Irrflug
grinste. „Hundert Punkte, Herr Kollege.”
„Und? Womöglich die schöne Wirtin aus der ›Down-Town‹ Kneipe?”, fragte Linkohr neugierig weiter.
Häberle grinste. „Sie werden’s nicht erraten. Niemals.”
„Dann sagen Sie’s mir halt.”
„Die Frau Steinke, die Frau Melanie Steinke.” Häberle wartete gespannt auf die wohlbekannte Reaktion seines Kollegen.
„Da haut’s dir’s Blech weg”, folgte auch prompt.
„Da stimm’ ich Ihnen vollständig zu”, erwiderte Häberle und startete jetzt den Motor.
„Und woraus schließen das die Kollegen von der EDV?”, wollte Linkohr wissen.
„Sie haben im Rechner ein Dokument gefunden, das eine Art Geburtstagskarte enthält, die er wohl mit viel grafischem Aufwand für die geliebte Melanie gestaltet hat – vor einem halben Jahr.”
„Und daraus lässt sich tatsächlich schließen, dass sie seine Geliebte ist?”, fragte Linkohr zweifelnd, während sich Häberle nun in den fließenden Verkehr einordnete und in Richtung des Kreisverkehrs fuhr.
„Die Kollegen meinen, der Text sei eindeutig und lasse keinen Zweifel zu”, zitierte Häberle aus dem Telefongespräch und steuerte in den Kreisverkehr hinein.
„Das klingt zwar alles ziemlich spannend”, resümierte Linkohr, „aber logischer auf gar keinen Fall.”
Häberle bog nach links in die abwärts führende Lorcher Straße ein. Er wollte wieder zur Polizeidirektion zurück, um dort den Mercedes abstellen zu können.
„Nach einer Logik such’ ich schon seit vorgestern”, gestand er, „manchmal hab’ ich den Eindruck, dass die Sache verworrener wird, je mehr wir ermitteln.”
Er ordnete sich an der Ampel vor dem Landratsamt nach links ein.
„Wieso will der, wenn’s denn so war, mit der Heidrun Pulvermüller abhauen, schlägt sie tot und hat womöglich eine ganz andere Geliebte?!”, überlegte Linkohr.
„Na ja”, räumte Häberle ein, „das, was die Kollegen gefunden haben, ist ein halbes Jahr alt. Mann, da kann sich seither einiges getan haben.”
Der junge Mann musste zugeben: „Oja, heutzutage schon”, er lächelte vielsagend.
„Mich würd’ jetzt bloß interessieren, wo die Frau Steinke ist”, überlegte der Kommissar, „zu Gesicht haben wir sie ja bisher leider nicht gekriegt. Aber vielleicht rufen wir den Herrn Unternehmer ja mal an.” Er steuerte, als die Ampel ›grün‹ wurde, den Mercedes nach links, um sogleich wieder rechts in die Schillerstraße abzubiegen. Vor ihnen tauchte der Gebäudekomplex der Polizeidirektion auf, in deren Hof der Kriminalist den Wagen abstellte.
Dann gingen sie gemeinsam in Häberles Büro, wo Link-ohr wieder am Besuchertischchen Platz nahm. Der Soko-Chef holte ein Telefonbuch aus der Schublade und suchte Steinkes Privatnummer, die er in die Tastatur des Telefons tippte. Sein Kollege lehnte sich unterdessen auf dem unbequemen Holzstuhl zurück.
„Ja, Häberle hier, Kriminalpolizei”, meldete sich der Kriminalist. „Tut mir leid, wenn ich Sie störe, Herr Steinke. Aber nur eine Frage am Rande”, Häberle machte eine kurze Pause und überlegte, „ist eigentlich Ihre Frau zu Hause?”
Häberle lauschte und kniff die Augen zusammen. „Mhm”, machte er, wartete wieder und sagte dann: „Nein, kein Grund zur Beunruhigung, hat gar nichts zu bedeuten, nur reine Routine”, versicherte Häberle, verabschiedete sich schnell und legte auf.
Linkohr war neugierig: „Nicht da, oder?”
„Sei übers Wochenende weg, behauptet er”, berichtete Häberle, „er wisse aber nicht wohin, sei viel zu sehr mit den Ereignissen um seinen Betrieb beschäftigt.”
„Klingt schon ein bisschen seltsam”, urteilte der Kollege, „die ist abgehauen, würd’ ich meinen. Die hat ihn sitzen lassen.”
Häberle legte seine Oberarme entspannt auf die Schreibtisch-Platte. „So sieht’s aus. Aber sind wir doch mal ehrlich, Herr Kollege: So außergewöhnlich ist das doch auch wieder nicht.” Linkohr stimmte seinem Chef zu.
31
Auf der Hahnweide herrschte an diesem Samstagnachmittag Hochbetrieb. Die Segelflieger belagerten die Graspiste, ein Schleppflugzeug war unablässig im Einssatz. Vor den Hallen der einzelnen Fliegergruppen standen Gruppen von Menschen und diskutierten den Mord. Auf dem Vorplatz bei der Motorflugschule parkten mehrere Cessnas, sowohl die kleinen zweisitzigen, als auch die größeren viersitzigen. Sogar die ›Echo Bravo‹, die bis Freitagnachmittag von der Polizei beschlagnahmt war, durfte wieder eingesetzt werden, nachdem
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