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Isau, Ralf

Isau, Ralf

Titel: Isau, Ralf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerry
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würde eine Nebelschwade vor ihnen hängen. Er konnte sich noch gut erinnern, wie er zum ersten Mal in die geheime Bibliothek des Thaddäus Tillmann Trutz geblickt und überhaupt nichts gesehen hatte. Abermals rann ein Schauer über Karls Rücken. Kein Zweifel Das Tor ist in dem Ei.
    Ironischerweise war die schwerste Entscheidung, die er auf seiner Reise durch Phantásien treffen musste, jene, die ihn wieder hinausführen sollte. Er atmete tief ein und nahm all seinen Mut zusammen, dann stieg er in die Wissende Druse.
    So eng wie möglich drückte er sich an die Innenwand, um dem Nichts keinesfalls näher als nötig zu kommen. Von den Kristallen in der Druse ging ein schwacher Lichtschimmer aus. Wegen des gewölbten Bodens und der scharfkantigen Kristalle war es unmöglich, einen sicheren Stand zu gewinnen.
    »Au!« Karl jaulte auf, als sich einer der spitzen Steine durch das Loch in seiner Sohle bohrte. Er verlor das Gleichgewicht und kippte vorwärts, direkt auf das Nichts zu. Halt suchend riss er die Arme nach vom. »Au!« Jetzt hatte ihn ein Kristall in die Hand gebissen, so zumindest fühlte es sich an. Karl hing vorgebeugt im Ei. Unter sich sah er das Nichts. Der Anblick war unerträglich. Er kniff die Augen zu und kämpfte gegen die Schmerzen an. Wenn er jetzt losließ, musste er unweigerlich mit dem Gesicht in der Leere landen, und falls er sich mit der Hand am Boden abzufangen versuchte, würde er sie und womöglich den halben Arm einbüßen. Der Schweiß trat ihm aus den Poren, und er schnaufte wie ein Walross. In seinen Oberarmen spürte er ein immer stärkeres Ziehen. Jeden Moment würden ihn die Kräfte verlassen. Stoß dich ab!, schrien seine Gedanken. Ignoriere den Schmerz. Aber es ging nicht. Die Kristalle waren einfach zu spitz. Er musste sich vor ihnen schützen. Aber wie?
    Irgendwie schaffte er es, die Hände in die zu langen Ärmel zurückzuziehen und sie so in ein schützendes Polster zu hüllen. Gedankt sei dem Mann, der mir den Mantel vermacht hat! Der Name war ihm entfallen. Noch einmal schöpfte er tief Atem, drückte seinen Hintern heraus, um den Körperschwerpunkt zu verändern, und stieß sich mit beiden Armen gleichzeitig von der Drusenwand ab.
    Für einen schrecklichen Moment kämpfte er abermals um sein Gleichgewicht. Er warf die Arme zurück und schwankte unendlich langsam nach hinten. Zu guter Letzt kam er wieder an der aufrechten Wand zum Stehen. Nun spürte er zwar durch den Mantel die Kristalle im Rücken, aber darüber konnte er nur lächeln. Das Nagelbett eines Fakirs war vermutlich ungemütlicher, dachte er erleichtert. Er hatte dem Nichts ein Schnippchen geschlagen.
    Nach einer kurzen Verschnaufpause näherte er sich auf wackligen Füßen weiter dem verschwommenen Fleck zu seiner Linken. Ganz behutsam.
    »Aaaah!« Abermals schrie er auf, weil sein geschundener Fuß auf eine Kristallspitze trat. Diesmal half alles Rudern mit den Armen nichts. Er fiel. Mitten durch das Tor.
    ∞
      
    Polternd landete Karl auf einem Dielenboden. Er spürte sofort eine unangenehme Wärme. Durch ein Fenster, dessen Scheiben mit weißer Farbe bestrichen waren, fiel mattes Licht. Im Nu war er wieder auf den Beinen. Er rechnete mit einem Angriff. Irgendwo hier musste Gmork stecken, kein Wolf, sondern ein großer, stattlicher, vermutlich bärenstarker Mann.
    Doch niemand ließ sich blicken. Karl schaute sich um. In dem Raum sah es aus wie in einer Rumpelkammer. Hinter ihm stand ein großer dunkelbrauner Holzrahmen an der Wand, wie man sie gewöhnlich von Spiegeln kennt. Ein geschickter Schnitzer hatte ihm die Gestalt dorniger Zweige verliehen, die sich umeinander schlangen. Darin befand sich nicht etwa Glas, sondern eine Karl nur allzu vertraute Dunkelheit. Der blinde Spiegel war Gmorks Tor.
    Ansonsten schien der Raum auf den ersten Blick nicht viel zu bieten. Überall Gerümpel: eine verstaubte Stehlampe, altmodisches Geschirr, achtlos auf dem Boden gestapelt, Nachtschränkchen; in einer Ecke stand ein alter Tisch und darauf ein Karton, in einer anderen stapelten sich Stühle. Weitere Kartons standen auf dem Boden. Die Wände waren ...
    Karl riss sich die Brille von der Nase und putzte sie hektisch mit seinem Taschentuch sauber, während er gleichzeitig auf eine nicht mit Möbeln verstellte Wand zustolperte. Was er zunächst im Zwielicht für ein brusthohes Panel aus schwarzen Holzleisten gehalten hatte, waren unzählige Perlenschnüre. Schwarze Perlen, wohlgemerkt.
    Gestohlene Bücher aus der

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