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Isabelle

Isabelle

Titel: Isabelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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seltsamen Gefühls, das sie heute Morgen schon verspürt hatte und das jetzt verstärkt wie derkehrte, nämlich, dass dieser Mann wichtig für sie war und sie einen Entschluss fassen musste. Glücklicherweise hatten alle viel zu tun, und niemand achtete auf sie, so dass ihre Verwirrung nicht weiter auffiel.
    Sie traute sich nicht, zu ihm hinzugehen und ihn zu fragen, ob er noch etwas bestellen wolle, obwohl er sei nen Kaffee schon längst ausgetrunken haben musste. Sie winkte Eelco zu, er solle mal zur Weideland-Seite hinü bergehen, und sah, wie er bei dem Mann stehen blieb und das leere Kaffeetablett mitnahm. Kurz darauf brachte er ihm ein Mineralwasser mit Zitrone.
    Er wartet auf mich, dachte sie.
    Isabelle sah, wie die Bremer-Schwestern das Lokal betraten und in die Küche gingen, um noch rasch etwas zu essen und sich umzuziehen, bevor sie um sechs Uhr Isabelle und Letty ablösen würden.
    Letty kam hinter den Tresen und stellte sich neben sie. »Tisch sechs. Na, wie steht’s mit dem Ehering?«
    »Frag ihn doch selber«, antwortete Isabelle ziemlich spitz und tippte die Codes für die Rechnung der beiden Fahrer an Tisch sechs ein.
    »Er hat doch nach dir gefragt. Hat er denn gar nichts gesagt?«
    Isabelle schüttelte den Kopf.
    »Vielleicht ist er Privatdetektiv«, meinte Letty. »Er hat so einen Blick, dem nichts entgeht. Aber sein Anzug ist zu teuer dafür. Wollen wir heute Abend hier essen?«
    Die Frage brachte Isabelle durcheinander, weil sie wie der das unwirkliche Gefühl hatte, dies sei kein Tag für die normale, alltägliche Routine. Letty war ihre einzige Freundin, und sie fühlte sich schuldig, weil sie ihre Ge fühle vor ihr verheimlichte. Letty war Optimistin, aber vor allem war sie überaus praktisch veranlagt, und man konnte jederzeit auf sie zählen. »Gut, machen wir.« Isa belle errötete fast, als sie das sagte.
    Letty bemerkte ihre Verwirrung nicht. Sie nahm Isabelle die Rechnung aus der Hand und ging damit rasch zu den Fahrern. Isabelle nahm das Telefon und rief ihre Tante an, um ihr Bescheid zu sagen, dass sie im Restaurant essen würde. Das tat sie oft, in erster Linie um die bedrückende Stille in dem altmodischen Haus, allein mit ihrer Tante, zu vermeiden.
    »Schade«, sagte Tante Maran. »Ich habe frischen Fisch vom Markt mitgebracht. Wann kommst du denn nach Hause?«
    »Weiß ich noch nicht.«
    »Du hörst dich irgendwie komisch an. Hast du was?«
    »Tante Maran, ich muss jetzt auflegen.«
    »Ich mache mir immer Sorgen, wenn ich nicht weiß, wo du bist.«
    »Ich komme nach Hause, bevor es dunkel wird«, versprach Isabelle und legte den Hörer auf.
    Der Mann saß immer noch dort. Er machte keine Anstalten zu zahlen oder etwas zum Essen zu bestellen. Er wartete auf sie.
    Isabelle schaute auf die Wanduhr. Zehn vor sechs.
    Sie fühlte sich von ihm angezogen. Sie stand von ihrem Hocker auf, ging hinüber zur Seite mit Blick auf die Weiden und blieb neben seinem Tisch stehen.
    »In zehn Minuten habe ich Feierabend«, sagte sie. Ihre Stimme zitterte ein wenig.
    »Ich heiße Ben«, sagte er und schaute sie an. Er wirkte genauso durcheinander wie sie. »Ich möchte nicht … ich meine, vielleicht hast du etwas anderes vor oder musst nach Hause …«
    »Ich muss nirgendwohin«, antwortete sie.
    Er blickte an ihr vorbei ins Restaurant. »Ich warte auf dem Parkplatz«, sagte er. »Ist dir das lieber?«
    Sie nickte und verließ rasch seinen Tisch.
    Am Tresen fiel ihr ein, dass er wahrscheinlich hatte bezahlen wollen. Sie hielt nach Letty Ausschau, die gerade in der äußersten Ecke an der Straßenseite Bestellungen aufnahm. Isabelle zog rasch ihre Handtasche unter dem Tresen hervor und eilte in den Umkleideraum. Sie zog ihre Dienstkleidung aus, einen dunkelvioletten Rock und eine etwas hellere Bluse, stopfte sie in ihren Schrank und schlüpfte rasch in ihre eigenen Kleider. Sie schloss ihren Schrank und trat durch die Angestelltentür in den Eingangsbereich.
    Dort blieb sie stehen. Durch die Glasscheibe sah sie, wie Ben zur Kasse ging. Eelco stand am Computer.
    Isabelle lief schnell die Treppe hinunter. In der Damentoilette war niemand. Sie wusch sich die Hände, öffnete ihre Tasche und holte den Lippenstift heraus. Sie schminkte sich selten, trug nur manchmal ein wenig Lippenstift auf, in einem weichen Geranienrot, und hin und wieder einen Hauch von Lidschatten.
    Sie zog ihre Lippen straff. Sie sah nicht besonders gut aus, war eher mollig als schlank, hatte volle Lippen und Augen, die ein bisschen

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