Irische Küsse
hast mir nie gesagt, dass sie mit dem Schwert umgehen kann.“
„Ich habe sie ausgebildet.“
„Gut gemacht.“ Patrick nickte nachdenklich. „Keine schlechte Idee. Einige unserer Frauen könnten das auch schaffen. Das würde unsere Streitkräfte verdoppeln.“
„Das kann nicht dein Ernst sein.“
Sein Bruder zuckte gleichmütig mit den Achseln. „Gegen eine nicht schlecht ausgebildete normannische Armee tut man, was getan werden muss. Und nur wenige würden einer Frau solchen Kampfgeist zutrauen.“
Honora hob ihren Schild, machte einen Ausfallschritt, schlug zu und schickte ihren Gegner zu Boden.
Ó Phelan stieß einen gotteslästerlichen Fluch aus, wollte sich hochrappeln, aber Honoras Schwertspitze an seiner Kehle hinderte ihn daran.
„Ich habe gesiegt“, sagte sie gelassen. Obwohl nur wenige ihre normannische Sprache verstanden, war ihr Sieg jedem klar.
Die Zuschauer brachen in ohrenbetäubendes Jubelgeschrei aus. Verblüfft beobachtete Ewan, dass viele Münzen in einen großen Lederbeutel geworfen wurden, den man anschließend Honora aushändigte. Gegen alle Vorhersagen hatte sie ihren Gegner bezwungen.
Ewan betrat den Turnierplatz und wurde von den Männern und Frauen beinahe niedergetrampelt, die zu ihr eilten.
Honora lächelte tapfer, als sie sich aber von immer mehr Menschen umringt sah, wurde ihr bang ums Herz.
Ewan drängte sich zu ihr durch und wies seine Clanleute streng zurecht, die sich widerstrebend zurückzogen.
„Was in Gottes Namen ist in dich gefahren?“, herrschte er Honora an, als die Schaulustigen den Turnierplatz endlich geräumt hatten. „Du hast gerade einen Ó Phelan in seiner Ehre gekränkt. Seit Jahren versuchen wir Frieden mit diesem Clan zu wahren, und den hast du nun mit deinem Sieg zerstört.“
Sie hielt ihm den Beutel Silbermünzen mit gestrecktem Arm hin. „Hier. Für das Land, das du dir so dringend wünschst.“
Der Wert der Münzen war mindestens dreifach so hoch wie der Erlös, den er für sein Vieh bekäme. Ewan schob ihr den Beutel wieder zu. „Ich will dein Silber nicht. Ich will wissen, was in dich gefahren ist, öffentlich auf dem Turnierplatz gegen einen Mann zu kämpfen, wo jeder dich sehen kann.“
Ihre Augen blitzten gefährlich, und bevor er wusste, wie ihm geschah, hatte sie ihre Waffe gezückt und drückte ihm die Spitze an die Kehle. „Weil ich mich nicht mehr verstecke“, fauchte sie. „Ich bin, wer ich bin, und ich habe es satt, vorzugeben, eine andere zu sein.“
Mit ihren erhitzten Wangen und zornblitzenden Augen sah sie unendlich reizvoll aus. Ewan sehnte sich danach, sie an sich zu ziehen und zu küssen, obwohl ihre Klinge ihn beinahe in die Kehle stach. Er wollte sie als sein Eigentum brandmarken, ihr begreiflich machen, dass sie ihm gehörte.
„Und wer bist du, Honora?“
„Ich bin eine Kriegerin.“
Honora warf ihm den Beutel Silber vor die Füße, machte auf dem Absatz kehrt und ließ ihn stehen. Ein Gefühl der Befreiung stieg in ihr hoch. Das hätte sie vor langer Zeit tun sollen.
Auch wenn Ewan ihr Verhalten ganz und gar nicht billigte. Sie hatte bemerkt, wie er den Kampf verfolgte, die Hand am Schwertgriff, sprungbereit, um einzugreifen. Er hatte kein Vertrauen in sie, glaubte nicht an ihren Sieg.
Ihre Stimmung sank. Im Gegensatz zu seinen Clanleuten war Ewan erzürnt über ihren Triumph. Sie verließ den Festplatz und wanderte zurück zu Burg Laochre.
Er war froh, dass sie gegangen war, das wusste sie. Der Gedanke müsste sie in ihrem gefassten Entschluss bestärken, stattdessen machte er ihr das Herz schwer.
Sie stieg die Wendeltreppe zum Söllergemach hinauf, wo sie Genevieve MacEgan vorfand und einen kleinen Jungen, der einen Holzkarren auf vier Rädern auf den Dielen hin und her schob. Genevieve hob den Kopf vom Spinnrad und ließ den Faden weiterhin geschickt durch ihre Finger gleiten.
„Ich bringe Euch das Schwert zurück“, sagte Honora und lehnte die Waffe gegen die Wand.
Die dunkelhaarige Frau lächelte. Sie war wie Honora normannischer Herkunft und hatte ihr die Klinge angeboten, nachdem sie mit Bevan gesprochen hatte.
„Mein Vater erzählte mir von Eurem Geschick im Umgang mit dem Schwert“, erklärte Genevieve. „Er ist ziemlich stolz auf Euch.“
Honora stieß den Atem hörbar aus; sie hatte gar nicht gewusst, dass sie ihn angehalten hatte. „Der Earl of Longford ist ein gütiger Mann. Ich vermute, er wollte mir meine Verbannung erleichtern.“ Ein wehmütiges Lächeln überflog ihre
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