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Isau, Ralf

Isau, Ralf

Titel: Isau, Ralf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerry
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Gogam ist mehr als boshaft, mehr als verschlagen, mehr als magisch. Er vereint all dies in sich und noch einiges dazu. Er lässt sich, ebenso wie Gmork, nicht von irgendwelchen Grenzen zwischen den Welten aufhalten. Jedes seiner fünf Antlitze besitzt einen eigenen Namen. Sie heißen Lüge, Hass, Wut, Streit und Gier; Lüge ist der Wortführer. Gemeinsam nennt man sie auch die Unaussprechlichen, was viel über das listige und verborgene Wirken des Gogam verrät. Kaum einer wird je zugeben, von den Unaussprechlichen verführt worden oder ihnen sonstwie zum Opfer gefallen zu sein, was ihnen nur zupass kommt. So können sie ihr Unwesen fast ungehindert weitertreiben.«
    An dieser Stelle unterbrach Karl Xayídes Spiegelbild. »Was haben Gmork und die Unaussprechlichen mit Nox und Lux zu tun?«
    »Du kannst es wohl nicht erwarten, deinen Preis zu bezahlen, ungeduldiges Menschenkind. Mir soll es recht sein. Ich will mich kurz fassen. Besagter Gmork ging, wie so mancher vor ihm und auch viele danach, dem Gogam in die Falle. Er war heimatlos, ohne eigene Welt, und weil er endlich ein Zuhause haben wollte und die Unaussprechlichen ihm eines zusicherten, lieh er ihnen sein Herz ...«
    »Er hat was getan?«
    »Du hast mich schon richtig verstanden. Er gab ihnen den lebendigen Beutel, in dem seine Beweggründe, seine innersten Gefühle enthalten waren. Gogam bannte mit den vereinten Kräften seiner fünf Angesichter Gmorks Herz auf einen glasklaren Stein, der die Form zweier hohler, ineinander verschränkter Hände hatte, ein wenig wie ein Käfig, in dem ein unsichtbares rundes Etwas gefangen gehalten wurde. Doch in all ihrer List hatten sogar die Unaussprechlichen nicht vorhergesehen, was darauf geschehen ist. Die eine Hand wurde weiß und die andere schwarz. Sie sogen Licht und Finsternis in sich hinein. Die zerstörerische Macht des herrenlosen Herzens war unvorstellbar und selbst vom Fünfgesichtigen Gogam kaum zu beherrschen. Deshalb brachte er die beiden Hände nach Phantásien, wo die Zwerge sie voneinander lösten. Und so wurden der Nox und der Lux geschaffen. Die schwarze Hand behielten die kleinen Steinmetze als Lohn für ihre Arbeit und versteckten sie tief in ihren Höhlen unter den Brüllenden Bergen. Die weiße Hand dagegen, den Lux, trug Gogam in die Äußere Welt. Dort ist sie wohl heute noch.
    Damit machte der Fünfgesichtige dem freien Herumvagabundieren Gmorks ein Ende. Fortan durfte das jetzt herzlose Wesen nur noch zwischen der Äußeren Welt und Phantásien hinund herwechseln. Hierzu gaben ihm die Unaussprechlichen fünf Tore. Drei sollen im Laufe der Geschichte zerstört worden sein, aber man erzählt sich, Gmork streife immer noch zwischen den Welten umher. Unter einem richtigen Zuhause hatte er sich fürwahr etwas anderes vorgestellt, und deshalb fühlte er sich betrogen. Er musste den Fünf zu Willen sein, was völlig gegen seine Natur verstieß. Daher ist er seit dieser Zeit auf der Suche nach den beiden Hälften seines Herzens und irrt zwischen Phantásien und der Äußeren Welt umher – hier hat er die eine Gestalt und dort eine andere.«
    »Wird er nicht irgendwann die beiden Hälften seines Herzens finden und wieder zusammensetzen?«
    »Das ist so gut wie ausgeschlossen. Jede der Steinhälften für sich allein würde ihn töten, wenn er sie länger berührt, als die Zeitspanne zwischen zwei Atemzügen ist. Damit er sein Herz zurückgewinnen kann, muss aber mindestens eine der beiden Hände die Grenze zwischen Phantásien und der Äußeren Welt passieren. Dazu müsste er sie mit sich herumtragen, was sein Leben ebenfalls auslöschen würde, denn nur wer reinen Herzens ist, könnte das tun. Er wird wohl auf alle Ewigkeit rastlos zwischen den zwei Welten umherziehen und dem Gogam ein unwilliger Diener sein.«
    Karl deutete auf den weißen Beutel, der in Edíyax' behandschuhter Linker lag. »Angenommen, Gmork hätte einen Schutz aus Einhornhaar so wie Ihr. Könnte er dann unbeschadet den Nox in die Äußere Welt bringen, um ihn mit dem Lux zu vereinen?«
    »Selbst das würde Gmork nichts nützen. Es wäre ja sein eigenes Herz, das er in der Hand hielte. Niemand von uns würde so etwas überleben.«
    »Und wenn es ihm doch irgendwie gelingt, das Unmögliche zu schaffen?«
    »Dann könnte er aus unseren beiden Welten für immer verschwinden. Er wäre wieder frei.«
    Karl schwieg. Sein Gehirn hatte die Geschichte von Gmork und seinem gespaltenen Herzen aufgesaugt, aber nun konnte er nichts mit ihr

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