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Irrliebe

Irrliebe

Titel: Irrliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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suchen den Mann, mit dem sie am letzten Augustwochenende hier war. Denn er ist spurlos verschwunden.«
    Der Hotelier war ein kleiner rundlicher Mann, Ende 60, bekleidet mit grauer Tuchhose, weißem Hemd, bunter karierter Krawatte und darüber gezogenem, weinroten Pullunder. Er repräsentierte trefflich die Atmosphäre des kleinen Hauses, das seine Welt bedeutete. Die gewölbten Panoramascheiben ließen den Blick bis weit in die Eifel schweifen. Er betrachtete abwechselnd das Foto und die Postkarte. Dann lief er an den Tresen zurück, beugte sich darüber und rief in die Küche. Nun erschien seine Frau, rundlich wie er, mit reinlichem weißem Kittel bekleidet, der sich um ihren fülligen Oberkörper spannte.
    »Margarete, das waren doch die mit der Tür«, erinnerte sich der Hotelier. Er stand kerzengerade da, sein runder Bauch wölbte sich stolz nach vorn, während er seine Arme soldatisch hinter seinem Rücken verschränkte.
    »Ja, es war diese Frau, mit dem, der immer etwas Französisches sagte. Ein bisschen komisch, wie er redete«, war er sich sicher.
    Stephan sah ihn fragend an.
    »Der konnte richtig gut Deutsch, aber er bestellte in einem deutsch-französischen Kauderwelsch«, erklärte er weiter.
    »Dass der gut Deutsch konnte, haben wir genau gehört«, bestätigte Margarete. »Die saßen an dem Tisch, an dem Sie jetzt sitzen. Es war ein Sonntag. Das weiß ich noch. Das Haus war voll, wir hatten einen Reisebus hier, und immer, wenn wir an ihrem Tisch vorbeikamen, um die anderen Gäste zu bedienen, hörte man, wie er mit ihr redete. Sie redeten und lachten in einer Tour. Es war fast schon zu laut. Einige der anderen Gäste guckten komisch. Ich wollte, dass du was sagst, Karl, aber du hast es nicht gemacht.«
    »Es waren halt fröhliche Gäste«, entschuldigte sich ihr Mann.
    »Also mit ihr redete er gutes Deutsch mit nur etwas Französisch darin«, fuhr Margarete fort, »und nur, wenn er bestellte, mischte er viel mehr französische Worte darunter. Wie so ein Mann von Welt. Der war schon komisch, Karl, das hast du auch gesagt. Aber du sagst halt nie was.« Sie sah ihn gespielt vorwurfsvoll und zugleich milde an. Karl würde auch in Zukunft niemals etwas sagen.
    »Und was war das mit der Tür?«, fragte Stephan. »Sie erwähnten vorhin eine Tür.«
    »Der ist mit dem Kopf gegen den Türrahmen gelaufen, als er auf die Toilette ging«, erinnerte sich der Hotelier. »Kam mit blutender Stirn wieder in die Gaststube und brauchte ein Pflaster. Der hätte nur aufpassen müssen. Die Tür ist nicht so hoch, aber auch nicht so niedrig, dass man sich gleich den Schädel einhauen muss.«
    »Hatte er denn auf dem Zimmer keine Toilette?«, fragte Marie.
    »Toilette auf dem Zimmer?«, fragte Karl verwundert. »Die haben hier doch nicht gewohnt. Sie waren hier nur zum Essen. Zweimal. Am Samstag und am Sonntag. Und am Sonntag waren sie zuvor auch schon zum Kaffee hier gewesen. So um drei. Das war, als der Reisebus hier war und die beiden so laut redeten. Und da ist das auch mit der Tür passiert. Ich hatte nämlich noch gedacht: Warum ist der so dumm und rennt heute vor die Tür? Die kannte er doch schon vom Abend vorher. Da war er mit der jungen Dame ja schon mal hier gewesen. Da war er bestimmt auch mal auf dem Klo gewesen. Die waren doch mehrere Stunden hier. Bis zum Schluss, so gegen zwölf.«
    »Wo haben die beiden denn gewohnt?«, fragte Stephan.
    »Ich glaube, die waren im Zelt«, meinte Margarete. »200 Meter weiter ist ein Zeltplatz. Da müssen Sie mal fragen. Anders kann ich mir das nicht erklären. Denn sie waren nicht mit einem Auto hier. Ich habe sie an dem Sonntag den Weg zu unserem Haus hochlaufen sehen, als ich gerade hier bediente. Und es läuft ja keiner freiwillig dreimal hintereinander unten von der Mosel bis hier oben hin.«
    Stephan lächelte. Margarete und Karl ahnten die schwindende Attraktivität von Moselgold.
    »Und die Frau war am Samstagabend ziemlich angetrunken, als sie gingen«, erinnerte sich Margarete. »Sonntags haben sie dann noch die Postkarte am Tresen gekauft. Die Frau hatte eine Karte ausgesucht, auf der das Haus abgebildet ist. Aber der Mann stellte sie zurück in den Ständer und zog eine mit einem anderen Motiv heraus. Er sagte noch, dass er ja ohnehin genug Erinnerung an unser Haus habe. Er meinte wohl seine Wunde an der Stirn.«
    »Können Sie den Mann beschreiben?«, fragte Marie.
    Margarete sah Karl an.
    »Er war ein ganzes Stück größer als ich«, begann er, »ich kann das

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