Irrwege
unmöglich, Genaues zu erkennen. Er konnte ungehindert
nur nach oben sehen, in die Galerie tropfender Reißzähne aus Kalk. Die
trostlose Untermalung bildete das Rauschen des schwarzen Wassers auf seinem Weg
in das Herz des Labyrinths.
Im Dunkeln grinste Haplo vor sich hin. Er legte
dem Hund die Hand auf den Kopf, drehte ihn leicht in die Richtung des
Torbogens.
In Richtung Alfred.
»Los, Junge«, befahl Haplo. »Faß!«
----
Kapitel 30
Die Zitadelle,
Pryan
»Mir gefällt der gräßliche Zauberer nicht,
Paithan, und ich finde, du solltest ihn auffordern zu gehen.«
»Bei Orns Ohren, Aleatha, ich kann Fürst
Xar nicht auffordern zu gehen. Er hat das gleiche Recht, hier zu sein wie wir.
Dies ist nicht unsere Stadt…«
»Wir waren zuerst hier.«
»Davon abgesehen, wir können den alten Herrn
nicht hinausjagen, damit er den Tytanen in die Hände fällt. Das wäre glatter
Mord.«
Der Elf senkte die Stimme, doch Xar konnte ihn
trotzdem hören und verstehen, was er sagte.
»Und er könnte sich als nützlich erweisen, falls
es den Tytanen gelingt, eine Bresche in die Mauer zu reißen. Ihr habt gesehen,
wie er ihnen draußen Zunder gegeben hat. Hui! Blaues Licht, magisches Feuer.«
»Was das magische Feuer angeht…« Das war der
Mensch, der sein Scherflein Weisheit beisteuern mußte. »… der Magier könnte
auch uns eine Kostprobe von der Medizin zu schmecken geben, wenn wir ihn
ärgern.«
»Kaum«, murmelte Xar mit einem unangenehmen Lächeln.
»Es wäre mir der Mühe nicht wert.«
Die Nichtigen hielten ein Treffen ab – ein
privates, geheimes Treffen, glaubten sie wenigstens. Xar wußte es besser. Er
saß gemütlich in der Bibliothek der Sartan in der Zitadelle. Die Nichtigen
hatten sich in der Nähe des Irrgartens versammelt – ein gutes Stück entfernt,
aber Xar hörte deutlich jedes einzelne Wort, als wären sie bei ihm im Zimmer.
»Was gefällt dir denn nicht an ihm, Aleatha?«
erkundigte sich die Menschenfrau.
Wie sie hieß? Xar konnte sich nicht erinnern,
und in seinem Gedächtnis zu forschen erschien ihm wieder nicht der Mühe wert.
»Er gab mir diese schöne Kette«, redete die Frau
weiter. »Seht doch. Ich glaube, das ist ein Rubin. Und seht auch das
eingeritzte krakelige Zeichen an.«
»Ich habe auch so eine Kette«, sagte der Elf
Paithan. »Mein Anhänger ist ein Saphir. Mit dem gleichen komischen
Strichmännchen drauf. Fürst Xar sagt, wenn ich es trage, wacht jemand über
mich. Ist es nicht hübsch, Aleatha?«
»Ich find’s häßlich«, antwortete die Elfenfrau
mit Nachdruck. »Und ich finde ihn häßlich…«
»Er kann nichts für sein Aussehen.«
»Ich bin ganz sicher, daß du das
nachempfinden kannst, Roland«, unterbrach sie ihn spitz. »Mir wollte er auch
ein solches ›Geschenk‹ geben. Ich habe abgelehnt. Sein Blick gefiel mir
nicht.«
»Komm schon, Thea. Seit wann zierst du dich bei
Sachen, die glitzern? Und den Blick hast du bestimmt schon tausendmal gesehen.
Jedes männliche Wesen sieht dich so an«, meinte Paithan.
»Und dann lernen sie sie kennen«, brummte
Roland.
Entweder hatte Aleatha die Stichelei nicht
gehört oder zog es vor, sie zu ignorieren. »Der alte Mann wollte mir einen
Smaragd aufdrängen. Man hat mir schon hundertmal wertvollere Präsente
verehrt.«
»Und du hast dich hundertmal mit der
Gegenleistung nicht lumpen lassen, wette ich«, sagte Roland, vernehmlicher
diesmal.
»Schluß damit, ihr zwei«, fuhr Paithan
dazwischen. »Was ist mit dir, Roland. Hat Fürst Xar dir auch so einen
Edelstein gegeben?«
»Mir?« Rolands Stimme klang baß erstaunt.
»Wirklich, Paithan, ich weiß nicht, wie es bei euch Elfen zugeht, aber bei uns
Menschen pflegen Männer anderen Männern keinen Schmuck zu schenken. Was Typen
angeht, die von anderen Jungs Schmuck annehmen, nun…«
»Was willst du damit sagen?«
»Nichts, Paithan«, mischte sich Rega ein.
»Roland will gar nichts sagen. Er hat die Kette genommen, laß dir nichts
vormachen. Ich habe gesehen, wie er sie Drugar zeigte, um den Wert schätzen zu
lassen.«
»Also was meinst du, Drugar? Wieviel sind die
Steine wert?«
»Die Anhänger stammen nicht aus einer Zwergenwerkstatt.
Ich kann es nicht beurteilen. Aber ich würde keinen nehmen. Sie verursachen mir
Unbehagen.«
»Aber klar doch«, spottete Roland. »So großes
Unbehagen, daß du sie liebend gerne alle selbst einsacken würdest. Sieh mal,
Drugar, alter Kumpel, versuche nie, einen Schwindler zu
Weitere Kostenlose Bücher