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Isau, Ralf

Isau, Ralf

Titel: Isau, Ralf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerry
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noch einmal durch den Kopf gehen ließ, wunderte er sich. Er geriet nicht in Panik. Er hatte auch noch nicht den Verstand verloren. Natürlich fürchtete er sich. Er war ja kein Held. Aber diese Angst hatte ihren Schrecken verloren. Sie war beherrschbar geworden. Verstohlen blickte er in Qutopías Gesicht. Ruhig arbeitete sie an den Innereien des Drachen. Sie verströmte Zuversicht. Und er nahm diese Aura in sich auf. Du triffst die Entscheidungen für uns beide. Vielleicht sogar für ganz Phantásien. Sie hatte das voller Vertrauen gesagt. Nicht der geringste Zweifel an seinen Fähigkeiten lag in ihrer Stimme, kein »Das schaffst du sowieso nicht!« Dafür hätte er sie küssen mögen ...
    Karl spürte, wie er rot wurde. Rasch wandte er sich ab.
    »Ist dir nicht gut?«, fragte Qutopía.
    »Doch, doch. Nur eine kleine ... Irritation.«
    »Du drückst dich immer so gewählt aus. Fast so wie der ehrenwerte Thaddäus. Zwickt's bei dir im Magen?«
    »Eher woanders. Aber es geht schon wieder. Du, Qutopía?«
    Sie blickte von ihrer Arbeit auf. Karl fand sie im Licht der Laternen wunderschön. »Ja?«
    Er räusperte sich. »Ich glaube, ich weiß jetzt, wie wir den Nox bekommen, ohne auf die schiefe Bahn zu geraten.«
     
     
     
DER SCHWARZE
ELFENBEINTURM
     
     
    Das Gefühl, einen Glücksdrachen zu steuern, machte Karl
    überhaupt nicht glücklich. »Du musst die Trimm-, Antriebsund Verzögerungsriemen nur locker in der Hand halten, alles andere macht die Fuchur fast von allein.« Unge
    fähr so hatte sich Qutopías kurze Einweisung angehört. Jetzt fürchtete er, das fliegende Riesending könnte tatsächlich auf die Idee kommen, etwas »von allein« zu machen.
    Das Drachenmädchen hatte sich zurückgelehnt und war sofort eingeschlafen. Ihr Kopf lag an seiner Brust, ihr rotes Haar flatterte ab und zu um seine Nase. Ein verwirrend schönes Gefühl für Karl. Er saß auf dem Platz von Herrn Trutz, der
    als eine erstaunlich optimistische Geisel in der Nachtstadt zurückgeblieben war, und hatte seine Arme um Qutopia gelegt – natürlich nur, damit er die Kontrollriemen richtig halten konnte. Während die Grenze von Noktunia als helle Linie am Horizont auftauchte, fragte er sich, was geschähe, wenn sich ein Junge aus der Äußeren Welt in ein Mädchen aus Phantásien verliebte. Dann fielen ihm der alte Herr Trutz und Hallúzina ein. Im Haus der Erwartungen hatte der Bibliothekar gesagt, man müsse alles vergessen, was einen an die Äußere Welt binde, man müsse ein Narr werden ...
    Qutopía veränderte unruhig die Lage ihres Kopfes und verscheuchte damit Karls zwiespältige Gedanken. Vor ihm lag die wohl schwerste Herausforderung seines Lebens. Er durfte sich jetzt durch nichts ablenken lassen.
    Einmal mehr flogen die vielfältigsten Landschaften unter ihm dahin, und als das Drachenmädchen wieder wach war, spielte sie für ihn die Fremdenführerin. »Da siehst du den Steinernen Wald«, rief sie. »Alles darin ist erstarrt.« Oder: »Hier sollten wir nicht landen. Unter uns liegt der Verwunschene Garten der Asudem.«
    Karl blickte verwundert auf die grüne Landschaft, die tatsächlich wie ein grenzenloser Garten mit Hecken, Blumenbeeten und nach strenger Ordnung angelegten Wegen war. »Asudem? Wer oder was ist das?«
    Qutopía drehte sich zu ihm um. »Ein pralles Weibsbild mit einem kleinen Schönheitsfehler.«
    »Und der wäre?«
    »Sie hat wild wuchernde Schlingpflanzen statt Haare auf dem Kopf.«
    »Erwürgt sie damit ihre Opfer?«
    »Du hast vielleicht eine Phantasie! Nein, flogen wir tiefer, könntest du es sehen. Die hübsch beschnittenen Bäume und Hecken in ihrem Garten waren früher einmal lebendige Geschöpfe. Die Asudem hat sie mit einem einzigen Blick ihrer grünen Augen verwandelt.«
    Karl erstarrte. Für einen Moment sah er hinter Qutopías Schutzbrille die Augen der Asudem. Sie warf den Kopf in den Nacken und lachte.
    »Keine Angst, Karl. Meine roten Haare sind echt.«

    ∞
      
    Als erneut die Dämmerung heraufzog, war Karl wieder einmal in gedrückter Stimmung. Er hatte ein wenig gedöst und war nach dem Erwachen ins Grübeln verfallen. Die glühenden gelbgrünen Augen wollten ihm nicht aus dem Sinn gehen. Seit jener schrecklichen Nacht, als er den unheimlichen Besucher aus dem Buchladen vertrieben hatte, waren sie regelrecht in sein Unterbewusstsein eingebrannt. Später, vor der Phantásischen Bibliothek, hatte er sie noch einmal gesehen, im Kopf eines riesigen Wolfes. Zufall? Auch die

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