Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle
schritt es ohne Lasten voran, und die Rucksäcke befanden sich dort, wo sie hingehörten – auf den Rücken der Vulkanbesucher.
«Kann ich das Tier ausleihen?», fragte ich den Bergführer auf Englisch. «Einer aus meiner Gruppe hat Atemnot.»
Der Mann hatte uns wohl schon beobachtet, wie schwerfällig und mühsam wir nur durch den Sand kamen, denn er willigte sofort ein.
Zusammen hievten wir Karl auf das Maultier – es war geradezu ein biblisches Bild, wie wir zusammen gleichsam in einer Karawane durchs Sandmeer zogen.
In Ngadisari warteten die anderen schon auf uns. Es kam diesmal aber kein Spott über die Lippen, als Susanne und Karl, sich enghaltend, den Minibus bestiegen. Wir fuhren nun etwa zwei Stunden bis zum Höhenluftkurort Tretes, in dem reiche Indonesier auf 800 Metern Meereshöhe Sommerurlaub machen.
Auf der Fahrt nahm ich mir Karl vor: «Du musst eine Entscheidung treffen. Willst du sofort zurückfliegen, damit du in Salzburg gut versorgt werden kannst, oder willst du weiter mitfahren? Du musst wissen: Auf dieser Tour ist Schonung nur bedingt möglich. Wir haben noch zweieinhalb Wochen vor uns, mit mehr als zehn Inlandflügen. Wenn das alles nur eine Qual für dich wird, sollten wir jetzt die Reißleine ziehen.»
Es gehörte zu meinem Job, auch immer wieder die Aufgaben eines Krankenpflegers zu übernehmen. Hier ein verstauchter Fuß, für den ich eine Bandage besorgen musste, dort ein ruinierter Magen, den man einzig mit Haferschleim beruhigen konnte. Von den Durchfallerkrankungen will ich gar nicht reden. Das war alles normal. Doch bei Karl hatte ich die Sorge, dass meine begrenzten medizinischen Kenntnisse nicht ausreichten.
«Ich weiß, dass ich wieder auf die Beine komme», gab mir Karl zur Antwort. «Mir ging’s schon mal viel schlechter. Diese Rundreise ist mein Lebenstraum, seit vielen Jahren. Ich habe Dutzende Bücher über die Völker auf den verschiedenen Inseln gelesen, jetzt will ich auch dahin!»
«Dann suchen wir aber in Tretes einen Arzt auf und lassen dich checken», warf Susanne ein.
Karl nickte. Fürs Erste war ich beruhigt.
Tretes ist ein Ort mit luxuriösen Villen, blühenden Gärten und kleinen Alleen, in einer solchen Umgebung war es nicht schwierig, einen Mediziner zu finden. Der hörte Karl ab, prüfte Puls und Blutdruck, sah sich sein Asthmaspray an und verordnete dem Patienten am Ende Ruhe. Eine sofortige Rückreise hielt er aber nicht für erforderlich.
Karl war total erleichtert. «Mikka, ich habe dir ja gesagt, ich schaffe das. In zwei Tagen bin ich wieder fit, ich werde es dir zeigen!» Ich habe mich mit Karl über die Diagnose des Arztes gefreut. Sein Wohlergehen lag mir am Herzen, aber wichtig war für mich auch, dass die Tour planmäßig weiterlaufen konnte.
So organisierte ich nun den Transport zum Flughafen Surabaya an der Nordküste Javas, und gemeinsam flog meine Truppe am frühen Nachmittag nach Denpasar, eine Stadt im Süden der Insel Bali. Unser Hotel war das Grand Bali Beach Hotel in Sanur, etwa zwanzig Kilometer vom Flughafen entfernt. Hier konnte Karl zu Kräften kommen.
Das Paar aus Salzburg bekam ein Zimmer im Haupthaus, im siebten Stock. Ein Deutsch sprechender Arzt kümmerte sich nun um Karl, und Susanne erklärte ich, dass ich am nächsten Morgen mit den anderen für zwei Tage auf die Nachbarinsel Lombok fahren würde. «So hat Karl Zeit, sich zu erholen. Und wenn er wieder auf dem Damm ist, sind wir beim nächsten Inselhopping nach Celebes wieder komplett», fügte ich hinzu. Auf Susannes Gesicht war Erleichterung zu erkennen.
Am Abend besprach ich mit dem Rest der Gruppe das Programm für den nächsten Tag, Susanne und Karl sahen wir nicht mehr.
Am nächsten Morgen fuhren wir in den Osten von Bali. In Padangbai bestiegen wir die Fähre nach Lombok und überquerten die berühmte «Wallace-Linie», die die Tier- und Pflanzenwelten von Asien und Australien trennt. Der britische Naturforscher Alfred Russell Wallace hatte in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts die indonesische Inselwelt erforscht und herausgefunden, dass kein Tier, das in Asien heimisch war, jemals die Wasserstraße zwischen Bali und Lombok überquert hatte. Genauso hatte es nie ein Lebewesen aus dem australischen Raum geschafft, von Lombok aus weiter nach Westen vorzudringen. Was traurig war, denn der mittlerweile ausgestorbene Bali-Tiger hatte es nie geschafft, bis nach Lombok zu kommen, und für die australischen Beuteltiere war auf ihrem Weg nach Westen auch
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