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Irrliebe

Irrliebe

Titel: Irrliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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ziellos durch die regennassen Straßen. Sie telefonierte mit Stephan, der ihr von seinem Gespräch mit Hilbig berichtete. Marie erzählte im Gegenzug von Dominique, der eigenartigen Atmosphäre in ihrer Wohnung und der Kälte in Paris. Dann schwiegen beide. Sie fehlten einander.
    Marie beschloss, vorzeitig zurückzukehren, konnte aber eine Fahrkarte erst für den morgigen Sonntagmittag kaufen, weil vorher alle Fahrten ausgebucht waren.
     
    Nach Einbruch der Dunkelheit kehrte sie in Dominiques Haus zurück, die sie zufällig im Innenhof traf, als sie ihr Pariser Zweitauto mit rasantem Manöver einparkte. Dominique roch nach Alkohol. Sie ging konzentriert, um ihre Unsicherheit zu überspielen, und fuhr schweigend mit Marie in der roten Fahrstuhlkabine nach oben.
    Marie wollte sofort ein ausgiebiges Bad nehmen. Sie hatte Paris als schmuddelig empfunden. Die Straßencafés waren wegen des diesig-feuchten Wetters leer geblieben. Es gab keine Musiker, deren Melodien dem unruhigen Treiben der Stadt auf den verstopften Straßen in kleinen Oasen Einhalt geboten hätten. Die Museen hatten auf Marie wie ein Fluchtort gewirkt, um der Tristesse zu entgehen. Es hatte nach feuchter Kleidung gerochen. Die Menschen hatten sich in die Ausstellungssäle gedrängt. Es war keine Muße gewesen, die sie hergeführt hatte. Es war nur darum gegangen, einen bleiernen Samstag zu vertreiben. In den Stollen der alten Metro hatten die Gebläseanlagen die abgestandene Luft verwirbelt und sie angewärmt im unterirdischen Labyrinth verteilt. Marie hatte Paris an diesem Tag wie eine Stadt voller Winkel empfunden, von denen keiner zum Verweilen einlud. Die letzten Stunden hatte sie in einem kleinen Café an der Oper gesessen. Selbst dieser kleine Ort gab ihr kein Wohlgefühl.
    Sie öffnete die Schiebetür zu ihrem Zimmer und erschrak. Minouche lag auf der Bettdecke und starrte sie aus dem Halbdunkel mit grünen funkelnden Augen an.
    »Du hättest die Tür richtig zumachen müssen!«, warf ihr Dominique vor. Sie hatte sich wie gewohnt auf ihren Platz an dem großen Esstisch gesetzt und ihren Laptop aufgeklappt. »Ich habe es dir gesagt, Marie. Du solltest auf mich hören.«
    »Die Tür war zu«, beharrte Marie. »Ich habe sie geschlossen, bevor ich heute Mittag gegangen bin.«
    »Aber nicht bis zum Anschlag«, bellte Dominique zurück. »Wenn die Tür nicht ganz zu ist, kommt Minouche mit der Pfote dazwischen.«
    Marie schüttelte den Kopf und verscheuchte die Katze mit einer Handbewegung von der Bettdecke. Das Tier sprang mit einem Satz aus dem Zimmer und verschwand lautlos um die Ecke.
    »Wechsel die Bettwäsche, wenn du willst«, sagte Dominique weich. »Man weiß nicht, wo das Vieh heute herumgestreunt ist.« Sie zündete sich eine Zigarette an, schwankte und hielt sich am Türrahmen fest. »Laken und Bezüge sind im Schrank. Soweit ich weiß, untere Schublade, wenn Pierre nicht umgeräumt hat. Ich kümmere mich nicht um seine Sachen.« Sie schnippte Zigarettenasche auf den Boden, schnalzte mit der Zunge und ging in die Küche.
    Marie knipste das Deckenlicht an und schloss die Schiebetür hinter sich. Sie wollte sich von Dominique abgrenzen, allein sein, sich dieser Frau entziehen, die glatt und eisig war, die Stimmungen prägte und deshalb Marie stets frösteln ließ. Sie ging an den Schrank und öffnete die untere Schublade. Sie fand frisch gewaschene und sauber gefaltete Laken und Bettbezüge und suchte sich das Passende heraus. Gerade, als sie die Schublade wieder schließen wollte, sah sie, dass zwischen den übereinander geschichteten Laken und der Schubladenwange hochkant einige Schriftstücke klemmten. Sie nahm sie heraus. Es waren einige französische Dokumente, wahrscheinlich Versicherungspolicen und etliche Schreiben, auf denen oben das Pariser Stadtwappen prangte. Als Marie weiterblätterte, rutschte eine Postkarte heraus und fiel auf den Boden. Sie hob die Karte auf und betrachtete das Motiv. Es war eine Ansicht des Ortes Traben-Trarbach an der Mosel. Marie drehte die Karte um. Franziska hatte an Pierre geschrieben:
    Mon cher Pierre, ich möchte die Zeit mit Dir festhalten, die wir hier verbracht haben. Ich will überhaupt alles festhalten, was sich mit Dir verbinden und verschmelzen lässt. Es ist alles in meinem Herzen, während die Zeit dahinfließt, wie der Fluss, an dem wir so lange saßen. Jetzt bist Du wieder in Paris. Stadt der Liebe. Unsere Stadt. Ich komme bald. Deine Franziska.
    Marie betrachtete den Aufdruck auf der

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