Isegrim
es nicht getan?«
Weil ich ein Versprechen gegeben habe. Weil ich nicht wusste, woran ich bei dir bin.
»Ich dachte, wenn niemand von ihr weiÃ, dann kann sich auch keiner aufregen.«
»Jola, verdammt, ich war immer der Meinung, du bist ein vernünftiges Mädchen. Ich habe dir vertraut.«
Mir schieÃen Tränen in die Augen. »Als Thomas da war, da habt ihr über die drei groÃen S der Jägerei gesprochen und ich ⦠ich war mir danach noch unsicherer, wie du reagieren würdest. Die meisten Jäger hassen Wölfe und ich ⦠«
Pa schlägt mit der flachen Hand so laut auf den Tisch, dass ich erschrocken zusammenzucke. »Ich bin nicht die meisten Jäger, Jola. Ich bin dein Vater und du müsstest mich eigentlich kennen. Was hast du denn gedacht? Dass ich nichts Besseres zu tun habe, als mit meiner Flinte in den Wald zu ziehen und den Wolf abzuknallen?«
Lahm hebe ich die Schultern. Sie haben sie nicht gefunden, die Wölfin.
Pa reibt sich das Gesicht mit den Händen. »Die Leute im Dorf sind kurz vorm Durchdrehen. Ich kann nur hoffen, dass das Tier schnell weiterzieht und nicht auf die Idee kommt, sich mit einer Hündin aus dem Dorf zu paaren.«
»Es ist eine Wölfin, Pa.« Keine Lügen mehr, auch keine Unterlassungslügen.
Mein Vater hebt den Kopf.
»Es ist eine Wölfin und sie hat vier Welpen. Es gibt keinen Rüden, der muss irgendwie ums Leben gekommen sein. Sie versorgt ihren Nachwuchs ganz allein, deshalb hat sie die Schafe gerissen. Lange Zeit hat sie sich an Rehe und Wildschweine gehalten, an Kaninchen und Mäuse. Ich dachte, sie würde niemals so nah ans Dorf kommen, aber sie hat Probleme, ihre Jungen satt zu kriegen.«
Pa sieht mich lange an, bis ich merke, dass er durch mich hindurchstarrt. »Also, dann geht es jetzt zuallererst um Schadensbegrenzung. Ich werde für den Samstagabend im âºJägerhofâ¹ einen Informationsabend zum Thema Wolf anbieten. Aber vorher muss ich noch ein paar Anrufe erledigen, Behörden informieren, einen Rissgutachter bestellen.«
Mir fällt ein riesiger Stein vom Herzen. Alles wird gut, jubele ich innerlich. Pa ist auf meiner Seite. »Das mit dem Infoabend ist eine gute Idee.«
Er schaut mich an, als hätte er vergessen, dass ich da bin. »Und du«, sagt er streng, »du wirst vorerst nicht mehr im Wald herumstreifen. Hast du mich verstanden?«
Für einen Moment bin ich sprachlos vor Schreck. Langsam braut sich Zorn in mir zusammen und ich schüttele den Kopf. »Das ist nicht dein Ernst, Paps. Du glaubst doch nicht etwa auch, dass die Wölfin mir gefährlich werden kann?«
»Nein, Jola, das glaube ich nicht. Aber«, er hebt die Hände in die Höhe, »was jetzt passiert, habe ich vielleicht nicht unter Kontrolle. Kann sein, dass ein oder zwei Leute mit Jagdschein nichts lieber täten, als der Wölfin eine Kugel ins Fell zu brennen. Ich habe dir den Wald nie verboten, Jola, und ich weià auch schon lange, dass du im Sperrgebiet herumstromerst. Aber das hier ist eine Ausnahmesituation und ich bitte dich darum, dich an mein Verbot zu halten. Oder willst du dafür verantwortlich sein, dass Ma wieder einen Zusammenbruch hat?«
Wütend springe ich auf. Dass Pa sich um mich sorgt, kann ich verstehen, aber dass er mich mit den Ãngsten meiner Mutter erpresst, ist das Letzte. Ich greife nach der Türklinke.
»Jola?«
Ich drehe mich um und funkle Pa an. »Was denn noch?«
»Versprich mir, dass du nicht in den Wald gehst.«
In meinem hilflosen Zorn stampfe ich mit dem Fuà auf den Boden. Verdammt. Mein Vater hat immer Verständnis für mich gezeigt, auch wenn das manchmal ganz schön viel verlangt war. Auf ihn ist Verlass und in diesem ganzen Chaos gibt er mir eine Sicherheit, die ich nicht verlieren will.
»Ich versprechâs.«
Am Abend erzählt Pa von seinem Versuch, eine der beiden Wolfsforscherinnen vom wildbiologischen Büro Lupus in der Lausitz für den Infoabend zu gewinnen.
»Leider ist das Ganze zu kurzfristig, die Frauen haben andere Termine. Ich habe mich für den nächsten Montag mit ihnen verabredet«, er schaut Ma entschuldigend an, »und werde am Sonntag nach dem Infoabend in die Lausitz aufbrechen.«
Ma sagt nichts, sie weiÃ, dass sie ihn nicht davon abbringen kann.
Ich bekomme von Pa den Auftrag, am Computer eine Einladung für den Infoabend zu entwerfen,
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