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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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das da, gleich daneben, vielleicht auch noch: Über die freye Entfalthung im Farbenraum – ein wenig antiquiert, aber immer noch von großem Gewicht. Dieses kaum tausend Seiten starke Werk hat ganze Generationen von Squaks beeinflusst.«
    »Seit ich den ersten Squak gesehen habe, war ich voller Fragen, Majestät. Ich sehne mich danach, Antworten zu finden.«
    Der König blickte einen Moment lang forschend auf Yonathan, nicht sicher, ob die letzte Bemerkung wirklich ernst gemeint war. Aber er sah nur einen wissbegierigen jungen Mann mit leuchtenden Augen.
    »Fein«, sagte er. »Das sollte fürs Erste genügen. Wenn dir noch etwas fehlt: Die ganze Bibliothek steht dir offen.«
    »Vielen Dank, Majestät. Ich freue mich schon auf eine schlaflose Nacht.«
    Gimbar war um Mitternacht in einem bequemen Lehnstuhl der Bibliothek eingeschlafen. Yonathan las immer noch. Fieberhaft überflog er die Bücher. Es gab so viele Seiten und so wenige nächtliche Stunden. Er glaubte zu wissen, wie er das erste der roten Augen Bar-Hazzats finden konnte. Das Koach des Stabes Haschevet hatte ihn zu all jenen Erinnerungen geführt, die sich durch eine besondere Gemeinsamkeit auszeichneten: Ein überaus kräftiges Rot, ein Karminrot, stand jeweils in irgendeiner Beziehung zu Aktivitäten Bar-Hazzats. Also, so hoffte er, musste auch der See, Fluss oder Berg, nach dem er suchte, an dieser Farbe zu erkennen sein.
    Als die Morgendämmerung bereits einsetzte und Yonathan, ohne richtig fündig geworden zu sein, mit brennenden Augen und schmerzendem Kopf aufgeben wollte, stieß er durch Zufall auf eine interessante Textpassage. Eigentlich hatte er in Trailers kleiner Enzyklopädie der natürlichen Farbgestaltung noch einmal den Eintrag über den roten Hain Hansoi lesen wollen – das Wäldchen befand sich immerhin in den nördlichen Territorien der Ostregion, aber andererseits: Waren rote Blätter ungewöhnlich genug, um das Wirken einer übernatürlichen Macht anzuzeigen? –, da fiel sein Blick auf den nachfolgenden Eintrag.
    Es ging um Har-Liwjathan. Ein Wort aus der Sprache der Schöpfung, wie er sogleich erkannte. Dieser Name bedeutete so viel wie »Drachenberg«, Drachen spucken Feuer, Flammen, rote Flammen…
    Tatsächlich stand da etwas über ein rotes Leuchten, das sich des Nachts auf dem Wasser des Sees, aus dem Har-Liwjathan aufragte, spiegeln sollte. Einigen unbestätigten Legenden der Ostleute zufolge gab es sogar einen leibhaftigen Drachen, der auf dem Berg hauste, aber Trailer, der Verfasser der Enzyklopädie, zweifelte dies an. Yonathan erinnerte sich, was Din-Mikkith am Tage des Abschieds vom Verborgenen Land gesagt hatte: »Heute gibt es keine Drachen mehr.« Aber vielleicht irrten sich Trailer und sein Behmisch-Freund…
    »Ein rotes Leuchten und ein Drache als Hüter des Auges: das könnte passen«, dachte Yonathan laut.
    Gimbar begann sich in seinem Stuhl zu räkeln und erwachte schließlich. Er sah das morgendliche Licht in den Fenstern und die heruntergebrannten Kerzenstummel und während er sich streckte, fragte er gähnend: »Ha’u e’wa die gan’e Nach’ gelesen?«
    »Besser eine Nacht auf Schlaf verzichten als ein Jahr in den Steppen der Ostregion herumirren.«
    »Höre ich da einen Anflug von Verstimmtheit?«
    »Nimm es, wie du willst. Du konntest dich ja schließlich ausruhen.«
    »Von wegen ›ausruhen‹! Ich fühle mich, als hätte ich auf Kirrikchs Vogelstange genächtigt. Hast du eigentlich etwas gefunden?«
    Yonathan zeigte Gimbar die Stelle über den Drachenberg und erzählte ihm, was er davon hielt. »Wie denkst du darüber?«, fragte er schließlich.
    »Klingt interessant«, antwortete Gimbar anerkennend. »Ich glaube, wir haben jetzt eine echte Spur, der wir nachgehen können. Nur schade, dass das Buch so wenig über die genaue Position des Drachenberges verrät. Er liegt in einem See, na gut. Seen gibt’s Tausende in der Ostregion. Wie sollen wir da den richtigen finden?«
    »Es ist immerhin ein Anhaltspunkt. Jetzt wissen wir, wonach wir die Leute fragen müssen.«
    Gimbar nickte zustimmend. Dann lächelte er. »Hat sich also doch gelohnt, dass ich diese Nacht auf ein richtiges Bett verzichtet habe.«
    Es dauerte einen ganzen Tag, bis die Formalitäten zur Einrichtung des von Gimbar erbetenen Handelsstützpunktes abgewickelt waren. Auch die vom König zugestandene Eskorte musste zusammengestellt sowie mit Proviant und mit den nötigen Papieren für die verschiedenen Kontrollpunkte ausgestattet

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