Irsud
Nachsinnen der Kipu ein.
„Belit Asshrud.” Eine Art müder Geduld schlich sich in die tiefe, volle Stimme der Kipu, eine Andeutung von Verachtung geißelte die Dicke, bis sie unter dem Hieb bebte. In einem kurzen Aufblitzen unerheblicher Verwunderung dachte Aleytys: Diese Stimme … Sie ist der Schlüssel zu ihrer Macht. Dann konzentrierte sie sich wieder auf den Konflikt zwischen den beiden Nayids. Die Fühler der Kipu zuckten in einem ungeduldigen Zucke hin und her, was stärker als Worte klarmachte, wie unwichtig sie die Wünsche und den Rat dieser fetten Nayid fand. „Es war der Beschluß des Rates. Ihr wißt, warum. Ich habe persönlich erläutert, warum wir sie nicht unter Drogen setzen. Mehr als einmal, falls Ihr Euch erinnert. Muß ich es noch einmal tun? Es sollte nicht nötig sein, Euch zu erinnern …” Ihre Worte peitschten das aufgedunsene Gesicht zu Zuckungen von Schmerz und Furcht.
„… an die Notwendigkeit zur Diskretion.”
Ein plötzliches schrilles Kichern riß Aleytys’ starren Blick von der Kipu los. Eine junge Nayid, die links von dem Stuhl stand, lächelte Asshrud boshaft an. Sie hatte ein einfältiges, unfertiges Aussehen, ein rundes Gesicht, beeinträchtigt durch eine verdorbene, schwächliche Weichheit.
„Warm setzen wir nicht Lisshan an Migrus Stelle?” sagte sie, kicherte dann wieder, wobei sie unruhig von einem Fuß auf den anderen tänzelte.
„Ja.” Die Kipu stieß zurück. Ihre Nüstern blähten sich leicht; während sie ihren Abstieg in die Randbezirke der Gefühlsregung in Zaum hielt, schrieb sie schnell, riß dann das Blatt vom Block und schob es in eine Prägemaschine. Sie schlug den Hebel herunter, zog las Blatt heraus, schob es dann über den Tisch zu einer roten Wächterin hin; diese war älter, mit einem zerfurchten, harten Gesicht und kraus gelocktem grauem Haar. „Sukall.”
„Im, Rab’Kipu?”
„Bringt dies der Priesterin Harran.”
„Im, Rab’Kipu.” Sie stieß das stumpfe Ende ihrer Lanze zu Boden, wirbelte herum und hastete davon.
Die Kipu faltete die Hände und ließ ihr Gesicht zu einer eisigen Alabastermaske erstarren. Sie sprach langsam, wobei sie die flüssigen Silben über ihre Zunge rollte, als genieße sie deren Geschmack. „Es ist erledigt. Migru ist angewiesen, dir zu dienen.
Lisshan wird der Toten dienen.”
„Nein’ Asshruds Gesicht bebte in fleischiger Qual. Sie taumelte gegen den Tisch, als sie sich vor der Kipu aufbauen wollte; die mass;igen Tischfüße glitten kreischend mehrere Zoll über den Boden. ,,Nein. Ich verbiete es.”
Die Kipu lächelte. Ihre langen Reptilienfinger klopften sanft auf die Tischplatte, ordentliche, gerade Nägel klapperten dabei leise gegen das harte Holz.
„Er getört mir.” Asshrud richtete sich auf und wiederholte die Worte, versuchte Kraft in die schwankende Stimme zu legen. „Er gehört mir.” Aber das Feuer spielte vergeblich gegen die Ruhe der Kipu. Asshrud sah in ihrer bebenden Qual lächerlich aus. Sie wußte, daß sie lächerlich aussah, aber die Qual war echt. Aleytys spürte eine leichte Übelkeit in der Magengrube und blickte von der Szene weg.
Als sie vergessen in dem Hin und Her zwischen den beiden Nayids stand, verspürte sie plötzlich Mitleid mit Asshrud. Sie dachte an ihre eigene kummervolle Kindheit zurück und fühlte vage die Qual eines dicken, plumpen Kindes, das an einem Ort, wo alle anderen schlank und gutaussehend waren, zu abstoßendem Erwachsensein aufwuchs. Sich selbst zum Trotz verspürte Aleytys den Drang, zu besänftigen und zu beruhigen, aber der Dämpfer machte dies zunichte. Er ließ ihren Geist in Verwirrung davonwirbeln. Sie schloß die Augen, bis der Dämpfer ihr wieder gestattete, Aufmerksamkeit für die Szene vor sich zu erübrigen. Zum ersten Mal bemerkte sie den männlichen Nayid, der unsicher neben Asshrud stand.
„… hat ihn mir geschenkt. Ihr wißt es.” Asshrud tastete nach der Hand des Mannes, Tränen liefen über ihre dicklichen Wangen. Sie begann zu betteln. „Nehmt ihn nicht weg, Rab’Kipu. Bitte, nehmt ihn nicht weg … Mutter … Sie hat ihn mir geschenkt. Bitte … Lisshan gehört mir. Ich brauche ihn. Nein, tut es nicht …” Sie brach ab und schluchzte erbärmlich, ärgerlich.
„Könnt Ihr mir Eure Geschenkurkunde zeigen?” Die Nüstern der Kipu blähten sich wieder auf, und ihre dünnen Lippen preßten sich fest zusammen. „Sie hat Euch seine Dienste verwenden lassen, um Euer Gewinsel zu beruhigen, wann immer es ihr auf die
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