IRRE SEELEN - Thriller (German Edition)
Karen an und verzog unauffällig das Gesicht. Inzwischen war ihm klar geworden, dass es sich bei Karen nicht um Jacks Frau handelte, weshalb er sie beim Verkaufsgespräch weitgehend außen vor ließ. Außerdem war nicht zu übersehen, dass Jack in Gedanken bereits mit der Renovierung anfing und er das Haus unbedingt haben wollte. Mit einem Käufer wie Jack musste man sehr sensibel umgehen.
Jack trat auf die Statue zu, die am Fuße der Osttreppe postiert war. Ein groß gewachsener, unbeweglicher Koloss mit geschlossenen Augen. Was hast du alles miterleben müssen?, fragte er sich. Was ist hier passiert, dass du deine Augen für immer geschlossen hast?
»Da Sie gerade Donald Trump erwähnten«, warf Daniel Bufo ein. »Es ist möglich, dass der Bundesstaat Wisconsin Ihnen dieses Haus ohne Grundsteuer überlässt, weil Sie beabsichtigen, ein historisches Gebäude umzustrukturieren und den Ortsansässigen Arbeitsplätze zu verschaffen. Zumindest mal für einen begrenzten Zeitraum. Das ist der Deal, den Trump in New York schließen konnte. Erzählen Sie bloß niemandem in Madison, dass ich Sie auf den Trichter gebracht habe, sonst …«
Jack nickte. Karens Pfennigabsätze klapperten laut und hallten an sämtlichen Wänden wider, da ihre Schuhe so abgetragen waren, dass sie bereits auf den Metallspitzen lief. Randy drehte sich immer und immer wieder im Kreis, starrte an die Decke und an den riesigen, mit Spinnweben behangenen Leuchter. Irgendwann hörte er damit auf, weil ihm schwindelig wurde.
»Und? Wollen Sie sich noch ein bisschen genauer umsehen?«, erkundigte sich Daniel Bufo. »Tun Sie sich keinen Zwang an. Ich werde in der Zwischenzeit mal den Keller checken und nachsehen, in welcher Verfassung die Haustechnik ist.«
Er zog eine riesige, vergilbte Skizze des Kellers hervor und breitete sie auf dem Tisch im Korridor aus, während Randy die Treppe hinaufstieg und Jack und Karen sich Hand in Hand in der Halle umsahen.
»Jack, meinst du es wirklich ernst , dass du das hier kaufen willst?«, wollte Karen mit gerümpfter Nase wissen. »Es ist so alt. Und so schmutzig. «
Jack fuhr mit der Hand über die elfenbeinfarbenen Kleider der Marmorstatue, als ob er davon ausging, dass es sich um Leinen handelte. »Es wird verdammt teuer werden, Karen, aber denk mal drüber nach. Stell dir vor, wie es aussehen wird, wenn es renoviert ist. Die Leute werden aus aller Welt herbeiströmen. Der Merrimac Court Country Club, da muss man einfach mal gewesen sein.«
»Meinst du echt?« Sie sah sich in der Halle um und man merkte ihr deutlich an, dass sie es sich überhaupt nicht vorstellen konnte. Sie hatte fast ihr gesamtes Leben in einem Wohnwagen verbracht und besaß deshalb eine sehr pragmatische Einstellung.
Jack grinste und nickte. »Es ist wie ein Traum, der in Erfüllung geht, Karen. Glaub mir.«
»Und was ist mit Reed Muffler & Tire?«, wollte sie wissen. »Wirst du die Firma weiterhin am Laufen halten, hmm? Du wirst den Laden doch nicht etwa dichtmachen, oder? Hierfür, meine ich.«
»Das weiß ich noch nicht«, log er. »Es ist noch zu früh, um eine solche Entscheidung zu treffen. Aber ich will das hier durchziehen, Karen, das kannst du mir glauben. Dieser Laden hat was.«
»Ja, irgendwas von Friedhof!«, antwortete Karen, während sie demonstrativ auf ihrem Kaugummi herumkaute.
Randy erklomm die Stufen zum ersten Stock und spähte dann von der Galerie aus nach unten. Er winkte seinem Vater zu, verkniff sich aber das Rufen, weil es in den Gängen zu sehr hallte und ihm das Angst einjagte. Echos waren ihm unheimlich, denn er bekam dabei immer das Gefühl, dass Wildfremde ihm die eigenen Worte ins Gesicht zurückbrüllten.
Jack winkte zurück und Karen auch. Von oben sahen beide sehr klein aus. Randy mochte Karen. Sie war lustig, roch gut und gab ihm immer Kaugummi. Ihm war nicht ganz klar, was für eine Rolle sie im Leben seines Vaters spielte. Manchmal verhielt Jack sich Karen gegenüber viel liebevoller als gegenüber seiner eigenen Mutter. Randy hatte ein- oder zweimal gesehen, wie er sie geküsst hatte, mehr aber nicht. Sein Vater kam jeden Abend nach Hause und küsste auch seine Mutter und sagte ihr, dass er sie liebte. Manchmal schrie er sogar, dass er sie liebte. Randy wurde aus alledem nicht schlau, aber er sagte nichts, denn das schien sein Vater von ihm zu erwarten.
Er spähte in die langen Gänge mit Linoleum-Fußböden hinein, die von der Treppe nach Osten und Westen führten. Sie waren dunkel, aber
Weitere Kostenlose Bücher