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Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Metallgolem zurückwich.
    Einzig Sergeant O’Brien war anderer Meinung. Adler begriff es wohl im letzten Moment und versuchte ihn noch zurückzuhalten, doch er war nicht schnell genug. Der Sergeant hob den Revolver mit beiden Händen und drückte zweimal rasch hintereinander ab. Die erste Kugel verfehlte den Constabler und schlug draußen Funken aus der Wand. Die zweite traf seine Schulter und stanzte scheinbar mühelos hindurch, wie bei einem Treffer aus unmittelbarer Nähe mit einer so großkalibrigen Waffe nicht anders zu erwarten.
    Was dann geschah, war allerdings nicht zu erwarten gewesen.
    Statt Blut und Knochensplittern explodierte eine Wolke aus winzigen Metallsplittern und grafitgrauem Staub aus der Schulter des Mannes, und die schiere Wucht des Aufpralls ließ ihn torkeln. Aber er fing sich auch beinahe sofort wieder und setzte seinen tapsenden Vormarsch fort, was eigentlich unmöglich sein sollte. Seine Schulter war verrutscht und begann immer stärker unter seiner Uniform in sich zusammenzusacken, als begänne der ganze Körper seinen inneren Zusammenhalt zu verlieren, und auf seinem Gesicht war noch immer nicht die mindeste Regung zu erkennen.
    Der Sergeant schoss zum dritten Mal, und jetzt versuchte Adler nicht mehr, ihn davon abzuhalten. Er zielte auch besser.
    Die Kugel stanzte den Scheitelpunkt eines perfekt gleichschenkeligen Dreiecks in Hendricks Schädel, dessen beide anderen Eckpunkte von seinen Pupillen gebildet wurden, und genau wie bei seiner Schulter gerade flog auch ein Gutteil seines Hinterkopfs in einer Explosion aus Metallsplittern und bleistiftfarbenem Staub davon. Hendricks’ Kopf prallte wie von einem Fausthieb getroffen nach hinten, und das Unheimliche in seinen Augen erlosch. Für einen kurzen Moment geriet er ins Wanken und schien sogar den Halt zu verlieren, doch dann konnte ich regelrecht sehen, wie das unheimliche Nicht-Leben in seinen Körper zurückkehrte, der nur noch wie der eines Menschen aussah, aber längst zu etwas anderem und durch und durch Grässlichem geworden war.
    Entsetzt prallte ich zurück, doch ich war nicht schnell genug. Hendricks’ Linke schoss vor und schloss sich mit solcher Gewalt um mein Handgelenk, dass ich meinte, das Brechen meiner eigenen Knochen zu hören.
    Ganz so schlimm war es dann doch nicht (auch wenn es sich genauso anfühlte), doch der Schmerz trieb mir die Tränen in die Augen und einen spitzen Schrei über die Lippen. Mit der schieren Kraft, die nur reine Todesangst freisetzen kann, warf ich mich zurück und wurde nicht nur mit einem neuerlichen und noch schlimmeren Schmerz belohnt, sondern auch damit, meinen unheimlichen Gegner beinahe aus dem Gleichgewicht gebracht und mich selbst losgerissen zu haben.
    Beinahe.
    Im allerletzten Moment errang er die Gewalt über seinen Gleichgewichtssinn zurück, und nun hatte ich es mit einem Gegner zu tun, der mit der Kraft einer Maschine kämpfte und dem ich nichts entgegenzusetzen hatte. Statt freizukommen, wurde ich nun auf ihn zu gezerrt, und seine andere Hand kam hoch und zielte nach meinem Gesicht.
    Gerade als er zuschlug, packte jemand meinen anderen Arm und riss mich mit solcher Vehemenz zurück, dass ich mir diesmal nicht nur einbildete, mein Schultergelenk knacken zu hören. Die Hand, deren Finger zu gefährlichen Krallen geworden waren, zischte so dicht an meiner Wange vorbei, dass ich den Luftzug spüren konnte. Ich wurde noch einmal zurückgerissen und hätte um ein Haar mein Gleichgewicht verloren. Der Maschinenmann packte nur noch fester zu, und ich hörte, wie die straff gespannten Drähte an seinem Rücken vor Anspannung zu summen begannen.
    Meine Schulter stand in Flammen, und ich fragte mich ganz ernsthaft, was zuerst zerreißen würde, die Drähte, an denen mein elektrischer Widersacher hing, oder ich.
    O’Brien schoss noch einmal. Es hörte sich an, als täte er es unmittelbar neben meinem linken Ohr, und das ungeheuerliche Krachen raubte mir nicht nur fast das Bewusstsein, sondern ließ auch etwas tief in meinem Ohr reißen, wie mir eine neuerliche Schmerzexplosion noch tiefer in meinem Schädel bewies. Für eine halbe Sekunde war ich fast blind, und ich musste mir wohl auf die Zunge gebissen haben, denn mein Mund war voller Blut.
    Trotzdem sah ich, dass der Sergeant wohl ein wahrer Meisterschütze sein musste. Die Kugel traf das Handgelenk des Geschöpfes, das in Hendricks’ Gestalt geschlüpft war, und zerschmetterte es. Metallsplitter und grauer Staub, die Fleisch, Knochen

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