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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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dass es ihr Tod war, der das Band zwischen ihnen unwiderruflich zerschnitten hatte.
    »Was hat Wilbrand von Mulenbrunnen mit alledem zu tun?«, fragte Isenhart.
    Henning seufzte, blickte zu Boden, als stünde dort geschrieben, ob er Isenhart einweihen sollte. »Der Abt unterstützt meine Forschungen. Wir bilden eine Allianz, von der beide profitieren«, antwortete er dann.
    »Er weiß, dass du … Körper öffnest, sie sezierst?«
    »Ja.«
    »Aber er ist ein Mann Gottes. Er würde das niemals zulassen, sein Glaube verbietet es ihm.«
    Henning riss die Augen vom Boden los und richtete sie wieder auf Isenhart: »An ihm kannst du sehen, dass die Kirche zu Zugeständnissen bereit ist.«
    »Dann muss es für sie von Vorteil sein. Und die Erlangung von Wissen kann es nicht sein«, entgegnete Isenhart.
    Henning nickte anerkennend. »50 Grän. Darum ging es ihm. Er hat Anna ausgesucht. Er wollte ihre Seele.«
    »Die Seele«, echote Isenhart fassungslos, »wir wissen nicht, wo sie sich befindet.«
    »Im Herzen. Oder hinter den Augen.«
    »Du weißt nichts über ihre Gestalt.«
    »Das habe ich dem Abt auch gesagt. Wilbrand von Mulenbrunnen wollte die Seele einer Jungfrau, Isenhart. Er hat dem Händler den Bernstein gegeben, den du wiedererkannt hast.«
    Langsam erfasste Isenhart die Zusammenhänge. Wilbrand und Henning und Günther – sie alle hatten damals schon miteinander in Verbindung gestanden.
    »Aber die Seele«, sagte Isenhart, der den Satz nicht zu einem sinnvollen Ende zu führen vermochte. Ein komplexes Gewitter aus Dutzenden von Gedanken samt ihren Querverbindungen zog durch seinen Kopf.
    »Wir kennen ihre Gestalt nicht«, nahm Henning den Halbsatz auf, »sie entzieht sich uns – aber ihr Gewicht konnten wir bestimmen. Und nach aller Überzeugung vom Morgen- bis zum Abendland tritt sie aus dem Mund aus. Dort haben wir sie eingefangen.«
    »Wer hat meine Schwester getötet?«, fragte Konrad, der den Kopf gesenkt hielt, aber mit seinen kräftigen Händen das Metallgitter umklammerte.
    »Günther«, erwiderte Henning ohne Umschweife.
    »Günther«, hakte Konrad umgehend nach, »hast du vorhin nicht behauptet, dein Vater sei dein Schüler gewesen?« Kaum hatte er seine Zweifel artikuliert, lachte er kaum hörbar auf: »Ich hoffe, dein fürstlicher Geist erweist sich nicht als zu entrückt für die Schlussfolgerungen eines Simpels.«
    »Die Überschaubarkeit lädt zum Verweilen ein«, gab Henning sarkastisch zurück und fuhr fort: »Er hat es mich gelehrt. Den Schnitt an der Kehle. Die Entnahme des Herzens.«
    Isenhart nickte: »Und dann hast du die Methode verfeinert. Sie sollten sofort tot sein. Die Stiche in den Hinterkopf.«
    Henning gab keine Antwort, trotzdem wusste Isenhart, dass es sich so zugetragen haben musste.
    Schritte näherten sich über die Treppe. Simon von Hainfeld trat in den Gang. Henning wandte ihm das Gesicht zu.
    »Der Abt wünscht dich zu sehen. Gleich.«
    »Gleich? Sagt er das?«
    Die Herablassung, die der Frage innewohnte, trieb einen weiteren Keil zwischen Henning und Isenhart. Von Hainfeld nickte.
    »Ich bin gleich bei ihm«, ließ Henning den Hünen wissen, während er noch einmal an das Kreuzgitter trat, das Isenhart und ihn trennte: »Ich kann diese Tür für dich öffnen. Und ich kann dir die Freiheit …«
    »Ich mache mit einem Mörder keine gemeinsame Sache«, unterbrach ihn Isenhart.
    »Ich hoffe für dich«, fügte Konrad hinzu, »dass das Gericht uns schuldig spricht und hinrichten lässt. Denn wenn nicht, werde ich dein Stachel sein, Henning. Ich werde dich aufstöbern und jagen, dein Leben wird nichts sein außer unsteter Flucht. Ich werde dich finden, irgendwann, und dann werde ich das Leben aus dir pressen, bis du nicht mehr bist.«
    Konrads Drohung ließ Henning von der Braake kalt, während er Isenharts Zurückweisung als echten Verlust empfand. Er sah ihm in die Augen: »Dein Tod wäre ein Nachteil für diese Welt, schmerzlich und auch verschmerzbar – aber nicht notwendig. Es wäre«, Henning suchte nach dem richtigen Wort, und als er es fand, betonte er jede Silbe, »eine Verschwendung.«
    Isenhart verzog keine Miene, er ließ nicht erkennen, ob Hennings Worte etwas bei ihm auslösten. Von der Braake wandte sich der Treppe zu.
    »Die Seele, Henning«, richtete Isenhart aus dem Dunkel des Verlieses noch einmal das Wort an ihn, »wozu wollte der Abt sie?«
    »Er hat sie geatmet«, antwortete Henning gedehnt, als wäre dieseSchlussfolgerung von einer

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