Isarbrodeln
für sein großzügiges Angebot. Er stand schnell auf. Und bekam die Bierbank, die daraufhin wie eine Wippe in die Höhe schnellte, fast ins Gesicht. Jane, die am äußersten Ende der Bank, mit dem Schwerpunkt außerhalb der Stützen, gleich beim Wasser gesessen hatte, rutschte seitlich von der jetzt fast senkrecht stehenden Sitzgelegenheit ab, stolperte mit ihren hohen Plateausohlen über die Uferbefestigung und plumpste wie ein tollpatschiger Hund auf Entenfang kopfüber ins flache Nass.
»Was war denn das?«, quietschte sie laut, als sie wie eine frisch geduschte Meerjungfrau wieder aus den gut zwanzig Zentimeter hohen Fluten emportauchte. »Herrje, Mike. Kannst du nicht Bescheid sagen, bevor du aufstehst?« Dann musste sie lauthals lachen.
»Oh, Gott, Süße!«, rief Mike, der momentan überhaupt nicht wusste, wie er reagieren sollte. Er stand einfach nur da und staunte seine klatschnasse Freundin wie eine außerirdische Erscheinung an.
»Du solltest ihr da wieder raushelfen«, schlug ihm Annika vor und grinste. »Das Wasser ist noch zu kalt zum Baden.«
»Ja, finde ich auch. Das solltest du wirklich tun, Mike.« Auch Max konnte sich einen aufkeimenden Lachkrampf nur schwer verbeißen. Wahrscheinlich hat sie das Gras, von dem sie vorhin geredet hat, nicht alleine geraucht, so bedeppert wie ihr Freund gerade ausschaut, sagte er sich.
Keine fünf Sekunden später erwachte Mike wieder aus seiner Erstarrung.
»Bleib, wo du bist! Ich komme, Jane!«, rief er und stolperte theatralisch durch das knöcheltiefe Nass auf seine Liebste zu.
»Mein Retter. Ich danke dir!«, rief Jane ebenso theatralisch zurück und ließ sich von ihm auf die Arme nehmen.
Er trug sie zur Mitte ihrer Bierbank, die inzwischen längst wieder auf allen vieren stand. Dann setzte er sie vorsichtig ab.
»Möchtest du mein Sweatshirt, Jane?«, fragte Annika, nachdem sie alle gemeinsam fertiggelacht hatten. »Ich habe ein warmes Hemd drunter.«
»Das wäre äußerst edel von Ihnen, liebste Freundin«, alberte Jane weiter. »Nicht dass ich noch erfriere. Also so was. Da hast du mich aber ganz schön nass gemacht, Mike. Und dich auch!«
Brüllendes Gelächter folgte und wollte sich gar nicht mehr beruhigen. Was für ein Nachmittag. Das erleben manche Leute in einem Jahr nicht, was hier heute alles abgeht, dachte Max. Er ließ Mike sich um seine Freundin kümmern und humpelte Bier holen. Als er mit einem Tablett voller Weißbiergläser zu ihnen zurückkam, lagen Janes Sachen und Mikes Hemd sauber auf dem Nachbartisch ausgebreitet in der Sonne. Sie hatte nur ihr Höschen und Annikas Sweatshirt anbehalten. Er saß mit freiem Oberkörper da und zeigte der Welt dabei seine zahlreichen Tätowierungen.
»Ja, ja, die Leute aus dem Showbusiness. Immer müssen sie auffallen. Egal, wo sie hinkommen«, schimpfte Max laut im Scherz, während er sich setzte, und löste damit die nächste Lachsalve aus. Na, das kann ja noch ein heiterer Nachmittag werden, dachte er dann und trank einen großen Schluck Weißbier. Wann habe ich eigentlich das letzte Mal so gelacht? An Monis Geburtstag, als wir mit Giovanni und Clara den Champagner getrunken haben. Giovanni konnte nämlich nicht nur verdammt gut kochen, er war auch ein begnadeter Witzerzähler. Bühnenreif. Sein Handy läutete.
»Max? Franz hier«, meldete sich sein Exkollege, als er abhob. »Ich habe leider schlechte Nachrichten. Der Kerl ist uns am Marienplatz entwischt. Er hat seinen Hund einfach laufen lassen und ist in die andere Richtung abgehauen. Die Männer von der U-Bahnwache meinten, sie hätten noch nie einen so schnellen Läufer verfolgen müssen.«
»Logisch. Weil die alle vor lauter Muskelpaketen nicht mehr rennen können. Herrschaftszeiten, Franzi. Da bleibt uns langsam wirklich bloß noch die Hoffnung auf einen Glücksfall.« Max grinste grimmig.
»Nicht ganz, Max. Der Boss der Bande sagt zwar immer noch nichts. Aber ich knöpfe mir gleich mal den Kleinen vor, diesen Marco mit der Zahnlücke aus der ›Bar Verona‹. Stehe gerade schon davor. Wer so viel weiß, wie der gewusst hat, der weiß auch noch mehr. Es bleibt also spannend.«
Franz klang wie jemand, der sich seine Zuversicht durch nichts auf der Welt nehmen lassen würde. Und Max war froh darüber. Franz’ Optimismus hatte ihn schon früher zu ihren gemeinsamen Bürozeiten immer mitgerissen. Vor allem dann, wenn der kleine, dicke Hauptkommissar seinen liebsten Spruch gebracht hatte. Nämlich dass sie, egal wie schwer es werden
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