Isarbrodeln
Aber so zickig wie zurzeit hat er sich noch nie aufgeführt. Wegen nichts und wieder nichts. Hat es etwa mit Giovannis Tod zu tun? Oder liegt es wirklich an mir?
Sie zog sich langsam an der Tischplatte hoch und brachte kopfschüttelnd den Salbentopf ins Badezimmer zurück. Dann trank sie ihren Kaffee aus und überlegte, was sie falsch gemacht haben könnte. Hatte er am Ende doch etwas mit einer anderen? Mit der Blonden aus dem Biergarten? War er deswegen so aufgebracht? Weil er nicht wusste, für wen von beiden er sich entscheiden sollte?
Max stakste währenddessen kochend vor Wut zu seiner Wohnung zurück. So ein Dreck. Jetzt reicht es aber endgültig, schimpfte er innerlich. Ich werde doch wohl noch selbst wissen, wie weh mir mein eigenes Bein tut. Andauernd hat sie was an mir auszusetzen. Bisher habe ich nichts Ernstes mit Annika gehabt, aber heute Abend werde ich sie zum letzten Mal vor ihrer Heimfahrt treffen. Kann gut sein, dass ich bei der Gelegenheit mehr daraus werden lasse. Herrschaftszeiten.
Sein Handy klingelte.
»Hallo, Max. Franz hier.«
»Ja, Servus. Was gibt es, alter Kämpfer?« Max ließ sich seinen Groll auf Monika nicht anmerken, obwohl es ihm verdammt schwerfiel.
»Leider nichts Gutes, alter Freund. Ich fürchte langsam fast, dass der Mordfall Giovanni im Moment nicht so schnell wie gedacht zu lösen ist.«
»Was ist denn los?«
»Dieser Mario Albertini hat kein Alibi für die Zeit, in der Giovanni umgebracht wurde. Niemand hat ihn in der ›Alten Maus‹ gesehen. Es wurden aber auch definitiv keine Fingerabdrücke von ihm in Giovannis Lokal gefunden.« Franz räusperte sich ein paar Mal kräftig. »Also haben wir nichts weiter als unsere Vermutungen und deinen Satz über Giovanni, den einer aus der Bande gesagt haben soll«, fuhr er danach fort, »dass er es nicht anders gewollt habe. Und der Kleine mit der großen Zahnlücke, dieser Marco, der in der ›Bar Verona‹ zu uns an den Tisch kam …« Er hustete und röchelte jetzt, als würde er dafür bezahlt werden.
Wahrscheinlich raucht er gerade wieder wie ein Schlot, dachte Max.
»Was ist mit ihm?«, fragte er dann.
»Er war nirgends aufzutreiben«, sagte Franz, als er seine Stimme wiedergefunden hatte. »Der ist genauso spurlos verschwunden wie die vier anderen sauberen Herren. Für den Angriff auf dich kriegen wir Albertini dran. Aber der Mord an Giovanni … Keine Ahnung. Jetzt können wir wirklich nur noch auf die Fahndung hoffen. Doch das kann dauern. Da ist Geduld gefragt.«
»Egal, Franzi. Dann warten wir eben. Wie die Spinne in ihrem Netz. Wäre ja nicht das erste Mal.«
»Hast recht, Max. Ich bleib auf jeden Fall dran. Was treibt so ein Frühpensionär wie du eigentlich bei diesem Superwetter?«
»Spazieren gehen, Franzi. Mit der Freundin streiten. Und das Leben genießen. Was man halt so tut in unserer schönen Stadt.«
»Hätte ich mir auch denken können. Übrigens, was sagt man von einem Spanner, der gestorben ist?«
»Keine Ahnung. Ruhe in Frieden?«
»Nein. Der ist weg vom Fenster. Also, Servus.«
»Servus, Franzi. Und gute Besserung.«
Wie konnte ein Mensch bloß immer wieder dermaßen saublöde Witze erzählen. Wohl nur, weil er selbst bei der Polizei war und deshalb keine Angst haben muss, dass man ihn dafür einsperrte. Anders konnte das gar nicht sein.
29
Zu Hause angekommen legte sich Max für eine Stunde auf seine gemütliche rote Couch im Wohnzimmer. Dann fuhr er in die Stadt, um sich einen Stretchverband für sein Bein zu besorgen. Und zwar einen ganz festen. Am besten so einen speziellen, elastischen Strumpf für Sportler, den man nur drüberziehen musste, und wie man ihn in der Apotheke um die Ecke nicht bekam. Wenn ich schon mal hier bin, dachte er, als er das erledigt und sein Bein gleich damit versehen hatte, kann ich auch gleich noch auf den Viktualienmarkt schauen. Er flanierte liebend gern an den bunten Ständen voller Käse, Fisch, Fleisch, Wein, Gemüse, Fruchtsäften, Brot, Blumen, Gewürzen und Obst aus aller Welt entlang und erschnupperte dabei mit höchstem Entzücken die verschiedenen, teils exotischen Gerüche. Und einen dieser Stände liebte er ganz besonders. Die Bratwurstbude, gleich hinter dem Eingang zu dem weitläufigen Paradies der Genüsse. Während den letzten Jahren seiner Dienstzeit war er hier beinahe täglich mit Franz auf eine Rote mit viel Senf vorbeigekommen. Und genau dasselbe hätte er jetzt am liebsten auch schon wieder getan. Doch dann besann er sich
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