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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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folgte.
    »Ihr sagtet, Ihr hättet Sydal von Friedberg nicht gekannt – aber er kam zum Sterbebett von Ibn Al-Hariq.«
    Baba nickte: »Ich habe einen Mann gesehen, von dem man mir erzählte, er sei Sydal von Friedberg. Und Ibn Al-Hariq ließ Weisung an mich ergehen, diesem Mann freies Geleit zu gewähren. Ich sah ihn, ja, aber ich kannte ihn nicht.«
    Der Hüter der Puente führte sie eine schmale Treppe aus Stein hinauf und öffnete eine hölzerne Doppeltür, um den Blick auf einengroßzügigen Raum freizugeben. Er war gefliest, zur linken wie zur rechten Seite erwartete sie ein Lager.
    Konrad entfuhr ein leiser Seufzer. Auf reichlich verzierten Tellern lag Obst bereit. Einige Pflanzen in Tongefäßen hingen von der Decke hinab, gehalten von Eisenketten mit groben Ringen.
    »Die Puente lädt Euch ein, so lange zu bleiben, wie Ihr wünscht«, sagte Baba, »tragt Ihr noch Waffen bei Euch? Messer? Gift?«
    Isenhart und Konrad schüttelten den Kopf.
    »Die Einzigen, die hier Waffen tragen dürfen, sind der Hüter der Puente und seine Wachen«, fügte Baba als freundliche Mahnung hinzu, »und sie haben Anweisung, jeden anzugreifen, der dagegen verstößt.«
    »Ihr habt uns alle abnehmen lassen«, versicherte Isenhart ihm. Er spürte den leichten Schweißfilm in seiner Rechten, die das Pergament seines Vaters hielt.
    Baba schien ihnen zu glauben. Er sah Isenhart noch einmal an, das untote Kind, bevor er sich zum Ausgang wandte.
    Konrad von Laurin räusperte sich vernehmlich. » Baba  – was bedeutet der Name?«
    Baba blieb stehen und wandte sich zu Konrad um: »Es bedeutet ›Vollmond‹.«
    »Vollmond«, wiederholte Konrad nachdenklich, bevor sich ein Lächeln Bahn brach, »wegen Eurer Statur?«
    »Weil ich den Schein der Hellsten spiegle«, entgegnete Baba, »und was bedeutet Konrad?«
    »Konrad«, antwortete Konrad etwas verdrossen.
    Eigentlich war Konrad von Laurin nicht minder gespannt als Isenhart auf das, was Sydal von Friedberg seinem Sohn hinterlassen hatte, aber kaum war er auf das Lager gesunken, entspannte er sich von zweihundert Tagen Reise und schlief ein.
    Isenhart ließ sich auf dem mit Stroh gefüllten Leinen nieder und entrollte das Pergament. Sein Puls beschleunigte sich, als er die Augen auf die erste Zeile richtete, die sein Vater ihm hinterlassen hatte: Xqxoxfv kqcfrob mqxmcoe vtitunn evufedmm ffdxzov feusdof ogxkmok lyynfof.
    Die Ernüchterung folgte der Aufregung auf dem Fuß. Er begriffkein Wort. Was sollte das sein? Was wollte sein Vater ihm sagen? Der Ernüchterung folgte seine Enttäuschung. Dies waren die Worte, die Sydal von Friedberg persönlich an ihn gerichtet hatte, vermutlich die einzigen, und Isenhart begriff ihren Sinn nicht. Der erste Gedanke, der ihm kam, war, dass es möglicherweise auf Kastilisch oder Arabisch verfasst worden war. Isenhart hatte gelernt, auf dieses Bauchgefühl zu hören, diese Mischung aus Eingebung und Erfahrung, und in gewisser Weise lag er damit meist auch nicht falsch. Aber beim Anblick der ersten Zeile – Xqxoxfv kqcfrob mqxmcoe vtitunn evufedmm ffdxzov feusdof ogxkmok lyynfof  – fiel ihm die Gleichmäßigkeit der Wortlängen auf. Alle Wörter bestanden aus sieben Buchstaben.
    Dieses war keine fremde Sprache, in der sein vermutlich toter Vater mit ihm kommunizierte, es war vielmehr, so widersinnig das auch klingen mochte, ein Text, der sich in den sichtbaren Buchstaben verbarg.
    Eine Verschlüsselung?
    Ganz entfernt erinnerte er sich an eine Unterrichtsstunde mit Walther von Ascisberg, in der dieser auf eine Form der Nachrichtenübermittlung zu sprechen gekommen war, wie sie in Kriegszeiten zwischen Heeresteilen angewandt wurde. Etwa, indem man einen schmalen Streifen Pergament um einen Stab wickelte, von oben nach unten, sodass das Papyrus das gesamte Stück Holz bedeckte. Der Absender schrieb nun über die nebeneinanderliegenden Abschnitte des Pergamentstreifens seine Nachricht, entfernte anschließend den Stab und entsandte einen Kurier mit dem Papierstreifen, der dem fremden Beobachter nur eine scheinbar sinnlose Aneinanderreihung von Buchstaben darbot.
    Den Schlüssel zum Entziffern der Nachricht bildete der Durchmesser des Holzstabes, um den das unbeschriebene Stück Pergament gewickelt worden war. Lediglich der exakte gleiche Durchmesser formte ein Wirrwarr an Buchstaben wieder in eine sinnvolle Reihenfolge um.
    Sydal von Friedberg hatte sich einer anderen Verschlüsselung bedient, ansonsten böte das Pergament die Gestalt eines dünnen

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