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Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Ich räusperte mich unbehaglich und nahm ihr das Streichholzdöschen aus der Hand.
    »Die Diebstähle haben also ein beunruhigendes Ausmaß angenommen?«
    Carter nickte stumm.
    »Das klingt mir ganz nach einer organisierten Bande«, vermutete ich. »Wenn diese Kerle einmal auf den Geschmack gekommen sind, dann wird man sie nur sehr schwer wieder los.« Meistens erst, nachdem man ein paar von ihnen erschossen hat. Aber das sprach ich lieber nicht aus.
    Carter schüttelte auch nur den Kopf. »Das war auch unser erster Verdacht. Stanley hat ein paar Leute abgestellt, die aufpassen sollten, und sie haben sogar ein paar Tagediebe festgenommen. Die Polizei konnte eine kleine Bande dingfest machen, aber es ist nur noch schlimmer geworden.« Sie nickte, um ihren nachfolgenden Worten mehr Gewicht zu verleihen. »Inzwischen ist die Angelegenheit wirklich bedrohlich. Noch weiß es niemand, nicht einmal die Polizei, aber wenn die Verluste in dieser Größenordnung bleiben, dann gefährden sie bald die ganze Firma.«
    Und dann zahlt er mir ein Honorar von über achtzig Pfund für nichts ?, hätte ich meiner Verwunderung beinahe lautstark Ausdruck verliehen.
    »Wir werden Leute entlassen müssen, wenn nicht Schlimmeres«, beendete Carter ihren Gedankengang.
    Im Großen und Ganzen hatte Jacobs das gleiche Gespräch auch schon mit mir geführt, oder eigentlich weniger , denn der Kaufmann hatte mir nicht gesagt, wie ernst die Lage inzwischen wirklich war. Ich fragte mich, warum, und Carter beantwortete diese Frage, bevor ich sie überhaupt aussprechen konnte.
    »Sie wissen, wie angespannt die wirtschaftliche Lage seit vielen Jahren ist, Quinn. Irland hat sich nach der großen Hungersnot nie wieder richtig erholt. Und nun geht es mal wieder abwärts mit dieser Stadt, auch wenn die offiziellen Stellen noch so hartnäckig das Gegenteil behaupten. Die Konkurrenz ist gnadenlos, und wenn auch nur das Gerücht aufkäme, dass die Firma in Schwierigkeiten ist, könnte das schlimme Konsequenzen nach sich ziehen. Ich muss Sie daher bitten, dieses Gespräch mit äußerster Diskretion zu behandeln.« Sie lächelte knapp, aber es wirkte ganz und gar nicht fröhlich. »Es könnte durchaus sein, dass ich sonst eines Morgens ins Büro komme und einen neuen Chef habe.«
    Einen neuen Chef? Jacobs war vermutlich sehr viel mehr als nur ihr Chef . Ich hütete mich, diese Worte laut auszusprechen, aber ihre Reaktion machte mir klar, dass sie sie wohl irgendwie erraten hatte.
    Ich war fast erleichtert, als der Polizist in diesem Moment zurückkam und wir in stummer Übereinkunft unser Gespräch unterbrachen, bis er das Café wieder verlassen hatte. Ich meinte ein seltsam gedämpftes Klimpern zu hören, als er an uns vorüberging. Das Geräusch wollte mich an etwas erinnern, aber ich wusste nicht, woran. Nur dass es unangenehm war.
    »Sie glauben also, die Konkurrenz steckt dahinter?«
    »Am Anfang ja«, sagte Carter und schüttelte zugleich sacht den Kopf. »Aber später hatte Stanley dann einen anderen Verdacht.«
    »Und welchen?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte sie. »Er hat nur gesagt, dass er so verrückt ist, dass er mit niemandem darüber reden kann, nicht einmal mit der Polizei. Und auch mit niemandem aus der Firma. Also haben wir beschlossen, einen Außenstehenden zu beauftragen. Sie wissen, dass Sie einen ausgezeichneten Ruf in der Branche genießen?«
    »Wir?«, fragte ich, das Kompliment übergehend, das mir ein wenig peinlich war. Außerdem stimmte es nicht.
    Ganz kurz blitzte schon wieder Ärger in ihren Augen auf. »Ich weiß, was Sie jetzt denken, Quinn, aber dem ist nicht so. Stanley und ich stehen uns nahe, aber nicht so, wie Sie vielleicht glauben, und weiter werde ich nicht darauf eingehen. Es muss genügen, wenn Sie wissen, dass ich sein besonderes Vertrauen genieße.«
    »Selbstverständlich«, antwortete ich, ein wenig verlegen.
    »Tatsache ist jedenfalls«, fuhr Allison jetzt wieder in neutralem Ton fort, »dass er niemandem in der Firma traut – aus Gründen, auf die ich auch nicht näher eingehen möchte. Und auch den offiziellen Stellen nicht.«
    Das musste sie auch nicht. Wenn es jemanden gab, der wusste, wie korrupt die Belfaster Polizei war, dann ich. Schließlich war ich einmal Teil davon gewesen. Ich nickte, und sie sprach weiter.
    »Und genau aus diesem Grund haben wir beschlossen, mit niemandem über diese andere … Angelegenheit zu reden.«
    Sie log. Ich sah ihr an, dass sie eindeutig mehr wusste, als sie zugab. »Welche

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