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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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verschämtes Lächeln zierte ihr Gesicht. Ihre Wangen waren noch ein wenig gerötet.
    Konrad hingegen trat an Henning von der Braake heran und deutete ein Nicken an. Kurz musterten sie sich. Konrad mit breitbeiniger Direktheit, der Sohn des Medicus mit vornehmer Zurückhaltung.
    Gweg und Unnaba flogen dicht über sie hinweg. Bis auf Henning zog niemand den Kopf ein.
    Konrad lächelte wegen Hennings Reaktion. Heiligster war nicht Spira. Hier war er mehr als nur ein einfacher Wachmann, hier war sein Wort Gesetz.
    »Seid willkommen«, sagte Konrad, »willkommen in Heiligster.«
    Dabei lächelte er fröhlich, aber im Grunde seines Herzens war ihm nicht danach. Die Nähe zwischen Isenhart und Henning hatte er im Nu erfasst, dazu genügte ein einziger Blick. Er wusste vielleicht nichts mit Katheten anzufangen, aber er war nicht auf den Kopf gefallen.
    Sie aßen die Rotaugen, die sie über dem offenen Feuer gegart hatten, im Hof. Funken stiegen in den Nachthimmel empor. Ein Aufleuchten noch, dann gingen sie über ins Nichts.
    Isenhart und Henning erzählten von ihrer Reise zum Trifels. Von Christian dem Fröhlichen und von Aberak von Annweiler, bei dem es sich um einen Wiedergänger handeln konnte.
    Ursel und Hieronymus sahen sich unauffällig um, als der Draugr erwähnt wurde. Vielleicht schlich er ja schon in Heiligster herum. Möglicherweise war er Henning und Isenhart gefolgt und hatte schon von Spira aus die Rotaugen gerochen?
    Konrad warf Gweg, der um sie herumhüpfte, etwas von dem Fisch zu. Der Kolkrabe schnappte sich das Stück und brachte es umgehend in Sicherheit.
    Ursel und Henrick zogen sich als Erste zurück. Obwohl sie erst in einigen Wochen den heiligen Bund der Ehe eingingen, rückte das Datum des Ius primae noctis unaufhörlich vor, denn die Ehe benötigte zu ihrer Legitimation den Segen des weltlichen Herrn, in diesem Fall die Zustimmung von Simon Rubinstein, dem Heiligster und alle seine Bewohner inoffiziell unterstellt waren. Das Gesetz gewährte ihm die Braut für die Nacht vor der Heirat. Offiziell gebührte die erste Brautnacht Walther von Ascisberg, der in Spira als Lehensherr von Tutenhoven wie Heiligster galt. Doch Walther hätte dieses Ritual nicht in Anspruch genommen. Ob aus Rücksicht auf das junge Paar oder aber, weil Ursel vom kleinen Bachlauf einen Mann seines Formats nicht zu becircen in der Lage war, blieb dahingestellt.
    Er machte nur keinen Hehl daraus, dass Simon Rubinstein, ganz gleich, ob dem Adelsstand angehörig oder nicht, dieses Recht der ersten Nacht zustand, denn in Heiligster arbeiteten, schliefen und lebten sie auf seinem Land.
    Naturgemäß beschäftigte Ursel dieser Umstand mehr als ihr Ehemann in spe. Für Henrick stellte diese eine Nacht eine Formalie dar, sie war gang und gäbe, ein notwendiges Ritual, das ihn nicht daran hindern würde, Ursel zur Frau zu nehmen. Ursel dagegenhatte sich das lumpigste Kleid bereitgelegt und sich – ein Rat von Marie – seit vielen Tagen nicht mehr gewaschen. Da alle anderen zum Teil seit Wochen nicht mehr den ganzen Körper gebadet hatten, stach sie diesbezüglich nicht besonders hervor. Allerdings war Simon Rubinstein mit den über sechzig Lenzen, die er schulterte, ein Greis, und ein jeder wusste, dass der Geruchssinn von Greisen höchsten Einschränkungen unterlag.
    Hieronymus hatte Ursel vor ein paar Tagen abgepasst, sie schöpfte Wasser aus dem Kanal, den Isenhart angelegt hatte. Der Geistliche stand plötzlich vor ihr, sie hatte ihn nicht kommen sehen und auch keinen seiner Schritte gehört. Er trug drei Lederbeutel Wein bei sich, die er ihr reichte.
    »Den Samen zu vergießen ist das schlimmste Vergehen vor Gott«, richtete er das Wort an sie.
    Ursel sah ihn freundlich, aber voller Unverständnis an. »Was meint Ihr?«, fragte sie.
    Ursels unkomplizierte Direktheit, ansonsten eine allgemein geschätzte Tugend, erwies sich in diesem Fall für Hieronymus als delikat.
    »Nun, es bedeutet, dass der Mann seinen Samen im Schoß des Weibes pflanzen soll – und nicht woanders.«
    Ursel nickte. Sie hatte eine ungefähre Vorstellung von dem, worüber Hieronymus sich ausließ. Und es ließ sie erröten. Als Hieronymus das bemerkte, errötete er seinerseits, sodass sie einander schließlich mit hochroten Köpfen am Kanal gegenüberstanden.
    »Der Beischlaf von Mann und Frau ist Spende für ein neues Leben und nicht Selbstzweck«, fuhr der Geistliche fort, »und es ist wider die Natur, dass der Mann dabei unter dem Weibe

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