Irrwege
den anderen Welten. Vergebens. Sie waren weg, nicht mehr da,
schlicht und einfach verschwunden. Und er hatte keine Ahnung, wohin.
Wenn man Haplo glaubte…
Aber Xar war nicht gewillt, Haplo zu glauben. Er
dachte nicht länger von ihm als seinem getreuesten Vasallen und Sohn.
Er war verblüfft, zornig – fasziniert. Wenn der
Drache und sein Widersacher aus dieser Welt, diesem Universum verschwunden
waren, mußten sie einen Weg hinaus gefunden haben. Was bedeutete, es gab einen
Weg hinaus.
»Aber selbstverständlich gibt es den!« Eine Hand
schlug Xar kräftig auf den Rücken. »Ein Weg hinaus. Ein Weg zu dem
Untersterblichen.«
Xar fuhr herum. »Du!« Er runzelte die Stirn.
»Wer?« Der alte Mann hob erwartungsvoll die
Augenbrauen.
»Zifnab!« Xar spuckte den Namen aus wie etwas Widerwärtiges.
»Oh.« Der Alte ließ enttäuscht die Schultern
sinken. »Nicht jemand anders? Ihr habt jemand anders erwartet? Einen Mr. Bond
vielleicht?«
Xar erinnerte sich an Sang-drax’ Warnung. Hütet
Euch vor dem alten Mann. Lachhaft. Aber – der Alte war aus den Verliesen
von Abarrach entflohen.
»Wovon redest du?« forschte Xar und musterte den
Sonderling mit größerem Interesse.
»Da bin ich überfragt«, antwortete Zifnab
vergnügt. »Wovon ich geredet habe? Das vergesse ich meistens. Ich bemühe mich,
es zu vergessen, um ehrlich zu sein.«
Sein Gesicht wurde grau. Die trüben Augen
blickten plötzlich klar und waren erfüllt von einem tiefen Schmerz.
»Erinnerungen sind – quälend. Ich lasse sie ruhen. Meine Erinnerungen. Die
Erinnerungen anderer – leichter, viel leichter…« Xar ließ sich nicht ablenken.
›»Ein Weg hinaus‹, hast du gesagt, ›ein Weg zu dem Unsterblichen‹…«
Zifnab kniff schalkhaft die Augen zusammen. »Die
letzte Frage bei Jeopardy, stimmt’s? Ich habe dreißig Sekunden für die
Antwort. Dum-di-dum, dum, dum, dadudedu. Ha! Ich glaube, ich hab’s!« Er
schaute Xar triumphierend an. »Was ist das Siebente Tor?«
»Was ist das Siebente Tor?« fragte Xar leichthin.
»So lautet die Frage.«
»Aber wie lautet die Antwort?« Xar verlor rapide
die Geduld.
»Das ist die Antwort. Auf die Frage. Habe ich
gewonnen?« Zifnab faltete hoffnungsvoll die Hände. »Darf ich morgen
wiederkommen?«
»Du darfst vielleicht heute am Leben bleiben!«
grollte Xar. Er faßt nach dem Arm des alten Zauberers und umklammerte ihn mit
stählernem Griff. »Genug von dem Possenspiel. Wo ist das Siebente Tor? Dein
Begleiter scheint es gewußt zu haben…«
»Aber deiner wußte es auch«, konterte Zifnab.
»Hat er’s dir nicht verraten? Paß auf, du zerknitterst den guten Stoff…«
»Mein Begleiter? Sang-drax? Unsinn. Er weiß, daß
ich danach suche. Er hätte mich hingeführt.«
Zifnab setzte eine außerordentlich weise und
intelligente Miene auf – oder versuchte es wenigstens. Er beugte sich
vertraulich vor und flüsterte: »Im Gegenteil, er lockt Euch weg davon.«
Xar verdrehte dem Alten mit einem heftigen Ruck
den Arm. »Du weißt also, wo sich das Siebente Tor befindet?«
»Ich weiß, wo es nicht ist«, antwortete Zifnab
demütig. »Wenn das hilft.«
»Laßt ihn in Ruhe!«
Über dem Verhör des alten Sartan hatte Xar die
Nichtigen vergessen. Einer – eine – von ihnen wagte es, sich einzumischen.
»Ihr tut ihm weh!« Die Elfenfrau (Xar konnte
sich nicht an ihren Namen erinnern) bemühte sich, seine Finger von Zifnabs Arm
zu lösen. »Er ist nur ein harmloser alter Mann. Laßt ihn in Ruhe. Paithan!
Komm und hilf mir!«
Xar besann sich darauf, daß er diese Nichtigen
brauchte – wenigstens, bis sie ihm die Geheimnisse der Zitadelle offenbart
hatten. Er ließ Zifnabs Arm los und setzte zu einer Erklärung an, als noch
einer von den Nichtigen herbeieilte, scheinbar peinlichst berührt.
»Aleatha! Was tust du? Das ist nicht unsere
Angelegenheit. Ich bitte um Entschuldigung, Sir, für meine Schwester. Sie ist
ein wenig – nun, ein wenig…« Der Elf suchte nach Worten.
»Bockbeinig?« schlug ein Menschenmann vor, der
hinter die Elfenfrau – Aleatha – getreten war.
Sie wirbelte mit fliegenden Röcken herum und
haute ihm eine herunter.
An diesem Punkt mischte die Menschenfrau sich
ein. »Weshalb ohrfeigst du Roland? Er hat nichts getan!«
»Rega hat recht«, sagte der, den sie Roland
nannten. Er betastete seine knallrote Backe. »Ich habe nichts getan.«
»Du hast etwas Häßliches über meine Beine
gesagt!« schleuderte Aleatha ihm
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