen Schrei aus und rannte die Treppe hinauf, dicht gefolgt von den Näherinnen, die sie wahrscheinlich würden festhalten müssen, um sie zu entkleiden – genau wie das letzte Mal.
    »Ich überlasse das Ihren fähigen Händen«, sagte Mr Bennet zur Gewandmeisterin. »Ich gehe in die Bibliothek und wünsche, nicht gestört zu werden.«
    Er öffnete eine Tür und stellte zu seinem Entsetzen fest, dass auch die Bibliothek restauriert wurde. Große Teile der Wand fehlten, während Stuckateure die Lücken zu füllen und den Putz zu erneuern versuchten. Man sah das zuckende Licht eines Schweißgeräts und

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