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Irrfahrt

Irrfahrt

Titel: Irrfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Grümmer
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Angriffsschwung sie besitzen. Ich erwarte, daß unsere Flottille diese Leistungen übertrifft. Sind wir erst in Ägypten, steht uns der Weg in den Nahen Osten offen. Erweisen wir uns also der großen Aufgabe würdig, die der Führer gestellt hat...» ....
    Gläubig blickte Leutnant Harms auf seinen Chef, und ebenso gläubig blickte der Matrose Heinz Apelt.
    Kruse aber wußte genau, weshalb er ein optimistisches Bild malte. Die Lage der Achsenmächte im Mittelmeer war schwierig. Er mußte seine Männer bei guter Angriffslaune halten.
    Verpflegung und Treibstof f wurden längsseits gebracht. Endlich kam auch Post zur Verteilung. Heinz grif f zuerst nach dem Brief von Koppelmann. Er war vor vier Wochen geschrieben, in Lorient. «Verdammter Mist!» fluchte er laut. «Ich bin tatsächlich der letzte, der zum Einsatz kommt!»
    Abends hörte er im Logis den Wehrmachtbericht. An der Kaukasusfront ging es zügig voran. Maikop war erobert; leider hatten die Russen das Erdölgebiet vorher zerstört. Hartnäckige Kämpfe gab es im Dongebiet. Dort schien eine große Offensive im Gange zu sein. Der Name Stalingrad fiel. Heinz hatte keine Vorstellung, wo das lag. Es interessierte ihn auch nicht besonders.
    Zwei brandneue Nachrichten ließen sein Herz höher schlagen: In Nordfrankreich, bei Dieppe, war ein Landungsversuch angloamerikanischer Truppen kläglich gescheitert. Das tollste aber war eine Geleitzugschlacht im Mittelmeer. Ein britischer Konvoi, der von Gibraltar nach Malta unterwegs war, wurde nahezu aufgerieben. Dabei verloren die Briten einen Flugzeugträger.
    Die Sache war völlig klar: England lag in den letzten Zügen. Es würde bestimmt so kommen, wie der Kaleu am Schluß gesagt hatte: «Frankreich ist ausgeschaltet, Großbritanniens Stellung als Seemacht aufs schwerste erschüttert. Wenn England in Kürze um Frieden bittet, werden die USA allein nicht mehr weiterkämpfen. Dann ist der Sieg unser!»
    Um einundzwanzig Uhr wurde «seeklar» befohlen. Eine Stunde später befanden sich die Fahrzeuge schon außerhalb des Hafens. Mit hoher Fahrt lief die Flottille in Richtung Südost wie aus den Sternbildern zu ersehen war.
    Die Nacht war warm, der Fahrtwind erfrischte. Schnurgerade pflügten die Boote ihren Weg durch die glatte See.

 
    7. Kapitel
    Kapitänleutnant Thieme
    Helmut Koppelmann war nun schon einen Monat auf Fahrt, ohne daß sich etwas Bemerkenswertes ereignet hätte.
    Das hohe Glücksgefühl, das er beim Auslaufen empfunden hatte, war bald einer tiefen Niedergeschlagenheit gewichen. Die Biskaya zeigte sich von ihrer unangenehmen Seite. Das kleine Boot rollte in der schweren See durch einen Bogen von mindestens sechzig Grad. Helmut litt stark unter der Seekrankheit, und es war nur ein geringer Trost, daß es anderen ebenso erging.
    Im Boot herrschte eine feuchtwarme Luf t wie in einem tropischen Gewächshaus. Ausdünstungen der Bilge und ÖIgestank mischten sich mit den Gerüchen aus der Kombüse zu einem Sud, der Helmut ständig Übelkeit bereitete. Dazu kam der beißende Schweißgeruch der Männer. Wasser zum Waschen gab es nicht, nur billiges Kölnisch Wasser, mit dem man sich nach der Brückenwache das angetrocknete Salz aus dem Gesicht rieb.
    Die Maschinenbesatzung wechselte alle sechs Stunden, die übrigen Rollen alle vier Stunden. Im Logis war nur für je zwei Mann eine Koje vorhanden. Kaum hatten die Freiwächter ihre Plätze geräumt, erschien die andere Schicht und legte sich zum Schlafen hin. Helmut hatte bei jeder Ablösung Mühe, vom Turm aus die Koje zu erreichen. Er mußte enge Räume passieren, die mit Kartoffelsäcken, Brotkörben und beladenen Hängematten vollgestopf t waren. Anfangs versuchte er, eine Weile auf dem Rand der Koje zu sitzen, aber der Schlingerschutz schnitt ihm schmerzhaf t in die Kniekehlen. Später lag er in seinen freien Stunden lang; nur in dieser Stellung war er niemandem im Wege. Es bestand ein Riesenunterschied zwischen den Übungsbooten in Gotenhafen und einem U-Boot auf Feindfahrt.
    Am schlimmsten war die Hundswache. Während der langen Stunden, die er durchnäßt und frierend auf der Brücke zubrachte, hatte er seinen Entschluß, zur Kriegsmarine zu gehen, schon hundertmal bereut. Bei der Handelsmarine hätte er nach der ersten Fahrt abmustern können. Hier gab es das nicht.
    Wenigstens lernte er jetzt die Sternbilder kennen. Viele Sommernächte waren sternklar. Bei ruhigem Seegang unterhielten sich die Männer, um die Zeit totzuschlagen. Helmut kannte nur den

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