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Isabelle

Isabelle

Titel: Isabelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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bedrucktem Papier. Eine Frau stand daneben, mollig und selbstsicher, in einem dunklen Kleid mit Perlenkette. Sie hatte ein etwas grob geschnittenes Gesicht, trug eine Brille mit Schmetterlingsgestell und eine violette Locke im blondierten Haar. Max schätzte sie auf etwa Mitte vierzig.
    »Meneer Winter?« Sie reichte ihm die Hand. »Marleen De Goede.« Max gab ihr seine Karte. Stirnrunzelnd schaute sie ihn an. »Wollten Sie nicht zu Didier?«
    »Ja, aber wo ich nun mal gerade hier bin … Ich brauchte noch ein paar Hintergrundinformationen.«
    Sie reagierte zurückhaltend. »Über Didier?«
    »Eigentlich mehr über seinen Vater. Wir ermitteln im Zusammenhang mit seinem Testament, ich nehme an, dass Sie darüber Bescheid wissen?«
    »Ja, natürlich. Ich weiß, dass andere Erben genannt wurden und dass diese verstorben sind. Ich sehe nicht so recht ein …«
    »Hätte es Ihnen ernsthafte Probleme bereitet, wenn es die Erben gegeben hätte?«
    Mit festem Blick erwiderte sie: »Nein, keineswegs. Im Gegenteil. Wir versuchen schon seit einiger Zeit, Didier seinen Anteil an der Firma abzukaufen, das ist kein Geheimnis.«
    »Es wäre also von Vorteil für Sie, wenn Didier durch andere Erben dazu gezwungen wäre zu liquidieren?«
    Sie gab ihm keine Antwort, aber die Sache war deutlich genug.
    Sie bedeutete ihm, sich auf einen der lederbezogenen Stühle am Konferenztisch zu setzen, und nahm ihm schräg gegenüber Platz.
    »Ich habe ihn noch nicht kennen gelernt«, sagte Max. »Was ist er für ein Mensch?«
    »Warum fragen Sie mich das?«
    »Sie betreiben gemeinsam ein Geschäft, Sie kennen ihn.«
    Sie nickte steif.
    Max lächelte. »Warum wollen Sie ihn denn so unbedingt auszahlen?«
    Marleen schüttelte den Kopf. »Sie können doch nicht von mir erwarten, dass ich über meinen Partner herziehe. Deswegen sind Sie doch nicht gekommen?«
    »Alles kann mir weiterhelfen«, sagte Max. »Was ich hauptsächlich wissen möchte, ist, was sich in Raymonds Jugend abgespielt hat und warum er im letzten Moment sein Testament geändert hat.«
    Sie seufzte. »Ich glaube, darüber sollten Sie besser mit meinem Vater reden. Er hat Raymond sein ganzes Leben lang gekannt.«
    »Lebt Ihr Vater hier in Antwerpen?«
    »In Wijnegem, das liegt nur ein kleines Stückchen außerhalb, an der Turnhoutsebaan. Ich kann ihn gerne anrufen. Möchten Sie gleich zu ihm hinfahren?«
    »Wenn das so ohne weiteres möglich ist.«
    Sie lächelte wehmütig. »Er hat Zeit genug. Meine Mutter liegt im Krankenhaus, sie wird an der Hüfte operiert, deshalb ist er im Moment allein zu Hause.«
    Draußen fiel kalter Regen, unterbrochen von weißen Hagelschauern, doch im Wintergarten von Damiaan De Busselaer herrschte subtropische Hitze zwischen den exotischen Pflanzen, die zu den Fenstern und dem Licht hin wucherten und die die Sicht auf die Rasenflächen, die Bäume und den Verkehr auf der Allee so gut wie ganz verdeckten. Die Hausangestellte hatte Max von seinem Mantel erlöst, bevor sie ihn bat, auf einem niedrigen Gartenstuhl gegenüber dem alten Herrn Platz zu nehmen, aber nachdem sie die Begrüßung einmal hinter sich hatten, zog Max auch sein Sakko aus und lockerte die Krawatte.
    »Meiner Frau ist immer kalt. Meistens sitzt sie hier.« Der alte Mann klopfte auf die Armlehnen seines Rattansessels, der mit dicken geblümten Gartenstuhlkissen ausgepolstert war. Er sah gesund aus für sein Alter, fleischig und rosig, so gut wie kahl, mit schlauen Augen. Er war ein wenig kurzatmig, und hin und wieder kam ein leises Pfeifen aus seinen Lungen. In seiner Reichweite stand auf der Glasplatte eines Rattantischs ein Zigarrenkistchen aus Holz, daneben ein Aschenbecher, ein Humidor, ein goldener Zigarrenschneider und Streichhölzer.
    »Ihre Tochter hat mir erzählt, dass Ihre Frau im Krankenhaus liegt. Ich hoffe, es ist nichts Ernstes?«
    »Nein, nichts Ernstes. Nur der natürliche Alterungsprozess. In einer Woche kommt sie nach Hause, dann hält die Hüfte wieder ein halbes Jahr, und dann kommt das Nächste, die Lungen, das Herz, Rheumatismus. Das geht uns allen so. Ich sollte eigentlich auf meine Zigarren verzichten, aber ich glaube nicht, dass das noch viel ausmacht. Diese ganze Wohngegend ist mehr oder weniger ein verkapptes Altersheim für wohlhabende ältere Leute.
    Wenn es dir hier zu warm ist, können wir gerne woanders hingehen. Sag ruhig Damiaan zu mir, wir tun hier nicht so vornehm.«
    »Ich heiße Max.«
    Damiaan nahm sich eine Zigarre. »Schlecht für die Pflanzen«,

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