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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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Bruder Hieronymus, weswegen seine Zeit eigentlich noch nicht gekommen sein durfte und er dementsprechend am Leben sein musste.
    Isenhart hatte die Gestalt, die vor den Kräutern hockte, von schräg hinten gesehen. Zuerst fiel ihm das stoppelkurze, immer noch ungebändigte rote Haar auf. Aber als Sophia die Schritte hinter sich hörte und sich umwandte und gleichzeitig erhob, wäre Isenhart beinahe ins Straucheln gekommen. Sophia war schon immer eine etwas knöchrige Gestalt gewesen, aber sie war noch dünner geworden, und ihre eingefallenen Wangen und die dunklen Ringe unter den Augen erzählten von den Entbehrungen, in die er sie mit seiner Zurückweisung getrieben hatte. Gleichzeitig war trotzdem das erhalten geblieben, was sie schon im Haus Laurin ausgemacht hatte: Sie stand auch hier außen vor. Obwohl sie im schwarzen Habit steckte, stach sie doch hervor.
    »Isenhart.«
    Es war kein Ausruf, kein Raunen, einfach eine Feststellung, die – Isenharts Verkrampfung löste sich etwas – von einem Lächeln begleitet wurde. Sie lief auf ihn zu, sie fielen sich in die Arme.
    »Du lebst«, flüsterte sie erleichtert und dankbar.
    »Ja«, brachte er nur hervor und hielt sie. Sophia fühlte sich zerbrechlich an. Sie vergrub ihre Nase in das Leinen an seinem Halsansatz und atmete Isenhart einmal tief ein, bevor sie, ihn immer noch an den Unterarmen haltend, einen kleinen Schritt zurücktrat und ihn musterte.
    Trug er Sorge im Blick? Ja, so schien es. Isenhart dagegen stellte fest, wie ihr Lächeln brach.
    »Wo ist Konrad?«
    »Bei seinem Sohn in Heiligster. Er ist unversehrt.«
    Sophia hatte unwillkürlich die Luft angehalten und atmete nun erleichtert aus. Isenharts Züge waren eine Spur markanter geworden, seine dunklen, ruhigen Augen verharrten auf ihr, so wie sein ganzer Körper von einer merkwürdigen Ruhe erfüllt war. Sophiahatte keine Kenntnis von den Erlebnissen, den Torturen und den glücklichen Momenten seiner Reise, aber sie hatte einen Jüngling fortziehen sehen, und hier im Hof begegnete ihr ein Mann.
    »Ich wollte dir das nicht antun, Sophia«, sagte er leise, aber klar, und sein Blick galt ihrem Habit. Schwester Adina, die ein paar Schritte hinter ihm stand, räusperte sich.
    »Es war meine Wahl«, gab sie kühl zurück und unterbrach gleichzeitig den Kontakt ihrer Hände und Arme, eine Geste, die ihre Worte Lügen strafte.
    In diesem Moment ertönte die Glocke.
    »Ich wollte …«, setzte Isenhart an, wurde aber von Sophia unterbrochen.
    »Ich muss jetzt zur Non und den Herrn preisen, Isenhart. Es war sehr schön, dich wiederzusehen. Gib auf dich acht auf deinem Rückweg. Und grüße Konrad herzlich.« Damit wandte sie sich ab und schritt in Richtung Kirchenschiff davon.
    Isenhart war, als füllten seine Adern sich mit Sumpf und Morast, er war unfähig, sich zu bewegen.
    Aber dann zwang er seinen Körper zu den ersten Schritten, behände lief er ihr nach und packte sie wenig zimperlich am Ellbogen und zwang sie zu sich herum. In ihren feuchten Augen lag Zorn, und mit einer ebensolchen Geste wollte sie ihren Arm losreißen, doch der Griff Isenharts war stark wie eine Zwinge. Adina eilte herbei, um Sophia beizustehen, falls der junge Mann glaubte, sich eine Frechheit herausnehmen zu können.
    »Lass mich los.«
    »Nein.« Seiner Stimme wohnte immer noch dieselbe Ruhe inne, die sie eben schon gespürt hatte. Er musste sie nicht einmal erheben.
    »Ich wäre nicht die rechte Partie gewesen, bevor ich nicht Antworten gefunden hätte. Und ich wollte nicht, dass du eine junge Witwe wirst oder dein Mann verkrüppelt oder sonst wie versehrt zu dir zurückkehrt.« Jetzt ließ er ihren Ellbogen doch los, um auf die Knie zu gehen, aber den Blick zu halten.
    »Bitte, steh auf, das ist albern«, stieß Sophia hervor, und natürlich kam er ihrer Bitte nicht nach, dieser sture Kerl.
    »Ich habe die Antworten erhalten und ich bin unversehrt. GutTutenhoven ist mein, ich verfüge jetzt über Besitz und Land, um einem Weib und … einer Familie ein Leben ohne Sorge zu ermöglichen.«
    Sophia konnte nicht anders, sie musste schlucken.
    »Ich füge mich in dieses Leben und …«
    »Tu das nicht, Isenhart. Füg dich nicht«, bat sie ebenso ernst wie eindringlich, sodass sie ihn kurz aus dem Konzept brachte.
    »Ich füge mich, weil ich nicht mehr hadern werde mit meiner Zeit. Es sind … schon viel zu viele Augenblicke vergangen, die wir nicht geteilt haben. Ich wünsche mir, dass das ein Ende hat, Sophia. Und nun weis mich

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