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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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wert, hörte er seinen Mentor. Wie weit bist du bereit zu gehen, Isenhart? Nur ein Mensch mit Überzeugung geht den Weg bis ans Ende. Und selbst wenn du felsenfest überzeugt bist, kann es immer noch die falsche Überzeugung sein.
    Isenhart entschied sich, den Weg bis zu Ende zu gehen, als er die Pergamente aus Tarup und das Schreiben seines Vaters an ihn vor sich auf den Boden legte. Urheber des Briefes war unzweifelhaft Sydal von Friedberg. Aber wer hatte jene anatomischen Zeichnungen angefertigt, vor deren Anblick sie in den Gewölben der Burgruine in Ehrfurcht erstarrt waren? Die Isenhart das erste Mal ahnen ließen, keinen Schlächter oder Wahnsinnigen zu jagen, sondern einen Mann, der ihnen voraus war. Einen Mensch aus einer anderen Ära. Einen Bruder im Geiste.
    Isenhart beugte sich für einen Schriftenvergleich hinab zu den Pergamentblättern. Seine Augen glitten über die feingliedrigen Buchstaben auf der Suche nach identischen Schriftmerkmalen. Und stolperten zunächst über die unterschiedlichen Wölbungen des b, dann über das geschlossene und ungeschlossene g zum h, dasSydal von Friedberg im Abschluss mit einer schwungvollen, einem Ausrufezeichen nicht unähnlichen Senkrechten beging, während die Schriften aus Tarup einen Schwung nach rechts ausgegeben.
    Einen lebhaften, möglicherweise ein wenig übermütigen Schwung. Was von Jugend zeugte, von Witz und Selbstsicherheit. Die Schriften aus Tarup stammten nicht von Sydal von Friedberg und auch nicht von Michael von Bremen. Sie stammten vom Täter selbst. Er hatte sie dort hinterlegt. Sie als diejenigen von Bremens ausgegeben, damit der Mordverdacht nicht auf ihn selbst fiel.
    Alles fügte sich nun. Jeder Satz, jeder Blickwechsel, jede einzelne Erinnerung an Henning mit seinen schwarzen Haaren.
    Natürlich. Der Seelensammler konnte nur ein Seelenverwandter sein.
    Walther von Ascisberg war ihm auf die Schliche gekommen, während Isenhart und Konrad sich auf dem Weg von der Iberischen Halbinsel zurück ins Reich befunden hatten. Von Ascisberg hatte all das durchschaut und begriffen, was Isenhart jetzt ebenfalls zu begreifen begann. Sein alter Lehrer hatte den Täter in Spira stellen wollen und war von ihm erschlagen worden.
    Wir haben das zu Ende führen wollen, was von Friedberg begonnen hat.
    Ja, Henning führte es fort. Dort, wo Walther von Ascisberg Isenharts Vater die Klinge an den Hals gesetzt und ihm ein Versprechen abgerungen hatte, stand in Hennings Fall niemand. Niemand, der ihm Einhalt gebot. Bis jetzt.
    Isenhart, der sich mit einem Mal schwach fühlte, um etwas Kostbares beraubt, fragte sich, was es mit dem letzten Hinweis seines Mentors auf sich hatte. Anagramm.
    Anagramm wovon? Wofür?
    Hinter ihm ertönte ein Geräusch. Isenhart sprang auf und wirbelte herum. Die Hand Simon von Hainfelds, die zu einer Faust geballt war, steckte in einem eisernen Handschuh und traf Isenhart mitten in seiner Aufwärtsbewegung.
    Ein dumpfes Knacken nahm Isenhart noch wahr, und er glaubte, das Augenlicht zu verlieren, weil sich unverzüglich Dunkelheit über seine Augen legte. Er spürte auch, wie seine Knie nachgaben, die Beine einknickten und er stürzte. Ein langer Sturz, lang genugjedenfalls für einen letzten Gedanken, bevor er schwer auf den Steinplatten aufschlug und ihn die Ohnmacht umfing.
    Dieser Gedanke galt Aberak von Annweiler.
    Dem Mann, mit dem der Mörder sich und seinen Intellekt über den anderer gestellt hatte, weil er geglaubt hatte, so klug und so überlegen zu sein, dass niemand ihm gefährlich werden konnte und er sich deshalb ohne jede Not, bloß aus schierer Eitelkeit, einen Hinweis auf seine Täterschaft geleistet hatte. A-b-e-r-a-k war ein Anagramm von B-r-a-a-k-e.

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34.

    an fand Isenhart mit einer Platzwunde und einer beachtlichen Beule am Kopf auf dem Boden der Kammer Henning von der Braakes.
    Einigermaßen zu sich gekommen, setzte er den Burgherrn Engelhardt  II ., den Vater Agnes’ von Weinsberg, von den Geschehnissen in dessen Haus in Kenntnis. Und von der Gefahr, die von Henning von der Braake ausging, sollte es nicht gelingen, ihn rechtzeitig zu stoppen. Der Ministeriale von Gnaden der Dynastie der Staufer stellte ihm zwanzig Mann aus seinem Gesinde für die Verfolgung zur Verfügung.
    Drei Tage lang hetzte Isenhart ihm nach, überlegte stets, wie er sich auf der Flucht verhalten würde, wenn er sich selbst im Rücken wüsste, und entschied sich dann für die Routen, die abzusuchen er den Männern auf ihren Rössern

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