Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt
handelte. Nach weiteren Erkundungsfahrten sah man sich bestätigt, dass ein Kontinent erreicht war, den man für die Ostküste Indiens hielt, weshalb man in der Amazonasmündung vermutlich die des Ganges zu erkennen glaubte. Pinzón fuhr weiter nach Hispaniola und von dort zurück nach Spanien. Dass diese Fahrt folgenlos blieb, hat mit dem erwähnten Vertrag von Tordesillas zu tun: Der Spanier Pinzón hatte Land entdeckt, das den Portugiesen zustand, und den spanischen Seefahrern war eingebläut worden, sich von portugiesischen Gewässern fernzuhalten. Statt Lorbeeren erwartete Pinzón das Schuldgefängnis, dem er nur mit Mühe entging. Zwar hatte er das Land für Spanien in Besitz genommen, musste aber später zugeben, unrechtmäßig gehandelt zu haben.
Dass die Frage der Entdeckung Brasiliens umstritten ist, nimmt kaum Wunder – verständlicherweise legen die Portugiesen Wert darauf, dass ein Portugiese das Land entdeckte, das zur portugiesischen Hemisphäre gehörte, kolonialisiert wurde und bis 1822 portugiesische Kolonie war. Und tatsächlich ist ja auch ein Portugiese derjenige gewesen, der die Kunde vom neuen Land erstmals nach Europa trug. Cabral den Titel des Entdeckers rundheraus abzusprechen, ist also nicht notwendig, zumal er und seine Begleiter die ersten Portugiesen waren, die brasilianischen Boden betraten. Aber die ersten Europäer auf brasilianischem Boden waren sie nicht.
Der Bauernkrieg war eine Jahrhundertkatastrophe für die deutschen Landleute – IRRTUM!
Die Deutschen sind nicht gerade als aufmüpfiges Völkchen bekannt. Und doch gab es in der deutschen Geschichte immerhin fünf Revolutionen, von denen zwei erfolgreich waren. 1918 beendete die Monarchie und schickte den Kaiser und seine Fürstenkollegen in den Ruhestand, 1989 machte dem Sozialismus auf deutschem Boden ein Ende. Die anderen drei Revolutionen blieben erfolglos in der Umsetzung ihrer Ziele, aber folgenlos waren sie deshalb noch lange nicht. Dazu gehört die erste Revolution, der Bauernkrieg 1524–26, der außer in Deutschland auch in Österreich und der Schweiz geführt wurde. Und doch heißt es in zahlreichen Büchern und Darstellungen, weil die aufständischen Bauern so vernichtend geschlagen wurden, seien sie nicht nur unmittelbar, sondern auch langfristig ausschließlich Verlierer gewesen. Die Obrigkeit habe an den Aufständischen nicht nur grausame Rache geübt, sondern die erdrückenden alten Zustände wiederhergestellt. Langfristig gesehen seien zudem die Bauern als Faktor der Politik ausgeschieden, sie seien entrechtet und entmündigt worden. Die Macht der Obrigkeit hingegen sei dauerhaft gestärkt worden. Mit einem Satz: Die erste deutsche Revolution sei rundum vergeblich gewesen. In der Geschichtsschreibung hat der Bauernkrieg seit dem 19. Jahrhundert beachtliche Karriere gemacht, mit zusätzlichem Schwung nach 1945 durch die Historikerkonkurrenz zwischen Ost und West und ihre unterschiedlichen Schulen. Als erste deutsche Revolution ist seine Bedeutung in der Tat enorm, nicht allein im Kontext der Reformation. Die Einschätzung geriet durch die Zeiten und Ideologien aber sehr unterschiedlich, sie reicht von der Verteufelung der frechen Bauern bis zur Heldenverehrung als frühe Sozialisten. Dabei entstanden Mythen und Fehleinschätzungen, etwa hinsichtlich der Konsequenzen des Bauernkriegs für die Bauern selbst.
Die Annahme einer Verschlechterung der Lebensumstände geht aber auf zeitgenössische Quellen zurück, die berichten, die Knechtschaft der Bauern habe sich angesichts Niederlage und rachsüchtiger Sieger nur noch verschärft, der Aufstand sei also regelrecht nach hinten losgegangen. Hierin standen die Beobachter unter dem Eindruck der dramatischen Ereignisse, der Wut der Obrigkeiten, der brennenden Dörfer, der vielen Toten. Diese Darstellung wurde vielfach übernommen und geistert bis heute durch viele Bücher. Tatsächlich aber war auch der anderen Seite durchaus bewusst, dass der Aufstand nicht ohne Grund losgebrochen war und dass seine Wucht mit einem berechtigten Leidensdruck zu tun hatte. Der Nürnberger Ratsherr und Diplomat Caspar Nützel äußerte 1525, was wohl viele dachten: Die Bauern hätten es zwar gewaltig übertrieben mit ihrem Aufstand, aber man müsse doch vernünftigerweise zugeben, dass die Obrigkeit mit der Behandlung ihrer Untertanen daran keineswegs unschuldig war.
Wohl niemand, auch Martin Luther nicht, vermochte sich vorzustellen, was sich aus seinen brisanten Thesen zum Zustand
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