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Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Titel: Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikka Bender
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hassen diese, weil sie Arbeit machen, Nerven kosten und sich leider fast immer zu Recht beklagen. Sie selbst sollten die Übung sportlich nehmen, so geht Ihre gute Laune nicht verloren. Und überlegen Sie vielleicht einmal, Ihren nächsten Urlaub auf einem Campingplatz zu verbringen. In diesem Fall können Sie Ihr eigenes Zelt mitnehmen, nach Ihrem Geschmack einrichten und auch selbst kochen. Nur: Das internationale Publikum kann Ihnen da natürlich auch begegnen.

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    Gipfelstürmer stinken
Hüttenzauber in den Alpen

    W enn ich mich nachts ins Auto setze und ordentlich Gas gebe, dann sehe ich am Morgen nicht die Hohe Acht, sondern den Großvenediger. Für alle Nicht-Rheinländer und Nicht-Tiroler sei hier angemerkt, dass die Hohe Acht mit 747 Metern über dem Meeresspiegel der höchste Berg der Eifel ist und der Großvenediger mit 3666 Metern über dem Meeresspiegel immerhin der vierthöchste Berg Österreichs. Er ist ein Berg, sogar mit großem Gletscher, während die Hohe Acht kein wirklicher Berg ist, eher eine Geländeerhebung. Im Prinzip ist gegen die Hohe Acht nichts einzuwenden. Sie ist immerhin höher als die anderen Geländeerhebungen in der Eifel, und wenn man oben steht, könnte man sogar auf Kitzbühel, das sich ja mitten in Tirol befindet, hinunterschauen, das liegt nämlich niedriger. Es ist nicht die Höhe der Hohen Acht, die den Gedanken an einen Berg nicht zulässt, es ist ihr Aussehen. Sie ragt nicht in den Himmel, sie liegt einfach nur da, unendlich langweilig. Da haben unsere Nachbarn, die Österreicher, mehr zu bieten. Ihre Berge sind auch echte Berge. Und ich liebe Berge.
    Zweimal im Jahr muss ich hohe Berge sehen – und Paula. Paula ist 89 Jahre alt. Sie wohnt in Osttirol, im Virgental, zu Füßen des Großvenedigers. Bei ihr und ihren vier Kindern habe ich als Junge meine Schulferien verbracht. Sie hat unsere Rucksäcke gepackt, wenn wir Gipfel erstürmen wollten, sie hat unseren Fußball aus dem wilden Bergbach gefischt, wenn wir ihn hineingeschossen hatten, sie hat uns mit dem Stock jeden Sonntagmorgen in die Frühmesse gescheucht, bei ihr bekam ich zu Weihnachten, genau wie ihre vier Kinder, dicke Wollsocken geschenkt. Und sie hat uns heiße Ziegelsteine ins eiskalte Winterbett gelegt, das wir uns zu zweit teilen mussten. Für Paula war die erste bemannte Mondlandung 1969 Teufelswerk; dem Heiland hat der Mensch nicht ins Handwerk zu pfuschen, das war und ist ihre feste Meinung. Nie habe ich Paula ohne Schürze und Kopftuch gesehen, auch sonntags nicht. Da holte sie lediglich die gute Schürze und das gute Kopftuch hervor, das macht sie noch heute so. Ihr Mann war der Chef des örtlichen Fremdenverkehrsamts, der als Erster dafür sorgte, dass Touristen das obere Virgental als Sommerfrische nutzten. Er war, im Gegensatz zu Paula, ein stiller Mensch. Die Liebe zu den Bergen wurde mir als Rheinländer in die Wiege gelegt, ohne Paula und ihren Mann hätte sie meine vielen Jahre im Flachland vermutlich nicht überdauert.
    Nach durchfahrener Nacht fällt beim Anblick der ersten Alpenriesen alle Müdigkeit von mir ab. Die letzten Kilometer ins Virgental hinein steht vermutlich die pure Glückseligkeit in meinem Gesicht. Ich fahre bis zur letzten Siedlung, Hinterbichl, parke meinen Wagen neben einem kleinen Forstweg, und dann muss es schnell gehen, obwohl ich doch eigentlich alle Zeit der Welt habe. Ich ziehe kurze Hosen, T-Shirt und geländegängige Laufschuhe an, hänge mir ein Handtuch um den Hals, packe meinen Rucksack mit Proviant und warmen Zusatzklamotten – und los geht’s. Ein steiler Pfad windet sich in Serpentinen durch den Bergwald. Fast 400 Höhenmeter liegen vor mir, ich treffe keine anderen Wanderer, der Schweiß läuft ins Hemd und Handtuch. Die zehn Kilo auf dem Rücken spüre ich nicht, viel zu groß ist meine Freude, mich endlich wieder austoben zu können. Nach vierzig Minuten führt der Pfad aus dem Wald auf eine kleine Almwiese, und da liegt meine kleine Hütte. Früher wohnten hier im Sommer die Hirten und ihre Kühe, heute wohne ich hier. Ein Bauer im Tal vermietet mir das Juwel in den Bergen wochenweise. Alles ist aus schwarzem, verwittertem Holz, kleine Fenster lassen nur schummriges Licht in die große Küche, die gleichzeitig Wohn- und Schlafraum ist.
    Ich werfe meinen Rucksack auf die kleine Holzterrasse, hänge die durchgeschwitzten Sachen in die Sonne und wasche mich an der hölzernen Viehtränke, die unweit neben der Hütte steht und in

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