Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Irrfahrt

Irrfahrt

Titel: Irrfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Grümmer
Vom Netzwerk:
Südwestafrika und Kamerun sollten durch umfangreiche Neuerwerbungen, vor allem von Belgisch-Kongo, zu einem geschlossenen Gebiet abgerundet werden.
    Im Frühjahr 1939 setzte Raeder ein klotziges Bauprogramm bei Hitler durch, den sogenannten Z-Plan, der vor allem gegen Großbritannien gerichtet war. Für seine Verwirklichung waren fünf bis sechs Jahre vorgesehen. Die Kriegserklärung Großbritanniens machte diesen weitgespannten Plan zunichte.
    Im Polenfeldzug fielen der Kriegsmarine nur untergeordnete Aufgaben zu. Ein altes Linienschiff, die «Schleswig-Holstein», lag Ende August 1939 im Hafen von Neufahrwasser bei Danzig an der Pier, angeblich zu einem Freundschaftsbesuch. Als HitIer den geplanten Angriffstermin nicht einhalten konnte, wurde der «harmlose» Besuch kurzerhand um einige Tage verlängert. Am Morgen des 1. September beschoß das deutsche Kriegsschiff aus günstiger Position die polnischen Befestigungsanlagen auf der Westerplatte, fügte der völlig überraschten Besatzung schwere Verluste zu und ermöglichte auf diese Weise die handstreichartige Besetzung Danzigs durch HitIers Truppen. Ulbert und Gerber waren in der Seekriegsgeschichte beschlagen; sie kannten Hunderte britischer Perfidien, aber keine, die sich mit Raeders Täuschungsmanöver vergleichen ließ.
    Operation «Weserübung». Der Entwurf zur Invasion Norwegens stammte von Raeder. Er stützte sich auf eine Studie des Vizeadmirals Wegener, der bereits 1926 im Falle einer erneuten kriegerischen Auseinandersetzung mit Großbritannien die Okkupation Norwegens und Nordfrankreichs gefordert hatte.
    Raeder bedrängte schon im Oktober 1939 Hitler, obwohl dieser wünschte, daß die skandinavischen Länder neutral blieben. Aber Raeder ließ nicht locker; er wollte große Taten für seine Marine. Durch die Errichtung von Stützpunkten auf norwegischem Boden sollte der U-Boot-Krieg intensiviert und eine günstige Angriffsbasis gegen die Ostküste Großbritanniens geschaffen werden. Zögernd stimmte Hitler zu. Gemeinsam mit OKW-Stabsoffizieren arbeitete die Seekriegsleitung in kurzer Frist den Operationsplan aus. Im April 1940 begann der gewagte Sprung in die norwegischen Häfen. Dänemark wurde «aus rein strategischen Gründen» gleich mitbesetzt. Alle Herren, die in Uniform auf der Anklagebank saßen, hatten das Unternehmen gebilligt. Raeder galt als der geistige Urheber, und es gab nicht wenige Männer in der Kriegsmarine, die darauf sehr stolz gewesen waren.
    Norwegen war nicht das einzige Beispiel für die Initiative, die Raeder als Oberbefehlshaber der Kriegsmarine und Mitglied des «Reichsverteidigungsrates» entwickelte. Noch im gleichen Jahr, im Hochgefühl der Blitzsiege über Frankreich, Belgien und die Niederlande, drängte er Hitler zu einer Angriffspolitik im Mittelmeer. Er forderte den Krieg gegen den «Hauptgegner England», plädierte im März 1941 für die Besetzung ganz Griechenlands. Nur in einem Punkt vertrat er eine andere Meinung als Hitler: Die Aggression gegen die Sowjetunion hielt er erst dann für zweckmäßig, wenn Großbritannien besiegt war. Als aber die Weisung für den «Plan Barbarossa» erfolgte, ließ Raeder sechs Tage vor dem Überfall den Angriff auf sowjetische U-Boote in der Ostsee eröffnen.
    Der Fall «Athenia» kam zur Sprache. Dönitz hatte schon vor Kriegsausbruch mehrere U-Boote an den Zufahrtswegen für die Häfen Glasgow, Liverpool und Cardiff stationiert. Am 3. September 1939 griff U 30 unter dem Kommando des Oberleutnants Lemp südlich der Rockall-Bank einen unbewaffneten englischen Passagierdampfer an, der sich auf dem Wege nach Amerika befand. Die 13 600 Bruttoregistertonnen große «Athenia» sank nach zwei Torpedotreffern; hundertzwölf Menschen ertranken in den Fluten.
    Die britische Regierung erhob scharfen Protest. Auf die Anfrage des Auswärtigen Amtes erwiderte Admiral Dönitz, ein deutsches U-Boot käme für die Versenkung nicht in Betracht, da gar keine Boote in diesem Seegebiet stünden. Das war eine glatte Lüge. Dönitz selbst hatte seinen Kommandanten die Standorte angewiesen und ihnen den Befehl zur Eröffnung der Feindseligkeiten gegeben.
    U 30 kehrte einige Wochen später nach Wilhelmshaven zurück. Der Kommandant erstattete Meldung. Und was geschah? Er wurde nicht bestraft, die entsprechende Eintragung im Logbuch wurde einfach gefälscht.
    Goebbels heckte eine gewaltige Ente aus: Churchill hätte die «Athenia» versenken lassen, um den Kampf gegen Deutschlands U-Boote mit größter

Weitere Kostenlose Bücher