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Isau, Ralf

Isau, Ralf

Titel: Isau, Ralf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerry
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das ist alles.«
    Die Riesenschnecke schien fürwahr weder von Karl noch von dem reglosen Greif Notiz zu nehmen. Wie auf unsichtbaren Schienen bewegte sie sich zwischen ihnen hindurch. Tatsächlich war sie so groß wie eine Dampflokomotive, wenn auch, bis auf das Trappeln, deutlich leiser.
    »Wenn Baldrian auf Füßen läuft, warum ist er dann ein Schleimling?«, fragte Karl.
    »Das hängt mit seinen Ernährungsgewohnheiten zusammen. Er schleimt seine Beute ein und verdaut sie, während er darüber hinwegmarschiert.«
    »Dann sollte ich mich wohl besser von ihm fern halten.«

    »Nicht, wenn du auf die andere Seite des Amneme gelangen willst.«
    »Du denkst doch nicht etwa, ich sollte ...«
    »Allerdings, das denke ich. Baldrian wandert immer über dieselben Wege: im Zickzackkurs von einer Seite des Waldes zur anderen. Es wäre besser, dich zu beeilen, Karl, denn so langsam ein Riesenschleimling auch zu laufen scheint, bewegt er sich doch mit steter Beharrlichkeit.«
    Karl stöhnte. Seit er in Phantásien war, musste er unablässig Entscheidungen fällen, die sich einfach nicht aufschieben ließen. »Also gut«, klagte er. »Lebe wohl, Knarrr. Und wenn mein Briefgreif aufwacht, dann schicke ihn zum Haus der Erwartungen.«
    »Das werde ich tun, ehrenwerter Karl. Viel Glück. Und: Schlaf gut!«
    Karl begann zu laufen. Zu seinem Erstaunen war es gar nicht so leicht, die kolossale Schnecke einzuholen. Ein Stück lief er neben Baldrian her und rief ihm ein paar beruhigende Worte zu, nur um nicht eingeschleimt zu werden. Der Schneckerich wandte ihm ein Auge zu und trappelte weiter. Wenn das ovale Haus auch für den massigen Körper des Riesenschleimlings ein paar Nummern zu klein war, würde ein Mensch wohl darin Platz finden, dachte Karl. Er entdeckte einige »Fenster«, mehr oder weniger runde Löcher unterhalb des gewölbten »Dachfirsts«. Eine Tür war allerdings nirgends auszumachen.
    Er fasste sich ein Herz und sprang. Mit einem weiten Satz landete er auf dem Rücken der Schnecke. Oder war es bereits ihr Schwanz? Jedenfalls staunte Karl über die Leichtigkeit, mit der er diese Hürde genommen hatte. Der Rest war nur noch ein Kinderspiel. Er balancierte bis zum Schneckenhaus, das ihm aufgrund der geschraubten Form und einiger Rillen genügend Halt bot, um daran emporzuklettern. Das erste »Fenster« war zu klein, um dort hineinzuschlüpfen, aber schon beim nächsten fand er genügend Platz für seinen nicht gerade schmalen Leib.
    Karl erkundete das Innere des Schneckenhauses, was insofern keine größeren Schwierigkeiten bereitete, als die Wände durchscheinend waren. Der phantásische Vollmond ließ sie wie gelbes Pergament vor einer Lampe schimmern, an einigen Stellen dunkler, an anderen erstaunlich hell. Karl entdeckte insgesamt acht Kammern. Weil er sich in engen Räumen nie besonders wohl fühlte, machte er es sich in der größten bequem, einem richtigen Zimmer, in dem sich fünf Personen, ohne einander in die Quere zu kommen, hätten ausstrecken können. Im Vergleich zum Wald draußen war es hier schon fast behaglich.
    Erst jetzt fand Karl Muße, über die kurze, aber so bedeutende Begegnung mit Knarrr nachzudenken. Der Wurzhold hatte ihm vermutlich das Leben gerettet. Und ihn auf eine ungewisse Reise geschickt. Zum Abschied hatte er ihn »ehrenwerter Karl« genannt! Viel Glück. Und: Schlaf gut!
    Karl fuhr aus der Mulde hoch, die er sich als Ruheplatz erwählt hatte. »Schlaf gut?«, flüsterte er. Ja, reichte es denn nicht, auf einem schwerfälligen Riesenschleimling durch den Wald des Vergessens zu reiten, um seine Erinnerungen zu behalten? »Nein!«, hauchte er entsetzt. Jemand, der sich mit der Strömung treiben lässt, kann trotzdem hektisch Pläne schmieden, selbst wenn er den Kurs seines Schiffes damit nicht im Geringsten ändert.
    »Wie soll ich denn schlafen!?«, klagte er. Der Sturz vom Himmel, die Begegnung mit dem Waldschrat, die Pfeilviper in Huschhuschs Körper, die Todesangst, der Sprung auf den Rücken des Riesenschleimlings – das alles hatte ihn mehr aufgeregt, als es eine ganze Kanne schwarzen Kaffees hätte schaffen können.
    Kraftlos sank er wieder auf den Schneckenhausboden. Erschöpft war er ja. Seit der Bewerbung bei Herrn Trutz hatte er nur wenig geschlafen – vorausgesetzt, er träumte das hier alles nicht –, und die Reise war bis zu diesem Moment auch kein Sonntagnachmittagsausflug gewesen. Während er noch mit der wundersamen Welt haderte, in die es ihn verschlagen hatte, drang

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