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Irrliebe

Irrliebe

Titel: Irrliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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schlecht schätzen. Vielleicht so 1,80 Meter bis 1,85 Meter, ziemlich dünn, Geheimratsecken, zurückgekämmte dunkle Haare, schmales Gesicht, kein Bart.« Er sah fragend zu Margarete.
    »Gepflegt«, ergänzte sie. »Im Ganzen eine feine Erscheinung.«
    »Und keine Brille«, wusste Karl.
    Marie erinnerte sich an das Foto von Pierre, welches Dominique dem Staatsanwalt gegeben hatte. Die Beschreibung des Hoteliers von Pierres Gesicht traf zu.
    Stephan stand auf.
    »Zeigen Sie mir doch bitte mal die Tür, an die er gestoßen ist!«
    Karl ging voran. Sie durchquerten das Gastzimmer, das zugleich eine museale Ausstellung kleiner Gerätschaften aus dem Weinbau war. Der Linoleumfußboden quietschte unter den Schuhsohlen. Dann führte Karl Marie und Stephan eine enge hölzerne Treppe hinab, die unten in einen Kellerflur mündete. Damen- und Herrentoilette lagen direkt nebeneinander. Stephan betrachtete den Türrahmen.
    Karl hatte recht. Die Tür schien keine Normhöhe nach modernen Maßstäben zu haben, aber der Keller war gut ausgeleuchtet, und am Türrahmen mahnte ein Schild zur Vorsicht. Stephan ging durch die Tür. Er zog den Kopf etwas ein, richtete sich im Türrahmen auf und stieß knapp an das Holz.
    »Margarete hat das Blut sofort weggewischt«, sagte Karl. »Ich verstehe einfach nicht, dass er da so vorgelaufen ist. Aber er hatte damals auch kein großes Theater gemacht. Wollte kein Geld oder so. Wir wissen ja, dass die Tür etwas zu niedrig ist. Aber damals, als das Haus gebaut wurde, galten noch andere Maße. Und außerdem sind hier fast nur ältere Menschen zu Gast. Die sind sowieso kleiner. Wir wachsen ja mit den Jahren immer mehr Richtung Erde.« Karl lachte. »Schauen Sie mich an. Ich passe durch jede Tür.«
     
    Der Platzwärter auf dem nahen Zeltplatz konnte sich genau erinnern. Ein Blick in das Gästebuch verriet, dass ein Pierre Brossard von Freitag, 28. August, bis Sonntag, 30. August, die Fläche 58 auf dem Zeltplatz angemietet hatte. Seiner Erinnerung nach hatten er und die ihn begleitende Frau, die er mit Blick auf das Foto von der Abiturabschlussfeier als Franziska ähnlich sehend beschrieb, ein älteres Zelt mitgebracht und auf dem Platz wohl keine weiteren Bekanntschaften geschlossen. Mehr könne er nicht sagen. Die Personalausweise der beiden habe er sich nicht zeigen lassen.

11
    Noch bevor Marie am Montag die von ihr in der Pariser Wohnung gefundene Postkarte Staatsanwalt Ylberi bringen konnte, erhielt sie einen Anruf von Dominique. Sie befand sich noch immer in Paris und hatte telefonisch von ihren Beschäftigten erfahren, dass die Polizei mit einer Durchsuchung ihrer Wohnung im Kreuzviertel und dem im selben Hause gelegenen Architekturstudio begonnen habe. Sie verlangte Stephans Telefonnummer und hängte Marie ab, noch bevor diese sich nach den Hintergründen erkundigen konnte.
     
    Stephan erschien gegen 13 Uhr im Polizeipräsidium. Dominique hatte die von ihm rasch nach Paris gefaxte Vollmacht unterschrieben und auf demselben Wege zurückgesandt. Er nahm das Mandat nicht gern an, doch er brauchte Geld. Es fehlten neue Mandate, die Gewinn versprachen. Stephan legte Ylberi die Faxkopie auf den Tisch und versprach, das Original nachzureichen.
    »Ist Frau Rühl-Brossard Zeugin oder Beschuldigte?«, fragte Stephan.
    Ylberi lehnte sich zurück. Die Hausdurchsuchung war vor zwei Stunden zu Ende gegangen.
    »Wir wissen noch nicht, wohin uns die Ermittlungen führen werden«, antwortete er. »Im Moment ist Frau Rühl-Brossard Zeugin. Aber es gibt im Todesfall Franziska Bellgardt reichlich offene Fragen. Und dies insbesondere auch im Hinblick auf den Ehemann von Frau Rühl-Brossard. Ich weiß natürlich nicht, welche Erkenntnisse wir aus der Untersuchung der Gegenstände gewinnen werden, die wir heute beschlagnahmt haben. Aber wir versprechen uns Aufschluss über die Urheberschaft der Briefe von Pierre Brossard, die seine Ehefrau hier abgegeben hat. Sie wissen vermutlich, dass nur der an Dominique Rühl-Brossard gerichtete Brief eine eigenhändige Unterschrift enthielt. Ob der handgeschriebene Namenszug tatsächlich von Pierre Brossard stammt, werden wir durch Sachverständige klären lassen. Vielleicht reicht es für einen zu einem eindeutigen Ergebnis führenden Vergleich nicht aus, aber wir haben jedenfalls etliche Schriftstücke sicherstellen können, die Pierre Brossard eigenhändig ge- und unterschrieben hat. Ob er wirklich, wie seine Frau behauptet, nie eigenhändig geschrieben hat, möchte ich

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