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Isau, Ralf

Isau, Ralf

Titel: Isau, Ralf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerry
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Gäste hatte er einer Eskorte aus sechs Leibgardisten anbefohlen. Karl warf einen letzten Blick auf den Sinnspruch, der den Ausgang überspannte:
    Wie gewonnen, so zerronnen
    Nachdenklich verließ er die merkwürdigste Sammlung, die er je in seinem Leben gesehen hatte.
    Auf dem Weg nach draußen schloss sich ihnen der Protokollmeister an. Er hatte den Befehl, sämtliche Hindernisse zu beseitigen, die einer raschen Abreise der drei Gäste im Weg stehen mochten. Als die Gruppe bei der Fuchur eintraf, schwelgte Qutopía gerade in schlechter Laune. Sie saß auf dem Rücken des Glücksdrachen – im hinteren Bereich, wo die großen Satteltaschen festgezurrt waren –, vor sich etliche Kartenrollen ausgebreitet, wühlte hektisch im Gepäck und stieß phantasievolle Verwünschungen aus. Die Ankunft der Gefährten hatte sie noch gar nicht bemerkt.
    »Tausend Jahre lang soll glühender Hagel aus TuT auf dich niedergehen. Mögen die Knochenwürmer von Bandelwirm deine Gebeine ...«

»Was ist Ihnen denn für eine Laus über die Leber gelaufen?«, erkundigte sich Karl.
    Das Drachenmädchen hielt abrupt inne und sah die beiden mit düsterer Miene an. »Ah! Ihr!«, sagte sie und kramte weiter.
    »Wir haben unsere Pläne geändert«, verkündete Herr Trutz.
    »Nicht geändert – gestohlen.«
    »Wie bitte?«
    »Jemand hat die Pläne meines Vaters von Noktunia geklaut. Jetzt finden wir die Stadt der Diebe nie.«
    »Aber wer sollte eine Karte aus Ihrem Gepäck nehmen?« fragte Karl ungläubig.
    »Was weiß ich?«, fauchte Qutopía. »Vermutlich jemand, der wusste, mit welchem Auftrag ich unterwegs bin, und mich lahm legen wollte. Muss im Elfenbeinturm passiert sein.«
    »Sie glauben, im Palast der Kindlichen Kaiserin gibt es Spione?«
    »Haben Sie etwa schon den Wechselbalg vergessen?«, gab Herr Trutz zu bedenken. »Wie dem auch sei. Wir müssen sofort aufbrechen.«
    »Ohne Karte ...«
    »Wir haben einen yskálnarischen Kompass.«
    »Ist nicht wahr!«
    »Aber gewiss doch, meine Liebe.« Herr Trutz fasste kurz zusammen, was sich während Qutopías Abwesenheit im Kristallpalast zugetragen hatte. Daraufhin machte die Pilotin den Glücksdrachen sofort startklar. !Wirstuwol überwachte alles mit ungeduldiger Miene. Während die Passagiere noch mit den Schnallen ihrer Riemen beschäftigt waren, landete ein schneeweißer Poststorch vom Hof der Kindlichen Kaiserin neben der Fuchur. Das Tier war ungefähr so groß wie ein geflügelter Pottwal, aber erheblich windschnittiger. Ein ungefähr drei Meter hoher Grünling sprang aus dem Sattel. Der Bote steckte in einer engen Montur, nur sein froschähnlicher, kahler Kopf ragte daraus hervor. Er riss eine Brille von den Augen und lief rasch auf den Protokollmeister zu.
    »Das wird ja langsam zur Unsitte«, beschwerte sich !Wirstuwol, ehe der Grünling überhaupt den Mund aufmachen konnte. »Unser Landeplatz liegt vor dem Palast. Hat Ihnen das noch niemand gesagt?«
    »Bitte entschuldigen Sie, aber ich habe eine dringende Botschaft, und als ich den Glücksdrachen sah ...« Er drehte !Wirstuwol den Rücken zu und rief zu Karl hinauf: »Sind Sie Karl Konrad Koreander?«
    Der Gefragte blickte sich unwillkürlich um, aber da war niemand anderer, der so hieß wie er. »Ja«, antwortete er zaghaft.
    »Und ich bin Flatterich. Da ist ein Dokument für Sie. Von der Kindlichen Kaiserin. Eigentlich sollte es Ihnen per Eilboten zugestellt werden ...« Der Grünling verstummte plötzlich. Irgendetwas schien ihn zu beunruhigen.
    Karl war zu konsterniert, um überhaupt irgendetwas zu sagen. Ein Dokument? Von der Goldäugigen Gebieterin? Für ihn? Das konnte nur ein Irrtum sein.
    Herr Trutz reagierte mit der Gelassenheit, die er sich in den langen Jahren seines Dienstes als Meisterbibliothekar der Phantásischen Bibliothek erworben hatte. »Jetzt beruhigen Sie sich erst einmal, mein Guter«, sprach er fast flüsternd auf den erregten Grünling ein. »Offenbar sind Sie ja nun doch aufgebrochen, um die Nachricht zu überbringen. Wie wäre es, wenn Sie diese jetzt, da Sie schon mal hier sind, auch dem rechtmäßigen Empfänger aushändigen?«
    »Ja, natürlich. Es ist nur ... Am besten, Sie schauen selbst.« Flatterich zog einen elfenbeinfarbenen Umschlag aus der Ledertasche, die er an einem Riemen am Körper trug. Er schnippte das Kuvert mit zwei Fingern in die Luft, und es rotierte geradewegs auf Karl zu. Der schaffte es trotz seiner Überraschung irgendwie, die papierene Hülle aufzufangen. Mit großen Augen

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