Isarbrodeln
sich selbst noch mal den Schmutz von der Hose und den Ellenbogen.
»Hast du dir wehgetan, Max?«, erkundigte sich Annika besorgt.
»Ja, mein Bein tut weh. Aber ich glaube, es ist kein Bruch.«
»Das glaube ich auch nicht. Sonst würdest du kaum so gerade vor uns stehen.«
»Mag sein. Es tut aber trotzdem beschissen weh.« Er hatte sich die ganze Zeit über gefragt, wie gravierend die Verletzung an seinem Oberschenkel wohl war. Aber nachdem er das Bein immer noch einigermaßen belasten konnte, ging auch er jetzt eher von einer geringeren Verletzung aus. Wahrscheinlich eine einfache Prellung, wie er sie beim Fußball schon etliche Male gehabt hatte. Obwohl man da natürlich nie so ganz sicher sein konnte. Und diesmal tat es schon besonders weh. Na ja. Man würde schon sehen. War halt einfach Pech, so was. Konnte man nichts machen. Augen zu und durch. Was soll’s? Zur Not konnte man immer noch zum Arzt gehen. Oder in die Klink.
Der weißhaarige Herr in der bunten Radlertracht hatte seinen schnellen Drahtesel auf etwaige Beschädigungen überprüft und wollte gerade aufbrechen, als Max ihm auf die Schulter klopfte.
»Darf ich Sie zum Dank fürs Fahrradleihen auf ein Bier einladen?«, fragte er ihn, bevor er wieder aufsteigen konnte.
»Nein, danke. Sehr freundlich, junger Mann. Aber mit dem Bier habe ich es nicht mehr so. Früher ja. Da war ich jeden Tag in der Wirtschaft und jedes Jahr auf der Wiesn. Aber jetzt hat mir der Arzt Wasser und Bewegung verordnet.« Er deutete ein paar Schwimmbewegungen an und zeigte dann auf sein Rad.
»Na, dann werden Sie doch ein Fisch«, scherzte Max. »Nein, Schmarrn. Bloß ein blöder Witz. Ich danke Ihnen auf jeden Fall noch mal recht sakrisch fürs Ausleihen. Gute Fahrt.«
»Bitte. Danke. Auf Wiederschauen!« Weg war er.
Max bot Annika seinen Arm an.
»Mike und Jane sind an unserem Tisch. Wollen wir uns noch eine Weile zu ihnen setzen?«, fragte sie ihn, während sie sich bei ihm unterhakte.
»Willst du denn?«
»Ich finde die beiden eigentlich ganz nett.«
»Na dann nichts wie los. Ein schönes Weißbier kann uns nach der ganzen Aufregung bestimmt nicht schaden.« Max hatte wirklich Durst. Kein Wunder.
»Das glaube ich auch«, stimmte sie zu. »Aber bevor wir gehen, muss ich dich noch was fragen. Dieser Kerl mit dem Hund muss dich doch gekannt haben. Und mich dann auch. Und er muss gewusst haben, dass wir zusammen hier sind. Und mir hat er dann diese Drohung aufgetragen, damit du Angst bekommst. Stimmt’s?«
»Könnte so gewesen sein. Keine Ahnung. Auf jeden Fall hat er uns wohl am Dienstag zusammen in der ›Bar Verona‹ gesehen.«
»Wie kommst du darauf?«
»Ich hatte vorgestern dort mit meinem Exkollegen von der Kripo zusammen eine Schlägerei mit ihm und seinen Freunden.«
»Bist du hinter ihm her?«
»Natürlich. Sein Hund hat zum letzten Mal eine schöne Blonde aus dem Norden gekratzt.«
»Ich meine, bist du ohnehin hinter ihm her?« Sie ignorierte seinen Ablenkungsversuch.
»Ja, klar. Wegen der Schlägerei und wegen Mordverdacht.« Max setzte ein ernstes Gesicht auf.
»Okay. Dann ist es zurzeit gefährlich an deiner Seite?«
»Wieder ja.«
»Na gut. Das wollte ich nur wissen.« Sie sah ihn lange ernst an, drehte sich um und stiefelte los.
Hatte sie etwa Angst? Wahrscheinlich. Vielleicht hatte sie ihre Abneigung gegenüber Polizisten ja auch zu Recht. Ungefährlich war es auf keinen Fall an deren Seite. Bevor sie zu dem jungen Musiker und seiner Freundin an den Tisch zurückkehrten, gingen beide noch kurz auf die Toilette. Auf dem Weg bemerkte er, dass sein Bein doch ganz schön wehtat. Hoffentlich war es bis Sonntag wieder besser. Das Gedenkspiel für seinen Freund Giovanni ließe er sich wirklich nur sehr ungern entgehen.
Mike und Jane winkten ihnen von einem Tisch direkt beim Wasser aus zu, als sie sie kommen sahen.
»Ist einfach schöner hier am See«, meinte Mike, während sich die beiden Verletzten zu ihnen setzten. »Wieso humpelst du jetzt auch, Max?«
»Fahrradunfall.«
»Aha. Schöne Scheiße. Und dann auch noch der Finger. Kannst du damit eigentlich Gitarre spielen?«
»Im Moment eher schlecht.«
»Okay. Zum Trost für alle hole ich auf der Stelle was zu trinken. Weißbier?«
»Ja, gerne.«
Das nenne ich doch mal nett. Der scheint echt in Ordnung zu sein, mein Musikerkollege. Und Geld scheint er auch zu haben. Wo die meisten Musiker doch sonst immer pleite sind.
»Bitte, gerne, danke.«
Annika schenkte Mike ein dankbares Lächeln
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