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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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Erschaudern der Gäste ob seiner Geschichten durchströmte, dem eigenen Erschaudern.
    »Danach konnte er fast so schnell laufen wie ein Pferd. Und mit der bloßen Kraft seiner Arme und Hände hat Michael von Bremen ein Schwert verbogen. Nicht viel, ich will nicht übertreiben, aber doch etwas«, sagte Anselm und beugte sich mit konspirativer Miene vor, »versteht Ihr? Alles an ihm war kräftiger, nachdem er die Herzen gegessen hatte. Ist das nicht unheimlich?«
    Anselms Enttäuschung darüber, dass lediglich der Schmale ein Nicken andeutete, erfuhr umgehend seine Erklärung.
    »Im Heiligen Land gibt es einige Gelehrte, die glauben, man kann sich durch das Verspeisen des Herzens die Eigenschaften des Toten aneignen«, sagte Günther von der Braake. Er war keineswegs verängstigt, wie Isenhart mit einem Seitenblick feststellte. Vielmehr lag ehrliches Interesse in seinen Augen.
    »Die Leute in Mannenheim sagen, Michael von Bremen steht mit dem Antichristen im Bunde«, bemerkte Ludolf. Alle bekreuzigten sich eilig.
    »Und andere«, fügte Huste hinzu, »dass er damals starb wie alle anderen und er ein Draugr ist.«
    »Jedenfalls setzen wir ihn nicht mehr über«, schloss Ludolf.
    Isenhart lag schon neben Henning und Walther im Stroh der Scheune, als Konrad zu ihnen fand, sich die Pferdedecke überwarf und in dem Augenblick, in dem er das Stroh unter sich berührte, zu schnarchen begann.
    Der Regen trommelte unermüdlich auf das Dach, hier und da tropfte er durch Löcher, aber der Wind hatte nachgelassen. Aus dem Wald erklang der Ruf eines Käuzchens, ansonsten war es still.
    Henning und sein Vater schliefen, auch ihre Pferde hatten sich zur Ruhe gelegt.
    Isenhart fragte sich, was Sophia wohl gerade tat. Er erinnerte sich an den Tag, an dem sie beide den Rhein überquert hatten. An ihr rotes Haar, das sich nicht zähmen ließ. An ihre wachen Augen, mit denen sie in die seinen blickte.
    Sie ist Annas Schwester.
    Anna – mit einer Portion Glück würde er schon morgen ihrem Mörder von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen. Was würde er wohl empfinden, wenn es so weit war? Und was für ein Mann war das wohl, dieser Michael von Bremen, von dem diese Schauergeschichten kursierten?
    Über diesen Gedanken schloss er die Lider und überließ sich dem Schlaf, der als sanfte, dunkle Welle über ihn kam und ihn mit sich zog.
    Später hätte er den Zeitpunkt, an dem er die Schwelle vom Schlaf zum Wachsein überschritt, nicht bestimmen können. Die Regenwolken waren weitergezogen und überließen dem Mond das Firmament. Da waren Gestalten, Umrisse nur, die sich in seinen Traum drängten, die sich wie ein Strom in die Scheune ergossen. Schatten. Wispernd und auf leisen Sohlen.
    Eine der Gestalten beugte sich zu ihm herab, im Licht des Mondes blitzte eine Klinge auf.
    Mit einem Schlag war er wach und konnte sich doch nicht rühren. Etwas wischte durch sein Blickfeld, und dann plumpste eine abgetrennte Hand, deren Finger noch immer den Dolch umklammerten, auf ihn herab.
    Henning, der Huste die Hand vom Arm getrennt hatte, sprang mit dem Schwert in der Hand auf.
    Huste brüllte vor Schmerz und presste den Stumpf, aus dem ihm das Blut stob, gegen die eigene Brust.
    »Tötet sie!«, rief eine Stimme, die Isenhart bekannt war. Sie gehörte dem Herbergsvater.
    Henning wehrte einen Angreifer ab, und sein Vater, Isenhart sah es im Spiel von Licht und Schatten, schleuderte mit der Rechten einen Dolch, der den Mann im Rücken seines Sohnes in den Hals traf. Isenhart griff nach seinem Schwert und rollte sich zurück,während er sah, wie Konrad sich mit einem Angreifer über den Boden wälzte.
    »Vater, ich sterbe!«, rief Huste, und das Entsetzen darüber trieb seine Stimme in ungeahnte Höhen.
    Sibille sprang Isenhart von hinten an, klammerte sich an ihn und biss ihm mit aller Kraft in den Nacken. Er ließ das Schwert fallen und drehte sich im Kreis, aber die Wirtstochter war nicht abzuwerfen.
    Es mochten sieben, acht Angreifer sein, die über sie herfielen. Henning und Günther hatten – Folge ihrer Erfahrung aus den jahrelangen Reisen – ohne ein Wort sofort eine Position eingenommen, in der sie mit ihren Rücken eng zueinander standen, was sie in die Lage versetzte, jeden Angriff kommen zu sehen – und abzuwehren. Damit zogen sie die meisten Gegner auf sich.
    Konrad packte seinen Feind am Kinn und am Schopf, während dieser ihn würgte. Der junge Laurin legte alle Kraft in die entgegengesetzte Richtung seiner Handbewegungen. Das

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