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Isau, Ralf

Isau, Ralf

Titel: Isau, Ralf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerry
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wieder. Es ist sowieso zu nichts nütze, weil es in der Scheide festgerostet ist.«
    »Darum geht es überhaupt nicht. Wir verlangen die Perle zurück.«
    »Bei den sieben wilden Räubern!«, polterte Elster. »Du hast gar nichts zu fordern, Bürschchen. Die Perle bleibt bei mir.«
    »Dann werden Sie den Nox wohl allein herschaffen müssen.«
    Herr Trutz begann das Spiel offenbar zu gefallen. Er schüttelte den Kopf, verdrehte die Augen zur Decke und raunte – für alle unüberhörbar – in Qutopías Ohr: »Was für ein sturer Junge! Elster könnte uns alle foltern und er würde seine Meinung trotzdem nicht ändern.«
    Der »sture Junge« erschauderte. Und wenn der Räuberhauptmann Gefallen an dieser Idee fand?
    Zum Glück kam es nicht ganz so schlimm. Der König der Diebe fluchte und gab schließlich nach, wenngleich sein Einlenken mehr wie eine Drohung klang. »Man erpresst mich nicht ungestraft, Bürschchen. Nimm das verdammte Ding. Wenn es euren Kampfeswillen stärkt, dann bin ich bereit, den Preis zu zahlen.«
    Kampfeswille? Karl hatte das ungewisse Empfinden, dass es einen weiteren Grund gab, weshalb sich der Räuberhauptmann nicht persönlich um den Dunkelstein bemühte. »Gibt es sonst noch etwas, das wir wissen sollten?«
    »Ja. Der Nox wird von zwei namenlosen Wächtern bewacht.«
    »Weshalb haben Sie nicht ein paar Ihrer Kumpane zusammengetrommelt, gemeinsam das Handding rausgehauen und es dann von einer reinherzigen Jungfrau auf einem weißen Schwan in Ihren Palast bringen lassen?«
    »Die ganze Bevölkerung der Nachtstadt könnte nichts gegen die Hüter des Nox ausrichten.«
    »Und warum sollen gerade wir ...?«
    »Sie und Herr Trutz machen mir einen ehrlichen Eindruck. Vor allem aber sind Sie beide Bibliothekare in der Phantásischen. Also Adamssöhne. Ich hörte, die besäßen einen starken Willen und könnten sogar Namen erfinden.«
    Karls Mund stand offen. Er versuchte einen Sinn in dem Gesagten zu erkennen.
    Qutopía drängte sich dicht an seine Seite und flüsterte ihm wie eine Souffleuse etwas zu, das ihn aber nur noch mehr aus dem Konzept brachte. »Phantásische Geschöpfe sind unfähig, sich neue Namen auszudenken.«
    Er schaute sie entgeistert an. Ihre unvermittelte Nähe, ihr herber, aber nicht unangenehmer Duft und das grüne Funkeln ihrer Augen verunsicherten ihn noch zusätzlich. »Und wer hat dich Qutopía genannt?«
    »Meine Mutter. Ich heiße so wie meine Oma und die genauso wie ihre Großmutter. Alle Namen Phantásiens wurden irgendwann von Menschenkindern zu uns gebracht.«
    »Von Adamssöhnen?«
    Qutopía lächelte verschmitzt. »Oder Evastöchtern.«
    Karl wandte sich benommen wieder dem König der Diebe zu. »Was nützt es dem ehrenwerten Thaddäus, wenn er sich vor einem Paar unbesiegbarer Wächter aufbaut und Namen erfindet?«
    Elster schüttelte den Kopf. »Das werde ich dir erklären. Wohlgemerkt, nicht dem Meisterbibliothekar, sondern dir, mein junger Freund. Gerade jetzt, wo du mir die schwarze Perle abgepresst hast, ist der alte Mann eine viel zu kostbare Geisel, um sie leichtsinnig aus der Hand zu geben. Nicht er wird zum Schwarzen Elfenbeinturm aufbrechen, um mir den Nox zu holen, sondern du.«

    ∞
      
    Es gab mindestens tausend Bedenken, die Karl hätte vorbringen können. Aber andererseits wollte er Herrn Trutz auch nicht im Stich lassen. Er schuldete dem Alten einiges, der selig wie ein kleines Kind in seinem Bett lag und schlummerte. Um die offenbar sehr fruchtbaren Geschäftsbeziehungen mit dem Wolkenburger Hof nicht unnötig zu belasten, hatte der Räuberhauptmann seinen »Freunden, die auch König Kumulus' Freunde waren«, ein deutlich komfortableres Quartier zugestanden. Darin gab es drei Betten, eine Waschgelegenheit, einen Tisch, vier Stühle, einen mottenzerfressenen Teppich, ein Bild von einem röhrenden Hirsch und Gitter an den Fenstern.
    Qutopía war, nachdem Elster sie und Karl über die Einzelheiten seines Plans aufgeklärt hatte, in Begleitung einiger Halunken vor das Haus geführt worden, um den Glücksdrachen wieder flottzumachen. Sie brauchte dazu die ganze Nacht oder vielmehr das, was Karls Uhr als solche maß. In Kleptonia spürte man ja nie einen Unterschied zwischen Tag und Nacht. Abgesehen von dem Lichtblick einmal im Jahr, wenn der phantásische Vollmond durch den Riesenschlot schien.
    Karl versuchte sich zu erinnern, wie viele Tage in Phantásien schon hinter ihm lagen. Waren es vier? Ihm kam es wie vier Jahre vor. Die Siebentagefrist für

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