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Isau, Ralf

Isau, Ralf

Titel: Isau, Ralf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerry
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nicht das Vernünftigste, umund mit einer Lampe zurückzukehren? Ein angenehmer Gedanke, der weiteren Aufschub verhieß. Aber dann machte Karl sich klar, dass die Tür in die Äußere Welt womöglich nicht ständig und auch nicht beliebig lang offen stand. Eigentlich wäre es sogar nahe liegend, dass Gmork sie auf irgendeine Art und Weise öffnete, wenn er hindurchgehen wollte, sie aber sonst für Unbefugte geschlossen hielt.
    Hektisch tastete Karl seine zahlreichen Taschen ab. Ein Feuerzeug hatte er nicht dabei. Die Meerschaumpfeife, mit deren Glut er eine provisorische Fackel hätte entzünden können, lag unter dem Stumpf von Xayídes schwarzem Turm. Jetzt hätte sie ihm nützlich sein können, wie Thaddäus ihm verheißen hatte. Gab es nicht irgendetwas anderes, mit dem er ein wenig Licht in diese Dunkelheit...?
    Das Monokel! Es gierte doch nach Abkühlung. Der Nox hatte den riesigen Schwarzen Elfenbeinturm zum Erglühen gebracht, da würde das von ihm aufgeladene Magieskop doch wohl einen mickrigen Tunnel ausleuchten können. Karl benutzte sein Taschentuch, um das heiße Monokel an seiner Schnur aus der Manteltasche zu fischen. Und tatsächlich! Das Augenglas war von einer Aura umgeben, die ein fahles Licht auf die Tunnelwände warf. Das Monokel am Halsband vor sich haltend, drang er tiefer in Gmorks unterirdisches Reich ein.
    Allmählich gewöhnte sich Karl an den bestialischen Geruch. Der Gang glich eher einer langen, nicht sehr sorgfältig angelegten Röhre, so als hätte ein riesiger Maulwurf sie aus dem lockeren Erdreich herausgewühlt. Aus den Wänden ragten Wurzeln. Immerhin konnte Karl aufrecht darin gehen. Kein Wunder, Gmork war so groß wie ein Stier.
    Nach einer Weile änderte sich das Aussehen des Gangs. An die Stelle von Erdreich trat Stein. Die Wände ragten nun senkrecht empor, der Boden wurde glatter, nur die Decke wölbte sich weiterhin über Karls Kopf. Kein Zweifel, hier hatten sich eiserne Werkzeuge durch den Fels gefressen. Wo würde der Tunnel wohl enden?
    Eben hatte Karl noch geglaubt, stundenlang so durch die Finsternis schleichen zu müssen, als Wände und Decke unvermittelt auseinander zu treiben schienen. Plötzlich stand er in einer kahlen Felsenkammer, die annähernd rund war. Ein blasser Tausendfüßler floh aus dem matten Lichtkreis des Monokels. Ansonsten bot der Raum wenig Aufregendes, nur einen weiteren Durchgang, der sich durch einen schwachen Schimmer von der Dunkelheit abhob. Vielleicht eine neue Täuschung, dachte Karl. Seine Sinne waren bis zum Äußersten angespannt. Rasch ließ er das Monokel in der linken äußeren Manteltasche verschwinden.
    Kein Irrtum. Der Ausgang aus der Felsenkammer leuchtete tatsächlich in einem blassen, unsteten, aber warmen orangeroten Licht. Zögernd ging Karl darauf zu. War das die Tür zur Äußeren Welt?
    Nein, es handelte sich um einen weiteren Tunnel. Zehn oder fünfzehn Schritte vor sich sah er die Quelle des Leuchtens: einen Feuer-Opal, so groß wie ein Scheunentor. Die Wand schien in ständiger Bewegung zu sein, als flössen in ihr verschiedene Farben zwischen Feuerrot und Orangegelb unablässig umeinander. Das muss es sein!, dachte er. Die Lichtwand war so eindrucksvoll, wie er dies von einem Tor in die andere Welt erwartet hatte. Auf Zehenspitzen näherte er sich.
    Unmittelbar vor der leuchtenden Wand blieb er stehen. Obwohl er sich des Ernstes der Lage durchaus bewusst war, konnte er nicht umhin, die opalisierende Fläche zu bewundern. Sie war tatsächlich so glatt wie ein polierter Halbedelstein. Zaghaft bewegte er seine Fingerkuppen an dem Riesenopal entlang, ohne ihn zu berühren. Er spürte weder Hitze noch Kälte, kein elektrisierendes Knistern oder sonstige Zurschaustellungen phantásischer Kräfte. Also wagte er endlich die Wand zu berühren.
    Seine Finger tauchten in den Opal ein, als bestünde der aus handwarmem Honig. Karl spürte so gut wie nichts, was er einigermaßen enttäuschend fand. Bald steckte sein Arm bis zum Ellbogen in der Wand. Kein Zweifel, dies war eine Pforte. Es hatte keinen Zweck, länger zu zaudern. Vielleicht stand Gmork ja schon auf der anderen Seite und überlegte, was er mit dem scheinbar herrenlosen Arm anfangen sollte. Karl machte einen beherzten Schritt nach vorn.
    ∞
      
    Irgendwie hatte er etwas anderes erwartet. Eine Wohnung vielleicht aus deren Fenster man auf eine regenfleckige Backsteinmauer sah. Aber nicht das! Obwohl Karl genau wusste, wo er war, schwankte er zwischen Enttäuschung und

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