Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Irrfahrt durch die Düsterzone

Irrfahrt durch die Düsterzone

Titel: Irrfahrt durch die Düsterzone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
Vom Netzwerk:
Licht machte ihn blinzeln, als sich die Klappe geöffnet hatte. Er blickte in ein fremdes Gesicht. Es waren die Züge eines Mannes von etwa fünfunddreißig Sommern.
    »Wo bin ich?« fragte er und spürte, daß ihm die Lippen und die Zunge wieder gehorchten.
    Der Mann hatte ein schmales Gesicht, aus dem Klugheit und eine gewisse Gleichgültigkeit strahlten. Das Antlitz eines erfahrenen Mannes, der das Leben und dessen Schwierigkeiten kannte. Kerben und Narben bewiesen dies. Unter schmalen Brauen leuchteten große Augen aus dem blassen Teint.
    »In der Düsterzone«, sagte der Mann und betrachtete ihn abschätzend. »Und im Schrein des Alleshändlers.«
    Luxon flehte, bettelte und versuchte zu überzeugen. Aber dann griffen die schlanken Finger des Alleshändlers nach ihm und lähmten seinen Körper wieder.
    Die kleine Tür schloß sich. Dunkelheit erfüllte den Sarg. Im Schloß drehte sich mit gräßlichem Knirschen der Schlüssel. Das Gefährt, in dem der Sarg steckte, ruckte an und polterte weiter.
     
     
    5.
     
    Der Etter, das seltsame, flüchtig bebaute Gebiet des Verdammten-Gartens, war nur noch eine halbe Tagesreise entfernt. Vor Necron lag das Gläserne Feuchte. Mitten im Düsterland, nicht breiter als drei Bogenschüsse weit, sperrte eine klirrend gefrorene Wasserlandschaft den Garten der Verdammten nach Westen ab.
    »Haltet an, meine Tüchtigen!« rief Necron, zog die Zügel stramm und zog am Griff der Bremse. Er sprang vom Bock und öffnete ein Fach unterhalb des Schreines. Dort holte er zwölf Paar seltsame Schuhe hervor. Sie bestanden aus Leder, Bändern und Schnallen und langen Stacheln an der Unterseite. Mit sicheren Bewegungen hob er die Hufe der Pferde hoch und schnallte vierundzwanzig Lederschuhe um ihre Fesseln.
    Sorgfältig überprüfte er den Sitz der klobigen Überschuhe. Dann löste er wieder die Kufen des Schreines, legte sie vor die Räder und führte die Pferde zwei Schritte weiter. Die Felgen rollten in die Aussparungen hinein. Necron befestigte die Kufen; eine Arbeit, die er ohne Nachdenken ausführte. Er kletterte wieder auf den Bock und trieb die Pferde an.
    Im dämmerigen Licht des Tages lag das Gläserne Feuchte vor ihm. Es schimmerte dunkelblau. Aus den Tiefen sickerte eisige Kälte durch einen breiten Spalt und ließ alles Wasser in diesem Bereich gefrieren. Die kleinen Erhöhungen ragten aus dem Fluß hervor wie unwirkliche Inseln. Die Vegetation war längst abgestorben, und die Reste einer halb zermalmten Brücke deuteten darauf hin, daß das Gläserne Feuchte vor Zeiten ein reißender Fluß gewesen war.
    »Vorwärts! Schneller!«
    Die Peitsche knallte über den Köpfen der Rösser. Die Tiere trabten weiter, wurden schneller, und schließlich, als auch die Kufen auf das Eis glitten, brauchten sie sich nicht mehr so hart in das Joch zu stemmen. Von den metallenen Dornen sprühte bei jedem Schritt ein wirbelnder Schauer von winzigen Kristallen davon. Er hüllte die Tiere bis zu den Bäuchen in ein Eisgestöber. Der Schrein schleuderte in weiten Schleifen hin und her. Auf dem Eis erzeugten die Hufschläge knirschende und trommelnde Geräusche, und das Kreischen der Kufen hallte weit über die reglose Fläche. Hier gab es kein Leben mehr, hier existierten auch keinerlei Gefahren. Die Kälte schien selbst die magischen Einflüsse vertrieben zu haben.
    Hinter dem Hügel lag der Garten der Verdammten, jener umherschweifenden Seelen, die den Zwang zum Überleben mächtig in sich spürten. Sie nisteten sich in Pflanzen ein und brachten sie dazu, ihre Wurzeln als Gehwerkzeuge zu mißbrauchen. Oder handelte es sich um merkwürdige Tiere, die ihre Nahrung aus den Wurzeln sogen?
    Necron zuckte die Schultern; wer war er, daß er dieses Geheimnis zu lüften vermochte? Ihm waren die Ölkernfrüchte wichtig, die er im Austausch für seine Handelsware bekam. Die Brutkörper waren die Handelsware für die Verdammten!
    Der Schrein kippte nach links und rechts. Immer wieder griffen die Kanten der Kufen ins Eis und verhinderten, daß er sich querstellte und umgerissen wurde. Hart schlug die Deichsel gegen die Joche der hintersten Zugtiere. Aber in einem zügigen Trab, in den Wirbelwind aus eiskalten Kristallen gehüllt, jagten die Pferde dahin, und die Luft aus ihren Nüstern gefror zu weißem Dampf.
    »Bald machen wir eine Pause!« rief Necron und ließ die Peitsche knallen. Er fühlte sich gut – er war sicher, daß nicht allzu große Aufregungen vor ihm lagen.
    Entlang der steinernen

Weitere Kostenlose Bücher