Irische Hochzeit
er auch nur daran gedacht hatte, Isabel zu berühren, ließ er sie sofort los. „Nachdem ich in meiner Burg nach dem Rechten gesehen habe, werde ich heute Abend wiederkommen. Ihr braucht Vorräte.“
„Warum sich darum kümmern? Ich bin überzeugt, Euer Stamm würde es vorziehen, wenn Ihr mich verhungern ließet und meinen Kopf über dem Tor zur Schau stellen würdet.“
Er sagte nichts dazu. Ganz so unrecht hatte sie nämlich nicht.
Hohes Gras wiegte sich im Wind und strich über ihre Knie, als sie weitergingen. Innerhalb eines Palisadenzauns standen Steinhütten, die an steinerne Bienenkörbe erinnerten. Patrick musterte sie und suchte nach Anzeichen von Zerstörung. Zufrieden stellte er fest, dass es keine gab. Nur sein Familiensitz hatte gelitten. Und der konnte wieder aufgebaut werden.
Von Kochstellen im Freien schickte der brennende Torf feine Rauchfahnen in den Himmel. Patrick knurrte der Magen beim Geruch nach heißer Suppe, der in der Luft lag. Direkt vor der Burg grünte auf einem großen Stück Land frische Saat.
Er hörte Leute sprechen, doch keiner der Inselbewohner ließ sich sehen. Gut. Sie beachteten die Warnung seines Bruders. Doch er war sich sicher, dass alle Augen sie durch die Türritzen beobachteten.
Patrick führte Isabel zu der zerstörten Burg, die sein Großvater erbaut hatte. Sie stand am höchsten Punkt der Insel. Das Feuer hatte ihren stolzen Mauern schwer zugesetzt.
Das hier war der Ort, wohin er sich oft geflüchtet hatte. Patrick legte die Hand auf einen verkohlten Balken. Er erinnerte sich an das breite Lachen seines Großvaters Kieran Mac Egan. „Das hier gehört mir.“
„Wie ist es verbrannt?“, fragte Isabel. „Waren das die Eroberer?“
Patrick schüttelte den Kopf. „Die Inselbewohner legten den Brand. Die Normannen sollten glauben, sie wären bereits angegriffen worden.“
Er machte den Alten deswegen keinen Vorwurf. Sein Großvater hätte es nicht anders gewollt. Besser man verbrannte die Burg, als dass sie den Normannen in die Hände fiel. „Und so retteten sie sich“, fügte er hinzu.
Das Hauptgebäude war zum großen Teil noch intakt, außer den verbrannten Mauern. Es würde nicht gerade komfortabel sein, darin zu leben, doch es versprach ein trockenes Dach. Zumindest in den meisten Räumen, korrigierte Patrick sich und dachte an etliche Löcher in der Decke.
In diesem Moment kehrten Bevan und Trahern mit einigen Säcken voller Vorräte zurück. In der einen Hand hielt Trahern eine dampfende Fleischpastete, während er kräftig in eine zweite biss. Patrick fing einen Sack auf, den Bevan ihm zuwarf. Es war ihm nicht entgangen, dass Isabel voll unverhohlenem Verlangen die Hammelpastete betrachtete.
Er bot ihr eine an, und wohlig stöhnend biss Isabel hinein. Mit geschlossenen Augen genoss sie das Essen, als hätte sie noch nie eine größere Befriedigung gekannt.
Patrick zwang sich, sie nicht länger zu beachten. Sie mochte sich ihres Gesichtsausdrucks nicht bewusst sein, aber sein verräterischer Körper reagierte mit aller Macht darauf. Diese Ehe wäre für ihn viel leichter zu ertragen gewesen, wenn seiner Braut die Nase gefehlt oder sie abscheuliche Narben gehabt hätte. Stattdessen besaß sie das Gesicht der Göttin Danu. Patrick bedeutete Trahern und Bevan mit einem Kopfnicken, ihm zu folgen. Sie verließen die Ansiedlung. „Was habt ihr Neues über die Inselbewohner gehört?“
„Der Ó Phelan Clan sammelt seine Streitkräfte“, erzählte ihm Bevan. In der Stimme seines Bruders schwang eine grimmige Entschlossenheit mit. „Sie planen einen Überfall, solange wir verwundbar sind.“
Und er hatte geglaubt, es könnte nicht noch schlimmer kommen. Erst die Normannen, jetzt noch ein anderer Clan. Die Ó Phelans hatten die Invasion mühelos überlebt. Patrick hegte den Verdacht, dass sie zu Verrätern geworden waren, die Normannen bestachen oder sich auf andere Weise mit ihnen arrangierten.
„Bereitet die Männer vor“, befahl er. „Sie müssen auf einen Angriff gefasst sein.“
Bevan zuckte die Achseln. „Das könnte ich, aber es würde nichts nützen.“
„Hältst du mich für unfähig, unseren Stamm zu verteidigen?“, fragte Patrick mit harter, kalter Stimme.
„Das tue ich“, erwiderte Bevan. „Besonders, nachdem du unsere Tore den Fremden öffnen musstest. Normannischen Bastarden.“ Er spuckte auf den Boden. In seinen Augen loderte der Hass. „Du hättest sie nie heiraten dürfen“, fügte er hinzu und schüttelte verächtlich
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