Irische Küsse
verstecken.“
Aber wenn sie jemand unterschlagen hatte, warum warf er sie dann einfach weg? „Ich habe jedenfalls nichts Verdächtiges gehört, Honora. Die Männer sprechen von nichts anderem als von deiner Schwester.“
„Halte die Augen offen.“ Ihr Blick fiel auf die Wunde an seinem Arm, die sie sanft mit den Fingern berührte. „Was ist passiert?“
„Beaulais versetzte mir den Kratzer, aber dadurch kam ich näher an ihn heran.“
Ihre Hand blieb einen Moment länger an seiner Schulter liegen als nötig gewesen wäre. Ihre Handfläche war zwar rau und schwielig vom Schwertgriff, dennoch wärmte ihn ihre Berührung.
„Honora, tu das nicht!“
„Was denn?“ Sie zog ihre Hand zurück, ihre Fingerkuppen waren mit Blut befleckt.
Ewan wählte seine Worte mit Bedacht, da er sie nicht kränken wollte. „Ich werde deine Schwester heiraten.“
Ihr Gesicht rötete sich vor Verlegenheit. „Vorausgesetzt, sie will dich haben.“ Sie trat einen Schritt zurück und fügte hinzu: „Ich wollte lediglich deine Wunde untersuchen. Du überschätzt dich, wenn du denkst, ich will etwas von dir.“
Er hatte sie unabsichtlich gekränkt und wollte sich entschuldigen. „Ich hatte nicht vor …“
„Du bist als Nächster dran“, fiel sie ihm ins Wort. „Geh und kämpfe gegen Sir Ademar. Vielleicht verletzt er dich auch noch am anderen Arm.“
Sie machte auf dem Absatz kehrt und entfernte sich zum Podium. Ewan trat in die Arena, sein Unmut wuchs.
Wieso verlor er in ihrer Nähe ständig die Fassung? Wieso reizte sie ihn immer wieder? Er wollte nur höflich sein. Aber sobald sie miteinander redeten, gerieten sie in Streit.
Er zog sein Schwert aus der Scheide und bereitete sich auf den Kampf mit Sir Ademar vor. Der hochgewachsene Ritter trug ein Kettenhemd, sein Helm mit dem Nasenschutz verbarg fast sein ganzes Gesicht. Ewan umkreiste seinen Gegner und lauerte auf den passenden Moment zur Eröffnung des Kampfes. Das Gewicht der Rüstung würde die Bewegungsfreiheit des Ritters beeinträchtigen, und diese Schwäche wollte Ewan sich zunutze machen.
Sir Ademar griff zuerst an, Ewan wich seitlich aus und parierte den Hieb. Es kam zu einem raschen Schlagabtausch der Klingen in der Absicht, den Gegner zu ermüden.
Ewan entdeckte am Arm des Ritters das flatternde blaue Band, das ihm offenbar Honora überreicht hatte. „Macht Ihr Lady Honora den Hof?“
„Ja. Und ich sah, wie Ihr vorhin mit ihr g…gesprochen habt.“ Sir Ademar schwang sein Schwert über den Kopf, und Ewan hatte Mühe, den Schlag mit seinem Schild abzuwehren. „Ihr h…habt sie verärgert.“
„Ich verärgere sie bereits, wenn ich nur Atem hole.“ Ewan versuchte es mit Hieben kreuz und quer und zwang den Ritter dadurch zum Rückzug. Das war seine Chance, den Kampf zu beenden. Er setzte gnadenlos all sein Geschick und seine Behändigkeit ein.
Aus den Augenwinkeln nahm er Katherine wahr, die den Attacken in höchster Anspannung folgte, die Hände an den Mund gepresst. Honora neben ihr wirkte gleichfalls angestrengt. Als ihre Blicke sich trafen, hob sie den linken Arm, um ihm eine stumme Botschaft zu übermitteln.
Der Handwechsel.
Ewan wehrte gerade noch rechtzeitig mit dem Schild einen Schlag gegen seinen linken Arm ab, der ihm eine tiefe Schnittwunde versetzt hätte. Sir Ademar focht tatsächlich mit der Linken ebenso geschickt und kraftvoll wie mit der Rechten, und Ewan hatte Mühe, seine Offensiven zu parieren. Wieder und wieder schlug der Ritter zu, und Ewan fürchtete bereits um seinen Sieg. Aber er durfte sich der Strategie des Gegners nicht unterwerfen. Es galt, den Kampf nach seinen eigenen Regeln zu organisieren.
Von Zorn gepackt, vernachlässigte er jede Taktik und verließ sich nur noch auf seine Schlagkraft. Als junger Bursche hatte er ständig Niederlagen einstecken und sich anhören müssen, er sei nicht gut genug. Seine Brüder hatten versucht, ihn vor weiteren Enttäuschungen zu bewahren und ihm geraten, den Schwertkampf nicht weiter fortzusetzen.
Aber er hatte sich störrisch geweigert aufzugeben. Und auch jetzt kämpfte er verbissen weiter und war nicht bereit, diesen Kampf zu verlieren.
Wieder sauste Sir Ademars Schwert durch die Luft, und Ewan blieb keine Zeit, den Schild zu heben. Die Klinge schnitt tief in seinen Arm. Er warf sich seitwärts zu Boden, wälzte sich außer Reichweite seines Gegners und kam augenblicklich wieder auf die Beine. Das Blut rauschte ihm in den Ohren, sein Puls raste, als er der nächsten Attacke
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