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Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Titel: Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikka Bender
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es war für indonesische Verhältnisse extrem kalt. In knapp 2000 Metern Höhe hilft der nahe Äquator wenig. Die Höhe bringt die Kälte. Noch mitten in der Nacht waren wir aufgestanden und mit einem Minibus bis in den Ort Ngadisari gefahren. In einer kleinen Hütte hatten wir Tee getrunken, danach gab es keinen Aufschub mehr. Unser Ziel war der Vulkan Bromo, dazu mussten wir aber erst in völliger Finsternis ein paar Kilometer in Richtung Bromo wandern. Jetzt graute der Morgen, und endlich standen wir am Rand einer riesigen Caldera, die vor Millionen von Jahren durch eine gewaltige Explosion entstanden ist. In diesem Urkrater hatte es dann in der Vergangenheit zwei neue Vulkanausbrüche gegeben, wodurch die Teenager Bromo und Batok entstanden. Der Bromo ist gut 2300 Meter hoch und immer noch extrem aktiv, wie es sich für einen jugendlichen Vulkan gehört.
    Wir wanderten weiter durch die Caldera, die die Einheimischen «Sand Sea» nennen. Besser hätte man es nicht sagen können. Es ist eine Landschaft, die man im tropischen und immer grünen Indonesien niemals erwartet. So waren wir auf einmal umgeben von vegetationslosen Sandflächen in unterschiedlichen Farbschattierungen, mal schwarz, mal rot, mal gelb. Klingt fast wie die Fahne der Bundesrepublik Deutschland, wobei meine Vorstellung eher in Richtung Mondlandschaft ging.
    Ich blieb in der Nähe von Susanne und Karl, die beiden Österreicher waren langsamer als der Rest der Gruppe. Das lag besonders an Karl. Er war Anfang sechzig, ein hagerer Mann mit schütterem, grau-blondem Haar. Eigentlich sah er viel älter aus, fast schon gebrechlich. Susanne, seine Frau, war eindeutig jünger, Anfang vierzig. Eine dynamische, gutaussehende Person, auch wenn sie ein paar Kilos zu viel mit sich herumschleppte. Sie lebten in Salzburg, wie sie mir erzählt hatten, Karl arbeitete als Anwalt, Susanne als Chefsekretärin bei einer großen Möbelspedition.
    Eine schier endlose Steintreppe mit vielen hundert Stufen führte aus der Caldera hinauf bis an den Kraterrand des Bromo. Beißender und stinkender Schwefeldampf empfing uns. Der Regen hatte aufgehört, aber Nebel hüllte die kahle Landschaft in ein kaltes Licht. Aus dem Schlund des Kraters stieg in Sekundenabständen mal dunkler, mal gelblicher Dampf empor, der sich über uns mit den Wolken und Nebelfetzen vereinigte. Wir standen am schmalen Rand und sahen direkt in die Hölle. Auch wenn ich den Anblick von früheren Touren her kannte, faszinierte und beängstigte er mich auch jetzt wieder – zu gleichen Anteilen.
    Auf den Sonnenaufgang über dem Sandmeer zu warten war sinnlos. Das hätte schön sein können, aber die Suppe aus Wolken, Nebel und Dampf war viel zu dick. So traten wir den Rückweg an, immerhin lag noch ein Fußmarsch von zwei Stunden vor uns. Doch auf einmal machte Karl schlapp. Susanne hatte mir am Vorabend gebeichtet, ihr Mann hätte von seinem Hausarzt nur grünes Licht für diese Reise bekommen, weil er hoch und heilig versprochen hatte, sich möglichst zu schonen und vor allem nicht zu rauchen. Er hätte ein schwaches Herz und eine angeschlagene Lunge. Ich hatte zugehört und mich geärgert, dass ich mit Karl schon die eine oder andere Zigarette geraucht hatte. Susanne hatte uns nicht davon abgehalten, wahrscheinlich konnte sie ihrem Mann einfach nichts verbieten. Die beiden waren überhaupt ein ungewöhnliches Paar, ständig hielten sie sich an der Hand, eng aneinandergeschmiegt, tauschten Küsse aus. Die anderen Gruppenteilnehmer fanden das befremdlich und zogen die beiden immer wieder mit ihrer «Kuschelei» auf. Dabei verband die zwei nur eine ziemlich große Liebe, und die zeigten sie auch.
    Jetzt aber keuchte Karl vor sich hin, schaffte kaum die Steintreppe in die Caldera hinunter. Immer wieder musste er haltmachen und nach Luft ringen. Der Schwefeldampf hatte ganz offensichtlich eine Asthmaattacke bei ihm ausgelöst. Während die anderen vorausgingen, blieb ich auch jetzt bei Karl und Susanne. Nach der langen Treppe mussten wir durch tiefen Sand gehen, für den Anfang Sechzigjährigen war das offensichtlich eine Qual. Alle fünf Meter musste er stehenbleiben und nach Luft ringen. Wir kamen nur unendlich langsam voran. Es war fraglich, ob er so den Bus erreichte, der in Ngadisari auf uns wartete. Als ein einheimischer Bergführer uns mit seiner Gruppe überholte, sah ich, dass er ein Maultier hinter sich herzog. Es diente wohl als Gepäckaufbewahrung vor dem Aufstieg zum Bromo, jetzt jedenfalls

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