Isarbrodeln
nach München zu kommen. Und Papa hatte auch noch gemeint, dass sie sich keine Gedanken machen solle. Er würde ihr bei dem ganzen Papierkram helfen und dafür sorgen, dass der Mörder bestraft wird. Sie glaubte ihm das. Aber Max hatte auch versprochen, den Kerl zu schnappen. Und sie hatte ihm versprochen, ihn anzurufen, falls ihr etwas Wichtiges einfallen sollte. Was war das noch gleich, um das er sie gebeten hatte? Ach, ja. Sie solle nachdenken, welche Feinde Giovanni gehabt haben könnte. Wenn das so leicht zu sagen wäre. Er war einer dieser seltenen Menschen gewesen, die sich nahezu mit jedem anderen gut verstehen. Keiner, der einen Streit anfing. Außer man machte ihm ungerechtfertigte Vorwürfe. Oder es wollte ihn jemand erpressen oder bestehlen. Da konnte er richtig ärgerlich werden. Moment mal, fiel es ihr jetzt ein. Er hat mir doch immer erzählt, dass so viele andere Gastwirte auf sein Rezept mit der feurigen Pizza scharf wären. Und weil einer von ihnen einmal gar nicht mehr aufhören wollte, ihn damit zu nerven, ist er schließlich voll ausgerastet und hat den Burschen als Nichtsnutz und faulen Schnorrer beschimpft. Das muss vor ein paar Wochen gewesen sein. Heilige Madonna. Den Namen des Wirtes habe ich vergessen. Oder? Nein, doch nicht, es war doch … dieser … äh … Luigi. Ja, so hieß er. Luigi. Der Wirt vom ›Da Luigi‹ in der Innenstadt. Aber bringt man wegen so etwas gleich jemanden um? Eher nicht. Oder doch? Wer weiß? Ich kann Max ja morgen mal anrufen und es ihm sagen. Oder soll ich es gleich tun?
»Das ist bestimmt besser, bevor ich es noch vergesse«, murmelte sie halblaut vor sich hin.
Sie holte das schnurlose Telefon vom Tresen und wählte Max’ Handynummer.
»Raintaler!«
»Max? Clara hier. Ich höre dich sehr schlecht. Bist du in einem Lokal?«
»Moment, Clara. Ich gehe vor die Tür. So. Ist es jetzt besser?«, fuhr er kurze Zeit später fort. »Ich bin jetzt draußen.«
»Ja. Etwas besser. Man hört nur noch die lauten Autos. Sag mal. Du hast doch gesagt, ich soll dir Bescheid sagen, wenn mir was einfällt.« Sie bemühte sich laut und deutlich zu sprechen, damit er sie auf jeden Fall verstand.
»Na klar. Schieß los, Clara!«
»Also, es ist so, dass Giovanni, wenn überhaupt, eigentlich nur wegen seines Geheimrezeptes für die feurige Pizza manchmal einen Streit gehabt hatte. Mit einem italienischen Gastwirt hier aus München sogar einen sehr heftigen. Giovanni hat den Mann beschimpft und beleidigt. Er hat es mir danach erzählt. Das Ganze muss vor ein paar Wochen gewesen sein. Anfang April herum. Der Mann heißt Luigi und besitzt das ›Da Luigi‹ in der Innenstadt. Nicht weit vom Marienplatz«.
»Und das ist alles?«
»Das ist alles.« Wieso fragt er nur so komisch? Als wäre das nichts. Kann doch gut sein, dass dieser Luigi meinen geliebten Giovanni wegen des Rezepts umgebracht hat.
»Okay, Clara. Ist notiert. Paolo hat gestern etwas Ähnliches erwähnt. Mag sein, dass an dieser Pizzaneidsache was dran ist. Wer weiß? Obwohl mir das Ganze als Motiv doch reichlich schwach erscheint. Auf jeden Fall danke ich dir, dass du gleich angerufen hast. Wenn dir sonst noch was einfällt, ich bin Tag und Nacht für dich da. Okay?«
»Okay, Max.« Sie zuckte mit den Achseln. Na gut. Wenn er meint, dass der Streit mit Luigi kein Grund für einen Mord ist. Mir soll’s recht sein. Er ist der Polizist. Vielmehr Expolizist. Er wird schon wissen, was er tut.
»Wie geht es dir überhaupt?« Seine Stimme klang einfühlsam und besorgt.
»Nicht gut. Etwas besser, aber nicht gut, Max.« Sie bemühte sich, nicht schon wieder zu weinen.
»Das ist doch kein Wunder. Aber Kopf hoch. Das wird schon wieder. Du musst schließlich noch ein paar Jahre weiterleben. Und das so gut wie möglich. Du bist noch jung. Mach’s gut, Clara.«
»Ja, Max. Da hast du wohl recht. Danke. Tschau.« Gott sei Dank habe ich so einen guten Freund wie den Max. Und den Mörder von meinem Giovanni findet er bestimmt auch. Da bin ich mir ganz sicher. Er ist keiner, der schnell aufgibt, dachte Clara, nachdem sie aufgelegt hatte.
15
Max kehrte zu Annika zurück. Bis sein Handy geläutet hatte, hatten sie zuvor noch Bayrischcreme als Nachspeise gehabt und sich dabei weiterunterhalten. Vor allem Max hatte geredet. Über Giovanni. Und über Freundschaft im Allgemeinen. Die Themen ›andere Frauen‹ und ›Exmänner‹ hatte er bewusst nicht mehr auf den Tisch gebracht, und so war es sogar noch richtig nett
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