Isenhart
Vorteil zu kümmern. Ein Händler, hatte sein Vater, Nicco von Mannenheim, gesagt, den sein Profit nicht scherte, sollte Schafe scheren.
Trotz des – man durfte das auch über den toten Vater sagen – ein wenig plumpen Wortwitzes verbarg sich doch ein Körnchen Wahrheit in diesem eher ländlichen Credo. Wer als Kaufmann seinen Vorteil aus den Augen verlor, würde es in seiner Profession nicht allzu weit bringen. Das war damit gemeint.
Und Biz sah in dieser Angelegenheit sehr klar, wo sein Vorteil lag.
»Zur Non«, sagte Isenhart und sah Lugardis an, »bist du bereit?«
»Ich bin bereit«, antwortete Lugardis. Die Angst ließ ihre Stimme ganz leicht vibrieren, ein sanftes Zittern, dessen sie sich schämte und mit dem sie die Umstehenden ganz gegen ihre Absicht für sich gewann. Sie war ein tapferes Mädchen.
Isenhart sah zu Biz.
»Wir schicken Lugardis erst los, wenn das Harz den Besitzer gewechselt hat.«
Der Händler nickte ihm zu und machte sich auf den Weg. Viel Zeit blieb nicht mehr, um den Karren vom Stift hierherzubringen.
»Ein halbes Dutzend dort hinauf«, hörten sie eine ihnen bekannte Stimme, »wahrscheinlich kennen sie den Weg nicht, aber sicher ist sicher.«
Als sie aus der Scheune blickten, sahen sie Erik von Owenbühl inmitten einer Schar Bewaffneter stehen, von denen sich sechs lösten und einen Seitenweg besetzten. Von Owenbühl hatte eine Meute von vielleicht fünfzig Männern um sich vereint, die meistenwaren Bauern, bewaffnet mit Forken und Dreschflegeln, der eine oder andere hielt eine Axt. Ein paar Abenteurer waren wohl auch darunter, sie trugen Schwerter und Dolche, ein paar waren mit einem Helm bewehrt.
»Alle anderen weiter runter zum Kirbach!«, rief Erik von Owenbühl, als ein Reiter ihn erreichte, dessen Arme gepanzert waren. »Herr, wir halten das Tal mit über dreihundert Männern. Kundschafter berichten, dass Vöhingens Strauchdiebe sich in Marsch gesetzt haben.« Einige schlugen das Kreuz, bevor sie Erik von Owenbühl folgten, der entschlossenen Schrittes seinen Weg fortsetzte, um Haslach zu verteidigen.
Sophia und Lugardis blieben in der Scheune zurück, während Konrad und Isenhart einen schmalen Pfad zum Stift einschlugen, der sie über zwei Hinterhöfe führte. Im ersten machte sich eine Mutter mit ihren zwei Kindern, einem Jungen von vielleicht fünf Jahren und dessen knapp zweijähriger Schwester, auf den Weg.
»Sind sie durchgebrochen?«, fragte sie mit vor Angst geweiteten Augen.
»Nein«, antwortete Isenhart, »wir gehen zum Stift.«
»Seid Ihr Herren wohl so barmherzig und tragt mir das Kind?«, fragte die Frau. Konrad kam kein Wort über die Lippen, er griff sich das Mädchen und presste es an sich, also an die Ringe seines Kettenhemdes. Dessen Besitz hatte ihn in den Augen der Frau als einen Herren identifiziert. Flugs griff sie nach einem Beutel, eine Decke, deren vier Enden sie zusammengebunden und durch den so entstandenen Knoten einen Stock geführt hatte, der es ihr erlaubte, ihre gesamte Habe zu schultern.
Sie nahm ihren Sohn an die Hand, um mit den beiden Männern Schritt zu halten.
»Wo ist der Vater der Kinder?«, wollte Isenhart wissen.
»Er ist in den Kampf gezogen«, antwortete sie mit trostloser Miene, »er hat mir befohlen, mit den Kindern in den Wald zu gehen und mich dort zu verstecken.«
Konrad und Isenhart wechselten einen stummen Blick.
»Dein Mann ist ein kluger Kerl«, sagte Konrad, den das zweijährige Mädchen aus nächster Nähe anstarrte, unsicher, ob es Freudeoder Furcht empfinden sollte. Konrad, der das intuitiv erfasste, wandte sich ihr zu und schielte. Die Kleine gluckste.
»Er wäre klug, wenn er sich mit uns im Wald versteckt hätte«, entgegnete die Mutter.
Isenhart schüttelte den Kopf, während der Pfad in den angrenzenden Wald überging. »Wenn sich nicht genug Männer vom Schlage deines Mannes finden«, sagte er, »dann wäre Haslach verloren. Es ist klug, dass er gegangen ist.«
»Wenn man ihn tötet – wie soll ich dann die Kinder über den Winter bringen?«, entgegnete die Frau.
Sie erreichten eine Stelle, an der der Trampelpfad um den mächtigen Stamm einer Buche herumführte.
»Wir können dich nicht weiter begleiten«, sagte Isenhart und deutete nach vorne, »aber da hinten siehst du schon den Glockenturm.«
Mit etwas Mühe konnte man die Holzkonstruktion, die jene Steine stützen sollten, die man Stück für Stück und mühsam durch Buschwerk und Unterholz hierherbefördern würde im Schweiß von
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